Die Heliand-Pfadfinderschaft wird 70 Jahre alt!

(Dieser Text ist ein Vorabdruck des Berichtes von Joachim Schlüter für das     EJW Mittendrin-Magazin)

Seit 70 Jahren gibt es unsere Pfadfinderschaft als Heliand-Pfadfinderschaft. Grund genug, mit einem Besuchertag auf dem Pfingstzeltlager dieses Jubiläum zu feiern! Natürlich gibt es die Pfadfinderschaft schon viel länger. Bereits in den 1920er Jahren wurden die ersten Sippen gegründet. Seit 1923 tragen wir das grüne Hemd. Unter dem Namen Heliand-Pfadfinderschaft gibt es uns jedoch erst seit 1946. Nun kann man ein Jubiläum feiern, weil etwas schon sehr lange existiert. Das ist vielleicht schon Anlass genug. Viel schöner ist es jedoch, wenn man ein Jubiläum feiern kann, weil etwas als ein gesunder, lebendiger Organismus besteht, an dem nicht der Zahn der Zeit nagt, sondern der sich immer wieder erneuert und der in jeder der vielen Generationen seine Bewährungsproben bestanden hat.

Im vergangenen Jahr hatten wir ein großartiges Bundeslager. Im Nachhinein hat es uns selbst beeindruckt, was wir auf die Beine gestellt haben. Sehr viele habe alles gegeben, haben ihre Ideen, ihre Kreativität, ihre musischen Begabungen, ihre Organisationsgeschick, ihr handwerkliches Geschick, ihr technisches Verständnis oder einfach auch nur ihre Energie und ihre Muskelkraft eingebracht und das Bundeslager zu dem einzigartigen Ereignis gemacht, das es dann gewesen ist. Wenn man kurz vor seinem 70. Geburtstag so etwas auf die Beine stellen kann, ist das ein gutes Zeichen!

Aber unsere Pfadfinderschaft lebt nicht allein von den großen Veranstaltungen. Die Basis unserer Arbeit sind und bleiben die wöchentlichen Gruppenstunden. - Das ist ein kühnes Ziel in einer Kinder- und Jugendwelt mit vollgepackten Stundenplänen, unglaublich vielen, konkurrierenden Freizeitangeboten und dem Trend zu größtmöglicher Spontanität und Unverbindlichkeit. Aber so entsteht eine tragfähige Gemeinschaft, die auf den Zeltlagern und Wanderfahrten gefestigt wird.

Die vielen Älteren und Ehemaligen, die die Arbeit auch heute noch begleiten und treu unterstützen geben Zeugnis von der Begeisterung und der tiefen Verbundenheit, die so entsteht.

Und - Gott sei Dank! – wir dürfen uns über einige Meuten freuen, die im vergangenen Jahr mit einer ordentlichen Anzahl an Jungen gestartet sind!

Aber ist das der ganze Kitt, der uns zusammenhält? – Nein, über allem steht der Heliand, der Heiland Jesus Christus. Das Vorbild seiner Liebe ist das Qualitätsmerkmal einer lebendigen, christlichen Gemeinschaft – nicht nur der unseren. Erst durch Christus gewinnt die Gemeinschaft Tiefgang und die Begeisterung Nachhaltigkeit. Der Dienst als Pfadfinderführer ist nicht nur jugendliches, ehrenamtliches Engagement, sondern gewinnt Ewigkeitscharakter, weil wir mit bauen dürfen am Reich Gottes.

Und Gott ist es, der seine schützende Hand in den vielen Jahren über uns gehalten hat, der uns inspiriert hat durch seinen Heiligen Geist, der uns seine Kraft und seinen Rückenwind geschenkt, der uns getragen und durch getragen und im richtigen Moment für das gesorgt hat, was nötig war. "Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen!" (Psalm 127,1) Gott gebühren der Dank und die Ehre, für die 70 Jahre auf die wir anlässlich des Jubiläums zurückblicken dürfen!

Gemeinsam mit Eltern, Ehemaligen, Freunden und Unterstützern haben wir das Jubiläum am 14.05.2016 im Rahmen unseres Pfingstzeltlagers auf dem Jugendzeltplatz UHU mit einem Gästetag gefeiert. Viele Gäste sind der Einladung gefolgt, haben an unserem bunten, vielfältigen Programm teilgenommen und auch für den Kauf einer neuen, weißen Jurte gespendet. Dafür sei allen herzlich Dank!

Joachim Schlüter - Leitender Stammesführer der Heliand Pfadfinderschaft des EJW 

…und auf einmal wollten sie gar nicht mehr aufhören zu beten!

Jedes Jahr nehme ich mir eine Woche Zeit, um mit einem Team ein christliches Musical für Kids und Teens auf die Bühne zu bringen. Innerhalb einer Woche lernen die Kids 9-10 Songs auswendig zu singen, spielen Theater, bauen Kulissen, üben Solostellen und zweite Stimmen, toben und feiern miteinander. Das an sich ist schon immer ein Wunder und zeigt mir, wie groß, wunderbar und nah Gott uns sein kann! Im letzten Jahr konnte ich dabei eine ganz besondere Erfahrung machen:

Wir begannen jeden Tag mit einer kurzen Andacht und wollten dabei auch gemeinsam beten. Unsere 25 Kids waren zwischen 6 und 14 Jahre alt, was schon eine ganz schöne Spanne ist. Ein Teamer wollte zum Abschluss ein offenes Gebet versuchen und leitete es an. Es dauerte eine ganze Weile und nach und nach beteten die Teamer laut in der Gruppe für den Tag, die Kids und die Proben. Von den Teilnehmern traute sich niemand so richtig, „öffentlich“ zu beten. Das fand ich ziemlich schade und da ich am nächsten Tag die Tagesleitung und damit auch die Andacht hatte, wollte ich das Thema Beten noch einmal aufgreifen. Ich habe zuerst das Lied „Ich hab heut keine Lust zu Beten“ von Albert Frey (lohnt sich auf YouTube zu hören – oder auf CD zu kaufen…) vorgesungen und dann erzählt, wie ich eigentlich zum Beten kam. Und das war so:

Früher ging ich viele Jahre in den Kindergottesdienst unserer Gemeinde und einmal waren wir zum Kigo in der Kirche und konnten unserem Pfarrer alle möglichen Fragen zur Kirche und zum Gottesdienst stellen. Ich fragte ihn, warum man eigentlich beim Beten die Hände faltet. Mit seiner Antwort war ich aber nicht zufrieden: Er meinte, das sei gut, um zur Ruhe zu kommen und nicht abgelenkt zu sein. Mir war das zu einfach. Meine Idee war, dass das Falten der Hände wie das Wählen einer Telefonnummer ist und man dadurch eine direkte Verbindung zu Gott hat. Dieser Gedanke gefällt mir heute noch gut. Denn er zeigt mir, dass ich immer und überall mit Gott sprechen kann und er mir immer zuhört. Ich muss dazu einfach nur die Hände falten und „seine Nummer wählen“.

Nach dieser Geschichte legte ich zwei Zettel in die Mitte. Auf dem einen stand: DANKE, auf dem anderen: BITTE. Und dann lud ich die Kids ein, einfach mit 3,4 Leuten einen kleineren Kreis zu machen und Gott einfach Danke zu sagen für das, was ihnen wichtig war. Und um das zu bitten, wofür sie Gottes Hilfe gut gebrauchen könnten. Es war voll cool. In allen Kleingruppen wurde gebetet und in den folgenden Tagen haben wir noch viele weitere Gebetsformen (z.B. auch alle beten gleichzeitig im großen Kreis) ausprobiert. Am Ende der Woche sind wir auf unsere kleine Tour gestartet und haben vor jedem Konzert in der Gruppe füreinander gebetet. Vor dem letzten Konzert haben sich so viele am Gebet beteiligt, dass sie fast gar nicht mehr aufhören wollten. Das hat nicht nur mich umgehauen, sondern sicher auch Gott eine ganz besondere Freude gemacht. So haben die Kids nicht nur Wochen danach noch die Ohrwürmer des Musicals mitgesungen, sondern auch neue Formen zu Beten entdeckt.

Im Herbst geht es wieder los. Jeder kann sich so einbringen wie er ist, gemeinsam schaffen wir was richtig Großes und Gott ist mittendrin. Hallelujah!

Markus Bloos

Wofür bin ich dankbar?

Ich bin ganz zufrieden. Ich kann mein Leben so leben, wie ich es für richtig halte. Ich kann meine Meinung öffentlich kundtun, ohne dafür belangt zu werden. Ich werde nicht dafür verurteilt, dass ich bin, wie ich bin. Nun bin ich aber auch nicht besonders speziell und anders als andere, weil ich keiner Minderheit angehöre. Das Wörtchen ‚normal‘ lasse ich einmal außen vor. Was ich damit (und auch unter normal) meine, ist lediglich die Tatsache, dass ich mit wohl allen meinen Eigenschaften zur Mehrheit gehöre, ohne sich davon unterscheidende Eigenschaften als geringer oder wertloser anzusehen. Ein wenig patriotisch ausgedrückt könnte ich sagen, dass ich stolz bin ein waschechter Frankfurter Bub zu sein. Frankfurt ist eine Weltstadt, offen und tolerant. Der inklusive Gedanke zeigt sich hier immer wieder. Wenn auch leider nicht überall. Ich bin also dankbar dafür, dass ich in einer inklusiven Gesellschaft lebe, in der es vollkommen normal ist verschieden zu sein. Hier wird jeder so akzeptiert, wie er oder sie ist. Das betrifft die Herkunft, von manchen auch leider als Nationalität abgetan, die religiöse Einstellung, die sexuelle Orientierung und vieles mehr. Nicht nur ich, der ja aus der Sicht eines konservativen Menschen nicht so wirklich von der Norm abweicht, darf hier so sein, wie ich bin, sondern jeder Mensch. Auch diejenigen, die in anderen Teilen dieser Welt für ihre Ansichten und Einstellungen verfolgt werden.

Aber nicht nur dafür bin ich dankbar. In meiner Zeit in der Heliand-Pfadfinderschaft habe ich sehr viel gelernt. Ich kann ein Feuer entzünden, darauf kochen und ein Zelt aufbauen. Das sind praktische Techniken, die ich im Alltag aber seltener brauche. Entscheidender sind die Sozialkompetenzen, die ich erworben habe. Ich habe hier gelernt Verantwortung zu übernehmen. Zunächst für mich selbst und später auch für andere. Nach und nach habe ich gelernt mich für Schwächere einzusetzen und Minderheiten eine Stimme zu geben. Dinge anzusprechen, die nicht von allen geteilt werden, die aber doch durch einige vertreten sind, die vielleicht selbst nicht die Möglichkeiten haben sich zu äußern oder sich nicht trauen. Und so habe ich auch gelernt tolerant zu sein. Mit Menschen zu arbeiten, die anders sind als ich. Menschen, die andere Ansichten haben und die auf andere Dinge Wert legen. Wir sind verschieden, aber nicht grundverschieden. Und dafür bin ich dankbar: Dass ich Teil eines Vereins bin, der so ähnlich tickt wie ich. Der Meinungen teilt, der es mir ermöglicht mich zu entfalten, in dem ich keinen Teil meiner Persönlichkeit verstecken muss.

Und deshalb bin ich sehr dankbar für diesen einen grünen Brief im April 2002, der mich hierher geführt hat. Der mich zu dem gemacht hat, der ich bin. Ich habe hier ganz entscheidend meinen Charakter erhalten. Und ich mag mich. Ich bin dankbar dafür, dass es kam, wie es kam und ist, wie es ist.

Aber selbst das reicht nicht, um die Frage zu beantworten, wofür ich dankbar bin, auch wenn das jetzt schon echt weit gedacht ist. Ich bin nicht nur froh in Frankfurt zu leben und Teil der Heliand-Pfadfinderschaft und des EJW zu sein, ich bin auch sehr dankbar dafür, dass ich in Westeuropa geboren wurde. Die Situation der Flüchtlinge in dieser Welt ist erschreckend und prekär. Da müssen Menschen ihre Heimat verlassen, weil es ihnen so hundsmiserabel geht und sie sich hier bei uns in Westeuropa ein besseres Leben erhoffen. Nicht nur Menschen aus Afrika, auch aus den Gebieten mitten im Pazifik, in Südamerika und Osteuropa kommen Menschen. Ich muss meine Heimat nicht verlassen. Ich hatte immer ein Dach über dem Kopf, genug zu essen, warme Kleidung, sauberes Trinkwasser. Ich bin geboren im absoluten Wohlstand. Mir hat es nie an etwas gefehlt. Nie musste ich etwas fürchten. Dafür bin ich sehr dankbar, denn ich weiß, dass es nicht selbstverständlich ist.

Und deshalb bin ich eigentlich für jeden einzelnen Tag dankbar, an dem ich aufwache und das Leben genießen kann. Es gibt diese Tage, an denen ich das Gefühl von purem Leben, reinem Genuss und totaler Freiheit besonders intensiv erlebe. Ich muss dankbar dafür sein, dass ich dieses Gefühl spüren kann. Nicht nur die Tatsache, dass ich all das habe und hier lebe, sondern auch, dass meine Gesundheit es zulässt. Man merkt erst, wie viel man hat, wenn man es nicht mehr hat. Aber all das vergisst man oft und ist doch unzufrieden! Wir haben so viel und sind doch unzufrieden. Und dann sieht man Berichte über Menschen in viel ärmeren Teilen dieser Welt, denen es scheinbar viel schlechter geht als uns und die trotzdem glücklich und zufrieden wirken.

Ich habe das große Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort geboren zu sein, um all das erleben zu können. Und dafür kann ich nur Gott allein danken, der mir das alles schenkt. Wir sollten uns viel häufiger vor Augen halten, wie viel wir eigentlich haben und unser Leben als Geschenk Gottes betrachten. Wenn wir mit dieser Einstellung durch unser Leben gehen und uns selbst immer wieder daran erinnern, dass wir mehr Dankbarkeit üben wollen, dann hilft uns das, viele vermeintliche Rückschläge und Tiefen leichter zu akzeptieren und durchzustehen.

Amen

Adrian Weber

(Stammesführer)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von Gerechtigkeit und Gnade, den beiden scheinbar widersprüchlichen Eigenschaften Gottes

Dass Gott gnädig und gerecht in einem ist, das kann doch gar nicht sein. Das schließt sich schließlich aus. Diesen Satz hörte ich vor kurzem von einem Bekannten. 

Wer darin bei Gottes Wesen einen Widerspruch sieht, begeht einen großen Fehler: er versucht Gott mit menschlichen Maßstäben zu kategorisieren. Denn in unserer Welt zeichnet sich Gerechtigkeit dadurch aus, dass jeder konsequent zur Rechenschaft gezogen wird. Allzu Gnädige Richter passen nicht in diese Rechtsprechung.

Dabei zeigt schon die Bibel sehr deutlich, dass Gott nicht die Gerechtigkeit unserer Welt bringt, sondern eine andere, eine höhere. Dies zeigt besonders das Gleichnis von den Arbeitern auf dem Weinberg, bei denen alle Arbeiter zwar sehr hoch, aber trotz ungleicher Arbeitsleistung gleich ausgezahlt werden. (…) Ein Gleichnis, das viele mit Unverständnis erfüllt.

Auf einem Pfadfinderlager sagte mir einer meiner Jungen mal, dass er krank sei und deshalb nicht mehr am Programm teilnehmen könne. Ich kümmerte mich die nächsten Tage um ihn, kam an seinem Bett vorbei, brachte ihm Tee und fragte ihn, wie es ihm ginge. Nach zwei Tagen stand er plötzlich vor mir und sagte mir: „eigentlich war ich gar nicht krank, ich hatte nur keine Lust gehabt am Programm teilzunehmen!“ Dann lachte er mir ins Gesicht und rannte weg.

Ich blieb zurück und wünschte mir, dass er dafür irgendwie zur Rechenschaft gezogen würde. Keine zwei Sekunden später, es hatte die letzten Tage viel geregnet und auf dem Lagerplatz stand knöcheltief der Matsch, stolperte der Junge plötzlich und fiel der Länge nach hin. Es war wirklich schön anzusehen und ich freute mich erst wirklich von Herzen. Kurz darauf stand der Junge jedoch auf. Sein gesamter Körper war mit Schlamm bedeckt, er weinte. Und aller Zorn, den ich empfunden hatte, war verflogen. Alles was ich fühlte war Reue. Ich verstand auf einmal, wie sinnlos es ist nach Rache trachten. Leid mit noch mehr Leid zu vergelten, das ergibt keinen Sinn.

Als Christen ist es wichtig, dass wir Zeugnis geben von der göttlichen Gerechtigkeit. Hier sehe ich auch eine wichtige Aufgabe unserer Pfadfinderschaft: Räume schaffen, in denen Gnade und Barmherzigkeit Platz haben, um diese erlebbar zu machen. Gott zeigt sich schließlich in Erlebnissen. In unserer heutigen Gesellschaft kommt die Barmherzigkeit oft zu kurz, wie in der Flüchtlingsdebatte mehr als deutlich wird.

Unsere heutige Gesellschaft hat nicht viel übrig für Barmherzigkeit, sie richtet sich nach dem Leistungsprinzip. Das wird auch wieder in der Flüchtlingsdebatte mehr als deutlich. Eines der auschlaggebendsten Argumente scheint die mögliche Wirkung dieser Menschen gegen unseren Demographischen Wandel zu sein. Warum wird überhaupt danach gefragt, was uns diese lebensrettende Hilfe nutzt?!

Gott verlangt nichts als Gegenleistung für seine Gnade, man kann sie sich weder erkaufen noch verdienen. Gott bestraft nicht unbarmherzig unsere Taten. Seine Gnade und Barmherzigkeit, seine Leibe zu uns, sind einfach da, allgegenwärtig und Teil seines Wesens. Wenn Gott die Perfektion ist, dann sollten wir danach streben so wie er(Jesus?) zu handeln. Denen vergeben, die an uns Schuldig geworden sind, und barmherzig zu denen sein, die unsere Barmherzigkeit brauchen. Mit der Gewissheit, dass Gott in seiner Liebe ein gerechtes Urteil fällen wird.

Und im Vertrauen auf Gottes Kraft, die höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, erheben wir unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Max Schoen – zur Zeit in Chile

 

 

 

 

 

 

 

 

„Und jetzt singen wir das Lied...!“

„Und jetzt singen wir das Lied...!“

Diesen Satz hört man oft in der Kirche und in Gottesdiensten. Für die meisten Leute gehört das Liedersingen ganz normal zum Gottesdienst. Doch warum tun wir dies eigentlich im EJW?                                                                                                                                                       In der Bibel findet man im neuen Testament, dass sogar Jesus bereits Lieder gesungen hatte: „Nachdem sie das Danklied gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.“  Matthäus 26, 30                                                                                          Heute werden fast überall in christlichen Gruppen Lieder gesungen, neue sowie alte Lieder. Es war bei mir auf den Ausbildungskursen normal in Chabeuil oder Haus Heliand bei der Morgenandacht, zum Essen, bei der Abendandacht und auch zwischendurch Lieder zu singen. Und die meisten der jungen Ehrenamtlichen hatten viel Spaß daran.

Selbst in Mitarbeitergruppen und auch an den Konfi-Blockabenden singen wir häufig. Meistens ist es dann so, dass erst nur die Teamer/innen und Pfarrer/innen lautstark mitsingen, doch nach einigen Malen, schaffen wir es spätestens auf dem Konfi-Seminar, dass viele Konfis die Lieder mitsingen. Dabei ist es natürlich hilfreich auf einer Gitarre oder einem Klavier begleitet zu werden, was die Stimmung der Gruppe noch verbessert.

Allgemein ist Singen sehr befreiend, man „singt sich Probleme von der Seele“ und das Gemeinschaftsgefühl wird dadurch gestärkt. Für mich ist es sehr wichtig, dass wir mit den Konfis Lieder am Anfang und meistens auch am Ende singen, um den Abend zu beginnen und auch wieder zubeenden.  Das ist ein schönes Ritual.                               Am Anfang ist es einfacher mit Liedern die Konfis auf den zu bearbeitenden Stoff vorzubereiten, anstatt „trockene“ Psalme oder Gebete zu sprechen, da Musik ein wichtiger Bestandteil im Leben der Jugendlichen ist. Das Singen ist dann ein Gefühl der Gemeinschaft, bei der es viele unterschiedliche Leute mit unterschiedlichen Stimmen gibt, die aber alle dasselbe Lied singen und damit zu einem Ganzen werden. Man kann jede Stimme hören, aber wenn alle zusammen singen, klingt das Lied stärker und man fühlt sich wie ein Teil des großen Ganzen. Singen löst und lockert den Körper und man fühlt sich freier und besser. Das wirkt sich positiv auf das Körper- und Gemeinschaftsgefühl aus. Somit sind die Konfis entspannter für den Rest des Abends.

Viele denken bei kirchlichen Liedern direkt an alte, kaum verständliche Lieder, doch es gibt mittlerweile so schöne moderne Lieder wie „10.000 Reasons“ oder „Our God“ bei denen die Melodie einem den ganzen Tag im Kopf bleibt und man das Lied dauernd vor sich her summt.

Als Fazit finde ich, dass Musik ein wesentlicher Bestandteil in der Arbeit mit jungen Menschen in der Kinder- und Jugendarbeit sein sollte und man die Konfis anregen könnte, sich selbst mit Instrumenten musikalisch zu beteiligen.

Leah Enders – Mitarbeiterin im EJW Frankfurt Nord/West – zurzeit Schülerpraktikantin

 

 

 

Trostgeschichten in der Bibel

ZUR JAHRESLOSUNG 2016
» Trostgeschichten in der Bibel

Die Bibel enthält verschiedene Erzählungen
In aller Regel fallen uns zuerst andere Erzählungen
ein. Wir kennen die Schöpfungsgeschichte,
die davon berichtet, dass wir zu
Gott gehören, dass bei ihm der Anfang und
er die Quelle allen Lebens ist. Vertraut sind
ebenso die Josefs- oder die Abrahamsgeschichte,
die deutlich machen, wie Gott Leben
zur Entfaltung bringt und in die Freiheit
führt. Die Prophetengeschichten erinnern
daran, wie Gott um seinen Bund ringt, den
er mit Abraham und seinen Nachkommen
geschlossen hat. Gott wirbt darum, dass
ihm die Menschen vertrauen.
Im Neuen Testament finden wir am Anfang
die Weihnachtsgeschichte. In ihr erneuert
und stärkt Gott seine Beziehung zu allen
Menschen, indem sein Sohn geboren wird.
Wenn wir etwas weiterblättern, dann entdecken
wir die Wundergeschichten, die von der
Macht Gottes erzählen. Wie ein Paukenschlag
folgen die Passions- und Auferstehungsberichte,
die darauf hinweisen, dass
Gott stärker ist als der Tod. So wie Jesus
Christus auferstanden ist, werden auch
diejenigen auferstehen, die an ihn glauben.
Nicht zuletzt kennen wir natürlich Berichte,
wie die ersten Gemeinden entstanden sind
und die frühe Christenheit gewachsen ist.


Trostgeschichten im Alten Testament
Wenn wir zunächst einmal im Alten Testament
verweilen, dann können wir entdecken,
dass, wo immer das Wort „trösten“
vorkommt, es ganz facettenreiche Bedeutungen
hat. Es wird verwendet für „getröstet
werden“, „bereuen“, „sich trösten lassen“
aber auch Mitleid haben, Leid tragen um
jemanden oder sich erbarmen. Wenn das
Verb „trösten“ verwendet wird, ist immer
eine Situation vorausgesetzt, die einen Menschen
bedrückt oder fast erstickt. Wo Menschen
Trost erfahren, geht es also um eine
Erleichterung. In einem Bild ausgedrückt:
Da hat sich jemand beim Essen verschluckt
und bekommt nun plötzlich Atemnot – auch
andere Gründe der Atemnot sind ebenso
denkbar – er fängt an, schwer zu keuchen
und braucht nun jemanden, der ihm auf den
Rücken klopft. Es kommt zum Aufatmen
und Durchatmen – zur Rückkehr ins Leben.
In den Psalmen wird dieser Vorgang immer
wieder zum Ausdruck gebracht.
In Psalm 25,17 erfahren wir,
wie ein Beter aus schwieriger Situation heraus
betet: „Die Angst meines Herzens ist groß; führe mich aus meinen
Nöten! Bewahre meine Seele und errette
mich; lass mich nicht zuschanden werden,
denn ich traue auf dich!“ Wir erahnen, wie
dieses Gebet, das wir uns zu eigen machen
können, verhindert, dass ein Mensch erstarrt
und die schwere Situation ihn erdrückt. Der
Trost, den die Bibel beschreibt, zielt auf die
seelische Stärkung des Menschen ab, die
sich wiederum auf unsere körperliche Verfassung
auswirkt.


Menschliche Nähe ist tröstend – oft
Am Anfang des Hiobbuches kommen die
Freunde Hiobs und lassen ihn, den in Not
Geratenen, nicht allein. Sie halten seine
Not zunächst einmal sieben volle Tage
schweigend mit ihm aus. Gemeinsam mit
Hiob begeben sie sich in den Abgrund des
Schweigens. Sie machen sich eins mit seiner
Ratlosigkeit. Das Leid ist weder für Hiob
noch für die Freunde verstehbar und daher
kann es auch nicht gedeutet oder erklärt
werden. In schwerem Leid können unsere
Gottesbilder zerbröseln. Menschliche Nähe
in einer solchen Leidsituation ist dann sehr
tröstend. Das stille Tragen einer Last durch
eine Gemeinschaft ist ein Umgang mit
dieser Last (Hiob 2,11–13).
Dass der menschliche Trost den Menschen
nicht immer in seiner Tiefe erreicht, wird
an der Josefsgeschichte deutlich. Als Jakob
vom vermeintlichen Tod seines Sohnes Josef
erfährt, bleibt er viele Jahre ungetröstet.
„Und alle seine Söhne und Töchter kamen
zu ihm, ihn zu trösten; aber er wollte sich
nicht trösten lassen und sprach: Ich werde
mit Leid hinunterfahren zu den Toten, zu
meinem Sohn. Und sein Vater beweinte
ihn.“ (1. Mose 37,35) Erst als er Jahre später
die Nachricht bekommt, dass sein Sohn am
Leben ist, lebt er wieder auf. „Da sagten sie
ihm alle Worte Josefs, die er zu ihnen gesagt
hatte. Und als er die Wagen sah, die ihm
Josef gesandt hatte, um ihn zu holen, wurde
der Geist Jakobs, ihres Vaters, lebendig.“


Trost und getröstet werden führt zu neuer Lebendigkeit
Beim Propheten Jesaja verbindet sich Trost
mit dem Bild der Mutter. Die Jahreslosung
macht dies deutlich: „Gott spricht: Ich will
euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet.“
(Jesaja 66,13) Das Volk Israel, zu dem
dieses Wort gesagt wurde, brauchte Trost,
weil es darunter litt, dass ein Großteil seiner
Glaubensgeschwister noch immer in der
babylonischen Gefangenschaft saß. Wer die
Welt sieht, wie sie ist, der empfand damals
und empfindet heute: Trostlosigkeit. Die
Bibel nimmt diese wahrgenommene Realität
immer wieder auf. Dass Gott tröstet kann
man sich daher nur schwer vorstellen. Wie
soll das gehen? Der Prophet Jesaja baut uns
deshalb eine Brücke und erinnert uns daran,
dass Mütter besonders gut trösten können.
In der Bibel gibt es ganz unterschiedliche Erzählungen.                 Einige davon sind uns vertraut,
andere dagegen vielleicht weniger. Kennen Sie Trostgeschichten in der Bibel? Überlegen
Sie einen Moment, welche Tostgeschichten aus der Bibel Ihnen einfallen oder welche
Bibelworte Sie trösten.
Medienlink
» www.jahreslosung.net
„Tröste diese Menschen“ – das Lied des
EJW zur Jahreslosung 2016: Text, Noten,
Klaviersatz, Bläsersatz und Video unter
„WO MENSCHEN TROST ERFAHREN,
GEHT ES UM EINE ERLEICHTERUNG.“
Ich denke an Karolin, sie ist nach einem
Streit mit der Familie ins Gartenhaus gezogen
und irgendwie war ihr nun damit auch
nicht ganz wohl – es war ihre Mutter, die
kommt, redet, sie tröstet und sie zurückholt.


Bibellesen tröstet
Eine weitere Form des Trostes finden wir in
Psalm 119. Der Beter liest Gottes Wort und
erfährt dadurch Trost. „Das ist mein Trost
in meinem Elend, dass dein Wort mich erquickt.“
(Psalm 119, 50.76) Das Wort Gottes,
das Lesen der Bibel, erinnert an die vielen
tröstlichen Erfahrungen der Zuwendung
Gottes. „Deine Gnade soll mein Trost sein,
wie du deinem Knecht zugesagt hast“. Trost,
wie wir ihn im Alten Testament entdecken
können, führt ins Leben. Der leidende
Mensch kommt zu neuer Lebenskraft. Die
durch den Trost erfahrene Erleichterung
geschieht immer ganzheitlich mit helfenden
Worten und Gesten.


Trostgeschichten im Neuen Testament
Das Neue Testament greift die Aspekte des
Trostes aus dem Alten Testament auf. Das
Neue Testament verbindet Trost in seiner
ganz tiefen Bedeutung mit dem Kommen
Jesu. Als der erwartete Messias ist er der
Trost. „Kommt zu mir, ihr alle, die ihr euch
plagt und von eurer Last fast erdrückt
werdet; ich werde sie euch abnehmen.“
(Matth11,28 NGÜ) In Anknüpfung an den
Propheten Jesaja beschreibt der Evangelist
Lukas wie Simeon auf den Trost Israels
wartet. Im neugeborenen Christus sieht er
diesen Tröster. (Lk.2)


Getröstete Menschen geraten in Bewegung
Eine weitere Trostgeschichte finden wir im
Markusevangelium. Als Jesus, seine Jünger
und viele weitere Menschen in die Oasenstadt
Jericho kamen, saß dort der in der ganzen
Stadt bekannte blinde Bettler Bartimäus
am Wegrand. Als dieser nun mitbekommt,
dass Jesus von Nazareth im Begriff war, bei
ihm vorbeizukommen, fängt er angesichts
der vielen Menschen um ihn herum an zu
schreien: Jesus, du Sohn Davids, erbarme
dich meiner. Aber den Bewohnern von Jericho
war „ihr“ Bartimäus heute peinlich. Zu
groß war – so vermute ich – ihr eigenes Interesse
an Jesus. Aber Bartimäus denkt nicht
daran, die Klappe zu halten. Er schreit noch viel
mehr und dies zeigt Wirkung. Jesus bleibt stehen
und spricht:Ruft ihn her! Aufdas Wort Jesu hin
sagen nun die, die gerade noch
wollten, dass Bartimäus schweigt:
Sei getrost, steh
auf! Er ruft dich! Bartimäus springt auf,
geht zu Jesus und wird sehend. Das hat zur
Konsequenz, dass er Jesus nachfolgt.
Ich finde diese Trostgeschichte deshalb so
besonders, weil sie uns im EJW eine Aufgabe
zeigt. Wenn es darum geht mit Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen Glauben
an Jesus Christus bekannt zu machen und
zu teilen, steht oft die Welt in ihrer Trostlosigkeit
dem entgegen. Paulus fasst das im
Römerbrief zusammen und redet davon, wie
bedrängt und unsicher unser Leben ist und
zwar für alle, für Mensch und Tier, für die gesamte
Schöpfung, sie stöhnt und seufzt. Wie
von selbst wird manches immer schlimmer.
Da verhungern Menschen, werden entwürdigt,
ihrer Möglichkeiten beraubt – wie
Bartimäus –, von einem Tumor zerfressen,
Korruption und Ausbeutung macht sich
immer schneller breit. Unsere Aufgabe ist es,
trotz allem zu sagen: Sei getrost, steh auf!
Er ruft dich!


Gemeinde und Jugendgruppe als Trostgemeinschaft
Mitten in einer oft trostlosen Welt lebt die
Gemeinde Jesu als eine Trostgemeinschaft.
Hier kommen Menschen zusammen, die in
irgendeiner Form, bunt und facettenreich,
auf den Ruf Jesu reagiert haben. Etwa weil
ein Gruppenleiter nicht müde wurde, Woche
für Woche in der Gruppe von Jesus zu
erzählen. Diese Trostgemeinschaft finden wir
in eindrucksvoller Weise in der biblischen
Erzählung vom verlorenen Sohn in Lukasevangelium
wieder. Für mich gehört dieses
Gleichnis zur bedeutendsten Trostgeschichte
in der Bibel. Sohn und Vater trennen sich
und finden wieder zusammen. Am Ende wird
ein großes Fest gefeiert. Ganz eindrücklich
schildert der Evangelist Lukas, wie der Sohn
nach Hause kommt. Wie der wartende Vater,
der ihn von weitem sieht, ihm entgegen läuft
und seinem Sohn um den Hals fällt. Lukas
malt uns hier Gott vor Augen, als der, der
wartet, bis wir nach Hause kommen, um uns
dann in seine Arme zu schließen. So wird
gerade diese Geschichte auch zur
Trostgeschichte für das Ende unseres Lebens.
Wir kommen nach Hause. Gott wird mitten
unter den Menschen wohnen, so beschreibt
es die Bibel in ihrem letzten Buch, der
Offenbarung. „Er wird alle ihre Tränen
abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben,
kein Leid und keine Schmerzen, und es
werden keine Angstschreie mehr zu hören
sein. Denn was früher war, ist vergangen.“
(Offenb.21,4 NGÜ)
Wir sind nicht ohne Trost
Es bleibt unsere Aufgabe, untereinander, aber auch nach
außen, mit anderen diesen Trost zu teilen. So können
andere in den Ängsten und Nöten des Lebens erfahren:
Es gibt Trost. Paulus macht das in seinem Brief
an die Gemeinde in Korinth deutlich, indem er ihnen
schreibt: „Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn
Jesus Christus! Denn er ist ein Vater, der sich erbarmt,
und ein Gott, der auf jede erdenkliche Weise tröstet
und ermutigt. In allen unseren Nöten kommt
er uns mit Trost und Ermutigung zu Hilfe,
und deshalb können wir dann auch anderen
Mut machen, die sich ebenfalls in irgendeiner Not befinden:             Wir geben ihnen den Trost und die Ermutigung weiter, die wir selbst von Gott bekommen.“ (2.Korinther 1,3–5 NGÜ) Für getröstete
Menschen gibt es was zu tun, sie geraten in Bewegung.
Innerlich und äußerlich. Als EJW auf Orts-, Bezirks
und Landesebene sind wir als die von Gott Getrösteten
unterwegs. Wer Trost erfahren hat und sich getröstet weiß, der wird
besonders achtsam auf die Trostbedürftigkeit anderer Menschen und
beginnt entsprechend zu handeln.
Jürgen Kehrberger
Fachlicher Leiter EJW Württemberg

„Do not be afraid!“ – Hab keine Angst!

Seit drei Monaten studiere ich nun schon Theologie im wunderschönen Kenia an einer christlichen Universität in einem Vorort von Nairobi. Lange habe ich überlegt, welche Gedanken ich in dieser Andacht mit euch teilen möchte – und dann habe ich erfahren, dass Papst Franziskus Ende November für drei Tage nach Kenia kommt – vielleicht habt ihr es in den Nachrichten mitbekommen. So kam ich auf die Idee, euch von seinem Besuch zu berichten, denn auch als Protestantin ist eine Papstmesse natürlich ein inspirierendes Fest des Glaubens!

Am 26.11. war es so weit. Meine Nachbarin Davina und ich machten uns um 6:00 Uhr morgens auf den Weg, um rechtzeitig auf dem Gelände der Universität Nairobis zu sein. Leider wurden wir in der Nacht davor mehr als reichlich mit Regen gesegnet, sodass das gesamte Gelände in Matsch und Schlamm verwandelt wurde (ja, auch hier in Kenia ist das Wetter nicht immer schön J).                 Aber in Gummistiefeln und mit Regenschirm gewappnet durften wir inmitten von hunderttausenden Gläubigen die Messe miterleben. Sie stand unter dem Motto „Stand strong in faith…do not be afraid“ (freie Übersetzung: Dein Glaube sei stark… hab keine Angst) mit passender, kenianisch-fröhlicher Hymne. Gerade in der letzten, von Terrorismus und Terrorängsten geprägten Zeit passt diese Zusage unglaublich gut, auch wenn sie – zugegebenermaßen – oft sehr schwer zu begreifen ist bei all der Gewalt und dem Leid auf dieser Welt.

In seiner auf Italienisch gehaltenen Predigt appellierte Papst Franziskus an die Wichtigkeit von Familien- und Gemeinschaftszusammenhalt, um gegen die überall auf der Welt auffindbaren „Wüsten“ anzukämpfen, die durch Egoismus und Gleichgültigkeit gegenüber unseren Mitmenschen hervorgerufen werden. Unser Glaube ermutigt uns dazu, solch Wüsten durch lebensspendendes Wasser in Oasen zu verwandeln. Nun habe ich mich gefragt, wie das konkret aussehen kann. Wie können wir lebensspendendes Wasser füreinander sein? Vielleicht hilft uns ein Gedanke aus dem Matthäusevangelium, in dem es heißt: „Wahrlich ich sage euch: Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25, 40) Indem wir unseren Mitmenschen etwas Gutes tun, dienen wir unserem Herrn Jesus Christus. Im Gegenüber und in unseren Wohltaten für unsere Mitmenschen begegnet uns Gott. Um immer wieder die Kraft dazu zu haben, müssen wir unseren Glauben – laut Papst Franziskus – auf Stein statt auf vergänglichen Sand bauen. Und dieser Stein ist kein anderer als Gott (Jesaja 44,8), der unserem Leben ein Fundament sein kann – wenn wir es zulassen.

Lasst uns als Christen und Christinnen und als große EJW-Familie und Gemeinschaft in dieser Adventszeit, in der Vorbereitung auf das Kommen Jesu, den Blick auf Gott richten, denn er ist unser Fels und er ist es, der uns segnet, damit wir ein Segen für andere sein können. Lasst uns mutig, solidarisch und hoffnungsvoll in die Zukunft blicken – „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott.“ (Jesaja 41,10)

Milena Trommlitz, EJW Bad Homburg (studiert  z. Zt. Theologie in Kenia)

„Immer ich – warum immer ich?“ - Angedacht Text von Gaby Keller

„Immer ich – warum immer ich?“

Wer kennt den Gedanken „Immer ich…“ nicht. Ich muss da häufig an ein Kinderlied aus meiner Kindheit denken. In diesem Lied wurde „immer ich“ gefühlte 20mal wiederholt. Immer ich, immer immer ich, immer immer ich.... Das Kinderlied ist recht lebendig und lustig gemacht und mit den Erinnerungen an das Kinderlied muss ich oft schmunzeln, wenn jemand „immer ich“ sagt oder ich selbst denke. Aber eigentlich ist einem eher selten zum Schmunzeln, wenn man „immer ich“ oder sogar „warum immer ich“ denken muss. Meist ist es in Situationen, in denen wieder irgendetwas schief gelaufen ist. Wenn einem eine Pechsträhne nicht loslassen will oder man endlich wieder Boden unter den Füßen spürt und im nächsten Augenblick dieser auch schon wieder weggerissen wird. Situationen, die man selbst schwer steuern kann… Situationen in denen der Mut verlassen kann, an das Gute zu glauben.

„Warum immer ich?“ Josef hat diesen Satz sicherlich auch mal gedacht – oder zumindest so etwas ähnliches. Erst ist er das Lieblingskind seines Vaters Jakob, was ihm nicht nur Gutes beschert, sondern vor allem den Neid seiner 11 Brüder. Diese waren es auch, die ihm den guten Mantel entrissen haben und ihn an Sklavenhändler verkauft haben. Dem Vater erzählten sie, er wurde von einem Tier angefallen und getötet. Über die Sklavenhändler kommt Josef schließlich zu Potifar und seiner Frau. Bei Potifar geht es ihm endlich wieder gut, er kommt zur Ruhe. Allerdings findet Potifars Frau ihn attraktiv, macht ihm schöne Augen und will mehr von ihm. Josef bleibt seinem Hausherrn und Gott treu und lässt sich auf dieses Spiel nicht ein. Was Potifars Frau dazu veranlasst, ihn zu beschuldigen übergriffig geworden zu sein. Josef landet im Gefängnis.  Aber Josef hat den Glauben nicht verloren! Er hat fest an Gott geglaubt und den Mut nicht aufgegeben. Wie die Geschichte weitergeht wisst ihr ja, ansonsten schaut einfach mal in die Bibel (1.Mose 37). Eins sei verraten: Josef wird der zweitwichtigste Mann in Ägypten. Bei Josef hat es sich zum Guten gewendet, sogar so weit, dass er später seinen Brüdern verzeihen und ihnen in der Hungersnot helfen kann.

Für mich ist Josef ein großes Vorbild, wenn es darum geht den Mut und vor allem den Glauben an den gütigen Gott nicht zu verlieren, auch wenn mal wieder etwas nicht so gelingen soll. So tief unten, wie Josef war ich glücklicherweise noch nie, und doch kenne ich den Satz „Warum immer ich…“ nur zu gut. Wir können darauf hoffen, dass nach einer Zeit des Pechs, der Zeit der Ausweglosigkeit und des Kummers, immer wieder eine Zeit kommt, die uns aufatmen lässt. Und in der Zeit dazwischen – in der Zeit, in der es uns nicht gut geht – können wir uns durch unseren Glauben stärken lassen.

Gott kümmert sich um uns, wie ein guter Hirte um seine Schafe.

Gaby Keller,  Hauptamtliche im Frankfurter Norden

„Die Reformation in den Koffer packen…“ - Angedacht-Text von Pfrn. Andrea Knoche

„Die Reformation in den Koffer packen …“

Quizfrage: Was hat der Apfel im Koffer mit Martin Luther zu tun?

a) Luther aß sehr gerne Äpfel und bekam oft ein Fass davon geschenkt.

b) Luther soll gesagt haben: „Auch wenn ich wüsste, dass morgen

die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“.

c)  Der Apfel gehört zu Luthers Familienwappen.

Die Lösung des Rätsels lässt sich mit Hilfe von Hinweisen aus dem Koffer herausfinden. Darin sind noch eine Reihe anderer bedeutungsvoller Gegenstände versammelt: zum Beispiel ein Wanderstab, denn Luther lernte bei einer Romreise die Missstände des damaligen Papsttums kennen; ein Hammer als Symbol für das Anschlagen der 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg; ein „Schatzkästchen“ mit dem Bibelvers, der für Luthers reformatorische Erkenntnis steht; eine Schreibfeder und ein Tintenfass, mit dem er während der Übersetzung des Neuen Testaments auf der Wartburg den Teufel verjagt haben soll; ein dunkles Tuch als Zeichen für seine Angst und sein Ringen um die Gnade Gottes …

Alles das sind Dinge, die dazu einladen Geschichten zu erzählen oder sich an schon Bekanntes zu erinnern. Sie machen neugierig auf das Leben des Mannes, der vor 500 Jahren unglaublich viel in Bewegung gesetzt hat. Wer war dieser Martin Luther? Was hat ihn angetrieben? Was hat er alles erlebt? Worin liegt seine umwälzende Erkenntnis, die Menschen in ganz Europa in ihren Bann gezogen hat?  Welche Bedeutung kann sie heute für uns haben?

Die Jugendlichen, die den Koffer auspacken, können mit Hilfe der Gegenstände ihre Fragen formulieren oder ihr Wissen einbringen. Sie können die Gegenstände in eine sinnvolle Reihenfolge bringen, z.B. zu Luthers Lebenslauf. Sie können ihnen Textkarten zuordnen oder selbst etwas dazu schreiben.  Die Unterrichtseinheiten im Koffer geben dazu viele Anregungen, auch für Konfi-Stunden. Zum Ausleihen gibt es ihn in allen Regionalstellen des Religionspädagogischen Instituts im Bereich der EKHN, also in Darmstadt, Gießen, Frankfurt, Mainz und Nassau.

Nun kann man natürlich sagen: die Reformation ist schon lange her. Als schulischer Lernstoff  steht sie sowieso im Verdacht eher langweilig zu sein. Auch ihr bevorstehendes Jubiläum 2017 macht sie für junge Leute nicht notwendigerweise interessanter. Doch als ich in einer 8. Klasse zum Abschluss des Themas mal nachgefragt hatte, ob die Reformation nach Meinung der Jugendlichen überhaupt notwendig gewesen wäre, lautete die überwiegende Antwort: „Auf jeden Fall! Martin Luther hat klar gemacht, dass wir keine Vermittlung zwischen Gott und uns Menschen brauchen. Allein der Glaube an Jesus Christus reicht dazu aus. Das gibt Freiheit. Darauf wollen wir nicht verzichten“.

Luthers Apfelbäumchen hat also schon Früchte getragen.

Pfarrerin Andrea Knoche

 

 

„Ich habe Lust!“

„Ich habe Lust!“

Gut: Stellt sich aber die Frage: Worauf? Worauf habe ich denn Lust? Vielleicht im Sommer auf ein leckeres Eis und ein Bad im Meer. Oder ich habe Lust auf Reisen und Erlebnisse. Hoffentlich habe ich auch Lust auf einen für mich besonderen Menschen!

Am 10. Oktober aber wollen wir eine ganz andere Lust wecken: „Lust auf Gemeinde!“

www.lust-auf-gemeinde.de

Mit rund 2.000 haupt- und vor allem ehrenamtlich Engagierten aus unserer ganzen Landeskirche EKHN treffen wir uns in den Hessenhallen in Gießen und möchten Lust machen, Lust stärken, Lust erleben… auf Gott und Gemeinde. Das EJW wird helfend mit seinen Pfadfinderschaften dabei sein und im Servicebereich und auf der Ideenmesse auch die eigene Arbeit präsentieren. Hoffentlich bekommen die so Engagierten und alle anderen dabei gleichzeitig ganz viel Lust auf gelebtes Christsein vor Ort. Da gibt es für manche in der Realität ja leider oft mehr Frust als Lust: So wenige scheinen an unseren Kirchenangeboten Interesse zu haben L Es ist so mühsam, andere zur Mitarbeit zu motivieren L Innerkirchlich werden Stellen gestrichen, Geld gekürzt und Bürokratie ausgebaut L Lust? Nein: Frust L

Trotzdem haben sich im April dieses Jahres viele in die Kirchenvorstände wählen lassen und damit signalisiert: Ich will mitgestalten! Auch im EJW haben sich im vergangenen Jahr viele hoch motiviert auf den Weg gemacht, das EJW weiter zu entwickeln. Und neben frustrierenden Erlebnissen gibt es ja auch in den Gemeinden vor Ort immer wieder ganz tolle Ideen und Projekte, die richtig Mut machen, Kirche und Gemeinde von morgen zu gestalten!

„Du begeisterst mich“ wird am 10. Oktober in Gießen das Motto des Eröffnungsgottesdienstes sein und Band, Posaunen und Gospelchöre werden uns einladen, jenseits aller traditionellen Gottesdienstformen den Glauben zu feiern. Margot Käßmann wird erzählen, was ihr „Lust auf Gemeinde“ macht. In mehreren Foren geht es um Ideen, Gemeinde zu entwickeln und Glaube zu stärken. Auf der Ideenmesse werden wieder über 50 erprobte Basisprojekte vorgestellt – und hier darf und soll geklaut werden, denn die Nachahmung und Anpassung in den jeweils eigenen Ortskontext ist gewollt.

Ich war vor 10 Jahren dabei, als wir das Netzwerk „Lust auf Gemeinde“ gebildet haben. Klar: Auch ich kenne als normaler Gemeindepfarrer den Frust mancher Alltagssituation. Aber davon will ich mich nicht runterziehen lassen, sondern will mir selbst „Lust auf Gemeinde“ erhalten und mithelfen, dass viele andere immer neu mit „Lust auf Gemeinde“ einen fröhlichen, ansteckenden und zeitgemäßen Christusglauben leben – vor Ort im EJW und in unseren Kirchengemeinden!

Klaus Neumeier, Pfarrer in der Ev. Christuskirchengemeinde Bad Vilbel

Geben ist seliger als nehmen

Geben ist seliger als nehmen (Apg. 20, 35)

30 Grad, die Sonne brennt auf meiner Haut und ich befinde mich inmitten einer Traube kleiner Kinder in blauen Shirts, die an mir ziehen und mit mir spielen wollen. Für die Kinder von PROCEDI ist es immer etwas ganz Besonderes, wenn Besuch oder Freiwillige aus Deutschland da sind. Beim Spielen, Tanzen, Basteln und Singen vergessen sie Ihre ärmlichen Wohnsituationen und die Gewalt im Viertel. In diesen Momenten dürfen sie Kinder sein, lachen und ausgelassen Spielen. Besonders beeindruckend finde ich immer wieder die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Guatemalteken: Essen – obwohl das Geld der Familien kaum reicht, um sich selbst zu versorgen – wird immer geteilt und nicht selten wurde mir von den Kindern aus Dankbarkeit ihr einziges Kuscheltier geschenkt. Das sind Momente, die mich erfüllen und mich immer wieder um Nachdenken bringen. Denn wie schon Albert Schweitzer sagte: „Wer die Ärmsten dieser Welt gesehen hat, fühlt sich reich genug zu helfen.“

Wenn ich an das Schulsozialprojekt PROCEDI denke und meine Erfahrungen, die ich in den letzten acht Jahren bei meinen Besuchen immer wieder machen durfte, muss ich oft an die Geschichte „Das Scherflein der Witwe“ aus dem Markus-Evangelium denken:

„Jesus setzte sich in die Nähe des Opferkastens und sah zu, wie die Leute Geld hineinwarfen. Viele Reiche gaben große Summen. Doch dann kam eine arme Witwe und warf zwei kleine Kupfermünzen hinein (das entspricht ´etwa` einem Groschen). Da rief Jesus seine Jünger zu sich und sagte: »Ich versichere euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten gelegt als alle anderen. Sie alle haben von ihrem Überfluss gegeben; diese Frau aber, so arm sie ist, hat alles gegeben, was sie besaß – alles, was sie zum Leben nötig hatte.“ (Mk. 12, 41 - 44).

Das Thema „Spenden“ ist bis heute aktuell: Das sind die medialen Spendenaufrufe nach Naturkatastrophen wie in Nepal, Fundraising-Kampagnen von Sportvereinen oder auch dem EJW, die regelmäßige Kollekte in der Kirche oder auch die bettelnden Menschen, die uns tagtäglich auf der Straße begegnen. Manchmal weiß man gar nicht wohin man spenden soll und wie viel. Im Alten Testament ist vom Zehnten (zehn Prozent der Einnahmen) die Rede, doch ich denke die neutestamentliche Geschichte der Witwe macht deutlich, dass nicht die Höhe der Spende ausschlaggebend ist. Vielmehr geht es darum mit offenem Herz und nach unseren Möglichkeiten zu geben. Das kann zum Beispiel auch unsere Zeit und unser Herzblut sein, dass wir in die Kinder- und Jugendarbeit stecken, die Nächstenliebe mit der wir Flüchtlingen hier in Deutschland begegnen und unsere Hingabe, die wir in private Projekte stecken.

Noch einen weiteren wichtigen Punkt lehrt uns aber diese Geschichte: Den Blick auf die armen, rechtlosen und schwachen Menschen zu lenken. Witwen gehörten zu der damaligen Zeit zu der untersten Schicht. Meistens hatten sie keinerlei Rechtsansprüche. Auch so geht es vielen unseren Familien in PROCEDI. Sie sind arm und leben in einem Staat ohne ein funktionierendes Rechtssystem. Die einfachen Hütten sind meist illegal auf fremdem Land gebaut. In meinen Augen ruft die Geschichte dazu auf, diese Menschen zu achten. Denn sie weisen uns auf den wirklichen Reichtum hin: die umfassende Liebe Gottes zu uns, die aus der Liebe, Barmherzigkeit und Achtsamkeit zwischen uns Menschen erwächst.

Zum Abschluss möchte ich euch noch einen Vers mit auf den Weg geben:

„Denkt daran: Wer wenig sät, wird auch wenig ernten; wer viel sät, wird viel ernten. Jeder gebe, wie er es sich in seinem Herzen vorgenommen hat, freiwillig und nicht unter Zwang; denn Gott liebt einen fröhlichen und bereitwilligen Geber. In seiner Macht kann Gott alle Gaben über euch ausschütten, sodass euch allezeit in allem alles Nötige ausreichend zur Verfügung steht und ihr noch genug habt, um anderen Gutes zu tun.“ (2. Kor. 9, 6 - 8)

Marina Kallis, Mitarbeiterin des EJW Frankfurt

Weitere Informationen zu PROCEDI findet ihr jederzeit unter www.procedi.de und www.facebook.com/pages/Procedi/301509046597507?fref=ts.

Das Projekt finanziert sich ausschließlich über Spendengelder. Wir sind also auf Eure Hilfe angewiesen und über jede Spende dankbar. Eine Spendenquittung kann gerne ausgestellt werden.

Evangelisches Jugendwerk Hessen e.V., IBAN: DE28 5206 0410 0004 1166 66, Swift-BIC:  GENODEF1EK1, Verwendungszweck: PROCEDI

Außerdem laden wir euch herzlich ein euch für PROCEDI einzusetzen. Macht mit beim Lauf der Verrückten“ (20.-22.05.2016), dem Salsa-Benefiz-Tanzworkshop (11.09.2015) oder kommt zu unserem diesjährigem „Rock4help“ (7.11.2015).

 

 

Fürchte dich nicht, ich stehe dir bei!

Jeden Tag erreichen uns Nachrichten, die uns einige Gründe geben, uns Sorgen zu machen. Auch wenn sie uns vielleicht nicht direkt betreffen, so berühren sie uns zumindest menschlich. Viele von uns haben auf ihren Handys die „Push-Mitteilungen“ von Nachrichten Apps abonniert, wodurch wir ständig mit solchen Nachrichten konfrontiert werden. Schuldenstreit in Griechenland! Wird Griechenland aus der EU austreten? Was bedeutet das für unsere Wirtschaft? Kann unser aktueller Lebensstandard aufrechterhalten werden, wenn wir Griechenland aus der EU werfen?  Krieg im Nahen Osten! Hört der Terror dort irgendwann auf?  Wie viele Menschen müssen noch dafür sterben? Flüchtlingsströme hören nicht auf! Wie wäre es wohl für mich, wenn ich alles aufgeben müsste und nirgends willkommen wäre? Wird sich die Feindseligkeit in den Flüchtlingslagern in Ostdeutschland legen?  Terrorgefahr in Europa! Wird der nächste Terroranschlag nicht in Paris, sondern in Frankfurt oder in der Stadt meiner Eltern stattfinden?

Doch auch vieles was uns direkt betrifft gibt uns Grund zur Sorge. Leistungsdruck in der Schule! Zählen wir auch als Person oder zählen nur die Leistungen, die wir in Arbeiten und Klausuren erbringen und wie oft wir uns in den Stunden melden? Deutschland im Fitness-Wahn! Geht es hier wirklich um meine Gesundheit oder nur um unerreichbare Erwartungen an den einen perfekten Körper, die ohnehin nur durch Photoshop zu erreichen sind? Bin ich noch gut genug, wenn ich Schokolade esse und mich nur einmal in der Woche zum Laufen motivieren kann? Überfüllte Vorlesungen! Wie kann ich vermeiden den Anschluss (in der Vorlesung, wie auch menschlich) zu verlieren, wenn ich nur eine von vielen hundert Studenten in der Vorlesung bin und es nicht mal schaffe, mir einen Sitzplatz zu ergattern der nicht auf der Treppe ist? Existenzängste! Wie soll ich mit meinem kleinen Gehalt über die Runden kommen? Da bleibt doch nach der Miete kaum noch was übrig… Eigene Fehler und die der anderen! Musste das gestern Abend wirklich sein? Kann ich das mit meinem Partner überwinden oder ist jetzt alles aus?

Ihr seht, die Liste ist lang und wir könnten sie noch viel weiter ausdehnen. Wenn wir uns diese Liste ansehen, könnten wir in der Tat glatt verzweifeln, aber offensichtlich tun wir das nicht. Ich glaube es gibt verschiedene Gründe, warum wir trotzdem die Zuversicht behalten. Zum Beispiel (und wahrscheinlich auch am wichtigsten) versichert uns Gott, dass wir keine Angst haben müssen, denn er steht uns bei und unterstützt uns:

Fürchte dich nicht, ich stehe dir bei! Hab keine Angst, ich bin dein Gott! Ich mache dich stark, ich helfe dir, ich schütze dich mit meiner siegreichen Hand! (Jesaja 41, 10)

Dieses Gefühl der Geborgenheit und Hoffnung, die dieser Vers ausdrückt empfinde ich auch bei Menschen, die mir nahe stehen. Mit meiner Familie und meinen Freunden kann ich über meine Ängste reden und wir finden gemeinsam eine Lösung oder zumindest finde ich bei ihnen Trost und das lässt meine Sorgen schon viel kleiner erscheinen. Wie Gott stärken sie mich und sorgen dafür, dass ich mit Herausforderungen fertig werde.

Auch das EJW hat so eine Wirkung auf mich. Wenn ich hier gefragt werde wie es mir geht, dann weiß ich, dass man das auch wirklich wissen will und nicht nur (wie sonst) bloß Konversation betreibt. Selbst wenn ich die Leute aus dem EJW noch nicht so gut kenne, steigen wir hier auf einer anderen Ebene ein wie im Alltag. Ich fühle mich als einen Teil dieser Gemeinschaft und das gibt mir ein gutes Gefühl. Mit Gottes Versprechen bei mir zu sein, mit meiner Familie und mit der Gemeinschaft des EJWs fühle ich mich also nicht überwältigt von all diesen Nachrichten und Herausforderungen in meinem Leben, sondern in der Lage, all das gemeinsam zu bewältigen und zu meistern.

Susanne Kuch
Mitarbeiterin Frankfurt Nord
   

"...damit wir alle klug werden"

Vom 3. Bis 7. Juni findet dieses Jahr der Kirchentag in Stuttgart statt. Die Losung des Kirchentages lautet: „damit wir klug werden“. Diese Losung stammt aus dem Psalm 90, Vers 12.

Als ich diese Losung zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mich gefragt woher dieser Vers stammt, in welchem Kontext er steht und wie er zu verstehen ist. Die Losung ist nur ein Halbsatz des eigentlichen Verses, vollständig lautet er: „Lehre uns bedenken, dass wir streben müssen, auf dass wir klug werden.“. Der Psalm 90  trägt die Überschrift: „Zuflucht in der Vergänglichkeit“. In diesem Psalm bittet Moses, um die Zuwendung, Freundlichkeit und Gnade Gottes. In diesem Kontext hat der Vers die Bedeutung, dass Gott den Menschen lehren solle zu  erkennen, dass es nicht bereits klug ist, sondern nach Klugheit streben soll, um die Folgen der eigenen Taten und ihre Sündhaftigkeit erkennen zu können.

Aber ohne diesen Kontext kann die Losung auch ganz anders Verstanden werden. Wenn man den Vers mal aus einer wirtschaftlichen Perspektive betrachtet, kann es zu nachhaltigem Denken und wirtschaftlich klugen Handeln anregen. Der Vers kann aber auch zur Selbstkritik anregen, in dem man ihn so auffasst, dass wir nicht schon klug sind, aber es als Gemeinschaft werden können. Man kann ihn aber auch so interpretieren, dass er einen dazu auffordert entspannter an die Dinge heran zu gehen und mal einen Gang zurück zu schalten.

So kann der Vers in unterschiedlichen Zusammenhängen und aus unterschiedlichen Perspektiven heraus ganz verschieden interpretiert werden. So kann aus dem Halbsatz eines Bibelverses eine unglaublich vielfältige, aussagekräftige und inspirierende Losung werden.

Als ich das herausgefunden und darüber nachgedacht habe, war ich fasziniert, weil ich diese Losung auf den ersten Blick nicht als besonders aussagekräftig empfunden habe. Aus einem einfachen Halbsatz kann durch die Kreativität und die unterschiedlichen Erfahrungen und Assoziationen verschiedener Menschen so viel mehr werden. Er kann inspirieren, ermutigen und zu eigenen Interpretationen anregen.

Für mich persönlich bedeutet er, dass wir als Menschen nie auslernen. Wir können nicht alles wissen, wir können immer neues lernen, auch voneinander. Mich inspiriert der Vers dazu neugierig und wissensdurstig zu bleiben, um mein Streben nach Klugheit fortzusetzten. Ich als Einzelperson kann nie alles Wissen und tatsächlich diese „Klugheit“ erreichen, aber wir als Menschheit, als eine Gemeinschaft können diesem Ideal ein ganzes Stück näher kommen.

Das ist, was der Vers für mich bedeutet.

Was bedeutet er für dich?

Mirka Kutzner                                                                                                         Mitarbeiterin im Frankfurter Osten

Das gute Wort

„Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen“ Sprüche 3, 5-6

Der obenstehende Bibelvers ist mir vor einiger Zeit in den Losungen begegnet. Er hat mich direkt angesprochen und passt besonders gut in die nicht einfache Phase nach dem Schulabschluss. Trotz oder gerade wegen der unzähligen Möglichkeiten, die sich heutzutage bieten, scheint das absolut Richtige irgendwie nie dabei zu sein.  Da kann der Gedanke an die eigene Zukunft schon mal verunsichern und belasten.

Das trifft aber nicht nur auf uns junge Menschen zu, die wir irgendwo auf dem Weg zwischen Schule, Studium und Arbeitswelt stehen. Der Blick in die Zukunft ist immer mit Befürchtungen und Unsicherheiten verbunden. Ganz egal, in welcher Lebenssituation wir uns gerade befinden. Sorgen kann man sich immer über irgendetwas machen. Denn wenn wir ehrlich sind, was in der Zukunft passiert, können wir nur bedingt bis gar nicht beeinflussen. Aber warum machen wir uns dann eigentlich Sorgen über Dinge, an denen wir eh nichts ändern können?

Der Blick in die Zukunft sollte eigentlich voller Freude und Zuversicht sein, denn Gott hat uns sein Versprechen gegeben, dass er für uns sorgen wird. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir untätig rumsitzen und auf Gottes Wundertaten warten sollen. Was ich beeinflussen kann, daran werde ich arbeiten. Aber was meine menschlichen Möglichkeiten, meinen Verstand, übersteigt, dass kann ich ruhig Gott überlassen. Er wird schon etwas damit anzufangen wissen.

David Prinz - Mitglied im Stammesführerkreis der Heliand Pfadfinderschaft

 

 

Einsame Spitze – nicht bei uns!

Einsame Spitze – nicht bei uns!

Die Zielgerade ist in Sicht. Am 26. April werden in allen Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau neue Kirchenvorstände gewählt. Rund 15.000 Menschen haben sich mittlerweile bereitgefunden, für dieses Ehrenamt zu kandidieren, viele davon zum ersten Mal. Das ist ein gutes Zeichen. Die Leitungsorgane unserer Kirchengemeinden können damit neu bestimmt werden.

Vielen ist das ja gar nicht klar. In evangelischen Kirchengemeinden steht niemand einsam an der Spitze. Die Verantwortung für alle wichtigen Vorgänge und Entscheidungen wird gemeinsam getragen und zwar vom Kirchenvorstand, d.h. vor allem auch von ehrenamtlich in der Kirche tätigen Personen. 

Was passiert, wenn man alleine leitet und alleine führt, das hat schon Mose erfahren müssen.  Im 2. Buch Mose im 18. Kapitel wird ihm schließlich gesagt, dass es so nicht mehr weitergehen könne. Sein Schwiegervater ist es, der ihm unverblümt mitteilt: So geht das nicht. „Du machst dich zu müde, dazu auch das Volk, das mit dir ist“. Eine Person alleine trägt alle Last der Entscheidung und der Verantwortung. Das kann nicht gut gehen. Da wird man müde, niedergedrückt, abgekämpft. Alleine verliert man schnell die Freude. Genau so soll es in unseren Gemeinden nicht sein. Ein kluges Sprichwort sagt: „Wenn du schnell vorankommen willst, geh allein. Wenn du weit vorankommen willst, geh mit anderen!“ Mose und seine Schar wollten damals weit vorankommen, raus aus der Sklaverei und hin zu dem Land, in dem Milch und Honig fließt und deswegen war es sehr klug und weise, die Verantwortung zu verteilen und viele an der Leitung zu beteiligen.

Und unsere Kirchengemeinden? Auch sie haben in den meisten Fällen schon weite Wege hinter sich und noch viele Ziele voraus. Und auch sie werden nicht von einer Person allein geleitet.

Wenn am 26. April nun alle ab dem 14. Lebensjahr aufgerufen sind, ihre Kirchenvorstände vor Ort zu wählen, dann geschieht das auch vor diesem Hintergrund: Leitung wird im Kirchenvorstand gemeinschaftlich ausgeübt. Da sitzen dann Männer und Frauen, Alteingesessene und Neuzugezogene, ehrenamtlich und beruflich Engagierte, Menschen, die neu kandidieren und Menschen, die schon lange dabei sind, Alte und Junge und in vielen Gemeinden zum ersten Mal überhaupt auch ganz junge Personen, die als Jugenddelegierte schon im Alter ab 14 Jahren als Teil des Kirchenvorstandes gewählt werden. Diesen Menschen sollte auf jeden Fall unser Dank gelten. Sie erklären sich bereit, Zeit und Lust und Energie aufzubringen, sie wollen gestalten und entscheiden. Das braucht es gerade auch in der Kirche. Aber diesen Personen sollten wir nicht nur danken, sondern auch für sie beten.

„Beten ist die intimste Form der Einmischung“ (Eberhard Jüngel) und das sollten wir dann auch tun, uns mit unserem Gebet einmischen. Wir bringen sie also im Gebet vor Gott, wir danken und bitten für sie um Geduld und Beharrlichkeit, um bleibende Freude an dem Amt, um ein gutes Miteinander, um die Gabe des Hörens und den Redens, um Mut und Offenheit, und um viele weitere Eigenschaften und Verhaltensweisen und vor allem um Gottes guten Geist, denn nur in seinem Geist wird es vor Ort gelingen.
                                                                                                       

Pfarrer Dr. Steffen Bauer

Ehrenamtsakademie der EKHN

Du bist schön ... ! Angedacht - Text in der Fastenzeit von Conny Habermehl

 Du bist schön

„Ach, furchtbar diese jungen Leute, die jetzt sogar mit „Jogginghose“ in die Schule gehen“; „Oh man, ich hab einfach viel zu dicke Oberschenkel, kein Wunder, dass ich in keine Hose reinpasse“; „Also die Frau Müller, die muss ja selbst geschminkt sein, wenn sie nur den Müll rausbringt“; „Hast Du den Tom heute gesehen, man was hat der den angehabt? Das war ja voll peinlich“; „Ich hab überhaupt nichts mehr zum Anziehen, in allem sehe ich scheiße aus “; „Also dem Sven würde ne Diät ja auch mal ganz gut tun....“

Du bist schön! - Du bist schön, 7 Wochen ohne runtermachen, so lautet das Fastenmotto der Evangelischen Kirche 2015.

Du bist schön!“ – Ist das nicht ein schöner Satz? Ja, ich weiß irgendwie auch ein bisschen kitschig, aber irgendwie auch so klar und eindeutig, so ohne „Aber“ und „Vielleicht“. Einfach: Du bist schön! Ich glaube, ich würde mich sehr geehrt fühlen, wenn das jemand zu mir sagen würde. Es weckt in mir positive Gefühle und wahrscheinlich würde ich vor lauter Freude und  Scham rot anlaufen. Aber wann kommt so etwas vor, dass uns jemand sagt, „Du bist schön“. Irgendwie sehr selten bis gar nicht, oder? Woran liegt das, dass wir uns da so schwer tun? Vielleicht, weil wir befürchten, wir könnten uns zu viel Blöße geben, wenn wir uns füreinander öffnen und auf den anderen zugehen. Wir haben Sorge, selbst kleiner zu werden, wenn wir den anderen groß machen? Oder sind es die vielen Normen, die wir vor Augen haben, was schön sein soll: jung und schlank, erfolgreich und gesund?

Solche Situationen und Aussagen, die ich zu Anfang beschrieben habe, kennen bestimmt einige von euch sehr gut. Es sind die Momente,  in denen  wir ganz bewusst oder auch unbewusst, uns selbst und andere Menschen runtermachen. Wir sind pikiert darüber, wie der ein oder andere aussieht und sich verhält.  Dabei haben wir doch oft selbst ein Problem mit unserer Erscheinung. In den Medien z.B. wird uns täglich signalisiert und verdeutlich, wie man „schön“ auszusehen hat: Laut „Germanys next Topmodel“ müssen die Mädchen in Hosengröße 25 reinpassen, laut dem „Bachelor“ muss ein Mann erfolgreich und super sexy sein, Guido Maria Kretschmer sucht nach der „Schönsten Frau Deutschlands“, bei der es allerdings nicht nur um „schönes“ Aussehen geht, sondern auch um innere Werte.                                                                                                                                     Ja, ich gebe zu, ich gucke alle diese Sendungen, wo sozusagen Schönheits – Ideale verkörpert werden. Und nach jeder Sendung bin ich fast immer etwas deprimiert und merke, wie ich mich selbst runterziehe. Nach ein paar Minuten habe ich mich dann meistens wieder im Griff, aber ich denke  es gibt genügend Menschen, die diese Formate sehr ernst nehmen.                 Aber was hat das mit Fasten zu tun? Wie passt das zusammen? Ich denke, das Fasten Motto lädt uns dazu ein, nicht nur das zu suchen, was mich stört und ärgert, sondern auf das zu achten, was gut und schön ist. Angelehnt an die Jahreslosung aus dem Römerbrief: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“.  Es geht also nicht nur um die äußerliche „Schönheit“, so wie ich das bis jetzt beschrieben habe, es geht um viel mehr. Paulus geht es um den ganzen Menschen, er fordert uns dazu auf einander anzunehmen, so wie wir sind! Es einfach zu akzeptieren, wenn Frau Müller immer nur geschminkt zur Mülltonne gehen möchte, es aber auch völlig in Ordnung ist, wenn man ungeschminkt und im „Homedress“, den Müll weg bringt.                                                                                                                 Grundsätzlich finde ich, ist das eine ganz schön harte Aufgabe, jeden so anzunehmen wie er ist!! Es gibt immer wieder Momente in denen mir das sehr schwer fällt, geht es euch nicht auch so? Aber wir müssen es versuchen. Allein Gott zu liebe möchte ich mich auf diesen Weg begeben. Es kostet Mut und Selbstüberwindung, ein wenig Neugierde und Wohlwollen. Der Gewinn jedoch ist unermesslich: eine annehmende Gemeinschaft, in der jeder „schön ist“. Auch ich selbst.

Ich möchte euch auch dazu ermutigen, das auszuprobieren. Dieses Fasten Motto zu verfolgen und es einfach mal zu versuchen , sich 7 Wochen  schön zu fühlen und in anderen das Schöne zu entdecken. Uns selbst und meinem Gegenüber eine Chance geben. Gott ist dabei unser größtes Vorbild: Denn einer der alles investiert hat, um uns Menschen für sich zu gewinnen, ist er. Ich versuche mich immer wieder daran zu erinnern, welchen langen und schmerzhaften Weg Gott in seinem Sohn auf uns Menschen zugegangen ist - und  das nur für uns. Damals wie heute sieht Gott uns an und sagt: Du bist es wert! Du bist schön!

In diesem Sinne wünsche ich euch Guten Mut und Gottes Segen für die nächsten 7 Wochen!

AMEN

Conny Habermehl

 

 

 

 

Erlebnisse und Erfahrungen von meinem Leben in Südafrika

24. Dezember, 34 Grad am Nachmittag und die gesamte Familie liegt gemeinsam am Pool. Klingt so als würde hier irgendetwas nicht so ganz stimmen? Tut es aber!

Denn seit September letzten Jahres habe ich das Vorrecht Südafrika meine neue, vorübergehende Heimat nennen zu dürfen. Am 15. September ging es für mich los vom Frankfurter Flughafen an die andere Seite des Globus, nach Pretoria – einer der drei Hauptstädte Südafrikas (nein, es gibt nicht nur eine, sondern Exekutive, Legislative und Judikative wurden auf drei Städte aufgeteilt, wobei der Regierungssitz in Pretoria ist; aber kein Grund um jetzt anzufangen an seiner Allgemeinbildung zu zweifeln –ging mir vorher recht ähnlichJ).

Mein Platz ist die Evangelische Stadtmission Pretoria des Chrischona Gemeinschaftswerkes bei welcher ich ein halbjähriges Praktikum absolviere. Zu meinen Aufgaben hier gehört ein breites Spektrum. Neben dem Fokus der auf Kinder- und Jugendarbeit liegt, muss ich mich auch viel um die Verwaltung kümmern, bekomme Einblick in seelsorgerliche Betreuung und lerne die Arbeit mit Senioren kennen. Auch meine Rolle in der Gottesdienstleitung lässt mich immer wieder neu über mich hinaus wachsen. Doch auch wenn die Arbeit sehr zeitaufwendig und kräfteraubend ist, ist es enorm wie viel ich dadurch täglich mitnehme.

Auch wenn es sich auf den ersten Blick nicht groß von Gemeindearbeit bei uns in Deutschland unterscheidet, spielt der Kulturunterschied doch eine erhebliche Rolle. In Südafrika von einer einzigen „Südafrikanischen Kultur“ zu sprechen ist schon mal von Grund auf nicht umsetzbar. Aufgrund der Vergangenheit und Geschichte dieses Landes setzt sich die Bevölkerung aus unzählig vielen Gruppierungen verschiedenster Herkunft zusammen. Allein anhand der 11 offiziell anerkannten Landessprachen kann man sich ansatzweise ein Bild davon machen. In einer solchen multikulturellen Nation sind natürlich Konfliktsituationen, Unruhen und Probleme Alltag. Wer davon ausgeht, dass mit der Abschaffung der Apartheid 1994  der Traum der „Regenbogengesellschaft“ Südafrikas reibungslos umgesetzt wurde, der irrt sich leider. Solch eine Vergangenheit lässt sich nur mit größter Vorsicht und Geduld aufarbeiten, um am Ende nicht Hass und Wut oder gar eine entgegensetzte Diskriminierung hervor zurufen. Dieses spannungsgeladene Verhältnis zwischen weißer (afrikaanser) und schwarzer (in Pretoria überwiegend Zulu) Bevölkerung bekomme auch ich hier in meinem Alltag oft genug zu spüren. Neben der sprachlichen Barriere (verständigt wird sich in Englisch, untereinander jedoch meist jeder in seiner „eigenen“ Sprache) wird dies am deutlichsten in der hohen Kriminalität, die leider zum Alltag gehört. Ein solches Sicherheitsbewusstsein wie es hier an den Tag gelegt wird kennt man von Deutschland her nicht. Sein Grundstück und Haus in den Großstädten mit Elektrozaun und Hunden zu schützen ist der Normalfall oder gleich direkt in einem abgesicherten und rund um die Uhr bewachten Wohngebiet zu leben ist keine Seltenheit.

 

Doch genauso vielfältig wie die Bevölkerung ist, ist es auch die Natur des Landes. Man kann die verschiedensten Vegetationen innerhalb seiner Umgebung sehen. Und bereits nach einer kurzen Autofahrt hat man die Möglichkeit auf die Foto(!)-Jagd nach den Big 5 zu gehen. Wilde Tiere wie Löwen, Elefanten, Geparden, Nilpferde oder Leoparden direkt wenige Meter von seinem Auto entfernt beobachten zu können ist schon ein ganz besonderes Erlebnis. Doch nicht nur die Safari und das Bushveld, sondern vor allem auch die Küste bietet einem Naturbilder, wie wir sie in Europa nicht finden werden und die einem schnell die Sprache verschlagen können.

Südafrika ist eindeutig ein Land voller Kontraste und Gegensätze und war für mich, einer frischen Abiturientin aus dem beschaulichen und geborgenen Deutschland, auf jeden Fall eine große Umstellung.

Doch es ist eindeutig ein Land, was mir für viele Dinge die Augen neu geöffnet hat und das in mir das Bewusstsein und die Dankbarkeit immer weiter wachsen lässt, für das was uns tagtäglich aufs Neue von unserem Vater geschenkt wird. 

Aileen Kautz

EJW Mitarbeiterin aus Frankfurt Süd / West

Zur Zeit in Südafrika

Andacht zu „Du bist das Licht“

Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Freunde des EJW,

Weihnachten ist vorüber und ein neues Jahr hat begonnen. In vielen Wohnungen stehen noch die Christbäume und Kerzen lassen das Innere wohlig warm erscheinen.
Ich bin in die Welt gekommen als ein Licht, damit, wer an mich glaubt, nicht  in der Finsternis bleibe.“ (Joh.12,46) So sprach Jesus zum Volk (…), doch die meisten wollten ihm keinen Glauben schenken. Doch jene, die es taten, trugen von da an den Schein des Glaubens, der Hoffnung im Herzen, genau wie wir heute. Glaube gibt uns Kraft und Hoffnung und durch das Weitersagen des Wort Gottes, bringt ein jeder von uns Licht in die Welt.
Hierzu passend fiel mir das Lied, „Du bist das Licht“, von Gregor Meyle ein, das wir im Gospelchor Traisa an unseren Weihnachtskonzerten gesungen haben.
Ich hoffe, dass es Sie ebenfalls wie mich, einen Moment zur Ruhe kommen lässt…

Immer wenn wir glauben, dass wir angekommen sind
Immer wenn wir funkeln, wie die Augen eines Kindes
Immer wenn wir stolz sind auf uns selbst
uns ein schwerer Stein vom Herzen fällt
Immer wenn wir Liebe in uns spüren, sehen wir das Licht.


Immer wenn wir glauben, dass es keinen Weg mehr gibt
Immer wenn die Wahrheit unsere Hoffnung fast besiegt
Immer wenn der Schmerz die Herzen trifft
unsere ganze Welt zusammenbricht
Immer wenn die Wut das Licht erstickt, sehen wir es nicht


Wenn all das was vor dir liegt auf einmal 'nen Sinn ergibt
dann scheint durch die Dunkelheit am Ende das Licht
Denn du bist das Licht


Manchmal brauchen wir 'n bisschen Zeit um zu verstehen
oder sind wir nur noch nicht bereit den Weg zu gehen.
Es genügt ein Funke für den Brand
Zu oft wird zu viel von dir verlangt
Warum hast du es noch nicht erkannt? Du bist das Licht!


Wenn all das was vor dir liegt auf einmal 'nen Sinn ergibt
dann scheint durch die Dunkelheit am Ende das Licht
(Oh-Ho!)
Denn du bist das Licht


Es brennt in uns ein Leben lang
macht sichtbar, wer wir wirklich sind
Und glaubst du nichts mehr irgendwann,
geh wohin dein Herz dich bringt!
Wenn all das was vor dir liegt auf einmal 'nen Sinn ergibt
dann scheint durch die Dunkelheit am Ende das Licht

...

Hören Sie doch einfach mal hinein und lassen Sie den Song auf sich wirken. Hier ist ein Link zum Song: https://www.youtube.com/watch?v=pvN6RYcpCaM

Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes und abwechslungsreiches neues Jahr 2015. Und wir dürfen uns sicher sein, dass Gottes Licht immer für uns scheint – denn er ist das Licht.

Ihre/ Eure

Lea Dittmann

Bundesfreiwilligendienstleistende 2014/2015

im Ev. Jugendwerk Hessen

Advent ist im Dezember

Die EKD startet mit Beginn der Adventzeit die Aktion „Alles hat seine Zeit! Advent ist im Dezember“.

Unter verschiedenen Rubriken lädt die Aktion dazu ein, die Zeit des Advents bewusst zu nutzen. Gleichzeitig gibt es auf der Seite www.Advent-ist-im-Dezember.de einen Online-Adventskalender.

Spannend finde ich die insgesamt mit der Aktion verbundene Fragestellung, wie wir mit unserer Zeit umgehen und wie wir sie nutzen. Drei Fragestellungen betreffen mich ganz persönlich immer wieder:

Bin ich in der mir zur Verfügung stehenden Zeit für Andere da?

Inwiefern nutze ich die mir geschenkte Zeit, um auf andere Menschen zuzugehen, Kontakte zu pflegen oder sie auch ganz bewusst mit Freunden und Familie zu verbringen, um wirklich erfüllte Zeit zu haben und nicht nur gefüllte Tage. Gerade wenn eine Vielzahl von äußeren Einflüssen auf mich einströmen und ich den Ehrgeiz entwickle alle Anforderungen zu lösen, verstrickte ich mich auf bürokratisches „Verwalter denken“ und verliere die Menschen aus dem Blick. Gerade im EJW ist aber die Arbeit mit Menschen zentraler Aspekt und die Netzwerke, die auch ich über die Jahre aufgebaut habe, sind oft wesentlich hilfreicher als die längste Arbeitszeit alleine im Büro.

Nehme ich mir Zeit für mich?

Oft habe ich positive Erfahrungen gemacht, wenn ich wichtige Aufgaben angepackt habe und ständig aktiv war. Diese Sucht nach Leistung und der damit verbundenen Anerkennung führt bei mir manchmal dazu, dass ich mir keine Zeit für mich selbst nehme. Dies ist mir jedoch eigentlich schon wichtig, um meine Handlungen zu reflektieren, auf neue Ideen zu kommen und ein Stück weit Entspannung zu haben.

Nehme ich mir Zeit für Gott?

In Psalm 31 steht „meine Zeit steht in deinen Händen“. Nur wenn ich mir Zeit nehme, Gottes Wort zu hören, zu verstehen und in mein Leben aufzunehmen, gelingt es mir, ihn zu finden. Wenn ich lange keine Impulse für meinen Glauben habe, so entferne ich mich von Gott und eine Annäherung wird oftmals schwieriger und die Beziehung muss an manchen Stellen wieder neu wachsen. Ähnlich vielleicht wie der Besuch einer regelmäßigen Veranstaltung bei der man die letzten drei Treffen versäumt hat und nun eine innerliche Hürde spürt, wieder zu der Veranstaltung zu gehen.

Nun fällt es mir gerade in der Adventzeit schwer, die Zeit für alle drei Dinge zu finden. Dennoch will ich den Advent, die Weihnachtszeit und die Zeit danach nutzen, um mir Zeit zu nehmen. Zeit für die wirklich wichtigen Dinge, die ihre Bedeutung weit über den Advent hinaus behalten und durchs Leben tragen.

Gute Erfahrungen und eine erfüllte Zeit im Advent und darüber hinaus wünsche ich euch allen. Wer Impulse zum Thema Zeit im Advent braucht, dem sei die Seite www.Advent-ist-im-Dezember.de empfohlen.

Piet Henningsen

Meinen Reichtum teilen und das WIR gewinnt

Meinen Reichtum teilen und das WIR gewinnt

Neulich im Supermarkt stand ich vor einer unerwartet schwer zu lösenden Aufgabe: Ich suchte im Kühlregal nach einem ganz normalen, kleinen Becher Naturjogurt. Zwischen all den verschiedenen Größen, Marken, Geschmacksrichtungen, Bio oder nicht, gentechnisch behandelt oder nicht, Lactose frei, Soja oder Ziege, mit Geschmacksverstärkern oder Konservierungsstoffen, habe ich nach einigem Suchen schließlich eine einzige Sorte entdeckt.

Wieder zu Hause fielen mir auf meinem Schreibtisch Fotos von Sam in die Hände – Sam aus Indien, aus einer unserer Partnerkirchen. Ich habe ihn bei einem Pastoralkolleg 2010 kennen gelernt – da waren wir bei ihm mit 20 Pfarrerinnen und Pfarrern aus der EKHN zu Besuch. Zwei Jahre später war ich mit sieben jungen Erwachsenen aus Wiesbaden im Rahmen einer dreiwöchigen Bildungsreise Nord-Süd bei ihm. Und Sam kommt ab und zu nach Deutschland. So war er mit uns aus dem Dekanat Wiesbaden auf dem Konfi-Camp 2013 im Westerwald und hat einen unglaublichen Eindruck vor allem bei den Konfis hinterlassen – und eine entsprechend große Kollekte mitgenommen. Verblüffend, wo die Konfis mitten im Westerwald das ganze Geld aufgetrieben haben. Damit hätte ich nie gerechnet. Erst neulich bei einem Besuch hat Sam wieder erzählt, wie beeindruckt er von uns auf dem Camp war – und wie dankbar die Mädchen in der indischen Näherei von unserer Kollekte aus dem Camp-Gottesdienst waren. Aus einem Adventsgottesdienst vor einem Jahr, den das Stadtjugendpfarramt zusammen mit dem EJW Wiesbaden in unserer Jugendkirche gemacht hat, haben wir noch eine kleine Kollekte nachgeschoben. Das zwischenzeitlich im Hochwasser verwüstetes Projekthaus ist jetzt wieder schön und 20 Mädchen konnten zum Abschluss ihrer Ausbildung eine Nähmaschine zum Start ins selbständige Leben bekommen.

Mein Blick fiel auf ein Foto, auf dem das Navajeen-Dress-Desining Center noch im Wasser steht, die Mädchen auf dem Bild auch. Zwei Welten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können: Hier bei uns ein fünf Meter langes Kühlregal nur mit verschiedenen Joghurtsorten gefüllt, dort ein Haus, in dem die Mädchen nicht nur zu Näherinnen ausgebildet werden, sondern im selben Raum abends auf dem Boden eine Bastmatte ausrollen und darauf schlafen. Essen gibt es natürlich, aber nicht viel mehr. Nichts Persönliches, immer mit allen in einem Raum.

Zwei Welten, die so weit auseinander zu liegen scheinen, sich manchmal aber so wie mit Sam auf dem Camp eben doch berühren. Durch Besuche und Gespräche in Indien so wie mit den sieben jungen Erwachsenen aus unserem Dekanat - beginne ich zu begreifen, dass wir, die wir in unserer modernen Welt unter besten hygienischen Bedingungen in festen schönen Häusern mit Heizung und Kühlschrank leben, nicht unbedingt die glücklicheren Menschen sind. Mein Blick fällt wieder auf die im Hochwasser stehenden Mädchen: Sie lachen. 

Tauschen möchte ich mit ihnen nicht. Unter ihren Lebensbedingungen würde ich es nicht lange aushalten. Aber sie machen mich nachdenklich: Brauchen wir all die Sachen, die uns umgeben wirklich? Vergessen wir nicht manchmal vor lauter Wohlstand und Technik um uns herum die Menschen, die wir doch so dringend zum Leben brauchen?

Und wie gut geht es uns. Wir leben in einer Umwelt, in der (fast) jeder und jede so leben kann wie er möchte, in die Schule gehen und einen Beruf erlernen kann. Wir können in ferne Länder reisen und uns so manches im Leben „leisten“. Und immer wieder höre ich von ausländischen Freunden: Eure Toleranz ist unglaublich befreiend. Das gibt es bei uns nicht!

Das Foto von den indischen Mädchen lenkt meinen Blick und meine Gedanken über die Welt zurück auf das Wesentliche in meinem Leben: Meine Familie und meine Freunde. Ohne sie wäre ich nichts. Und mein Glaube gehört dazu. Mein Glaube an Jesus Christus, der zu uns sagt: "Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten." (Joh. 6, 35) Dieser Glaube deckt mir sicherlich nicht jeden Morgen den Tisch mit Brot, das einfach so vom Himmel fällt. Aber er gibt mir Kraft zum Leben - jeden Tag neu. Und Jesus Christus ist die Kraft, die mich weitertreibt und ermuntert, meinen Reichtum mit anderen zu teilen - in Gedanken und Taten – so wie wir das auf dem Camp unter dem Motto „Wir gewinnt“ mit Sam getan haben.

Sam kommt bald mal wieder vorbei und wird erzählen, wie es den Mädchen in der Näherei geht – und dann beten wir sicherlich wieder zusammen zu Gott, sagen ein dickes Dankeschön, für all das was wir haben und jede schöne Sekunde im Leben und wir werden ihn um neue Kraft bitten – um Kraft dafür, sich jeden Tag neu für andere einzusetzen, die unsere Hilfe so dringend brauchen – hier in Deutschland in Europa oder in anderen Ländern dieser Erde.

Beten hilft! ...mir zumindest. Ich merke schon, wie ich Lust auf ein neues Projekt bekomme. Und ihr? ... was fällt euch ein?

Gute Gedanken und tolle Ideen wünsche ich Euch,

Eure Stadtjugendpfarrerin Astrid Stephan/ Wiesbaden

PS: In Indien machen sie Joghurt einfach selbst – und haben reichlich davon – und Obst. Schmeckt lecker!


Reformationsjubiläum 2017

Pressefoto Dr. Käßmann – Urheberin Monika Lawrenz

1517 soll er da gestanden und seine 95 Thesen an die Schlosskirchentür zu Wittenberg genagelt haben, der Theologieprofessor Martin Luther. Ob das so war, ist heute umstritten. Unumstritten aber ist: Reformation war ein umfassender Prozess, der Kirche, Gesellschaft, Kultur und Politik nachhaltig verändert hat. 1517 ist das Symboldatum dafür und Martin Luther die Symbolfigur.

Um zu verstehen, was Luther entdeckte, müssen wir uns zurückdenken in seine Zeit. Die Menschen hatten Angst, durch ihr Verhalten im Fegefeuer entsetzlich zu büßen und später Höllenqualen zu leiden. Wer nicht im Kloster und zölibatär lebte, galt schon als Sünder. Und so beichtete Luther immer und immer wieder, wurde aber die Angst nicht los. Ein Vers aus dem Römerbrief des Apostels Paulus wurde ein entscheidender Durchbruch zu neuem Denken für ihn: „Der Gerechte wird aus Glauben leben“ (1,17). Das hat für ihn die Erkenntnis gebracht: Nichts, was ich tue, leiste, denke oder sage kann mein Leben vor Gott je richtig, angemessen, gerechtfertigt machen. Gott sagt meinem Leben Sinn zu, auch wenn ich nicht alles richtig mache, versage, im Glauben nicht perfekt bin. Das hat Luther eine ungeheure Freiheitserfahrung gebracht: Kein Urteil der Welt kann mich bewerten, Gott hat schon Ja zu mir gesagt. Und weil das so ist, werde ich alles tun, um so zu leben, wie es Gott für gut befindet in den Geboten, den Seligpreisungen, dem Zeugnis von Jesus Christus.

Kann das heute etwas für uns bedeuten, fragen manche. Ich denke: Ja! Wie viele Menschen stehen unter ungeheurem Druck, etwas zu leisten: in der Schule, in der Ausbildung, an der Universität, am Arbeitsplatz. Und dann sollst du auch noch schlank sein, gut aussehen und Geld haben. Wer da nicht mithalten kann, gilt schnell als Versager. Da kann die Nachricht, dass Dein Leben Sinn macht, auch wenn Du nicht bei den „Gewinnern“ bist, Lebenskraft geben! Es kommt nicht darauf an, wie andere Dich beurteilen, sondern Du bist ein Mensch, bei dem Gott sich etwas gedacht hat, ein Einzelstück. Das kann eine große Freiheit geben von all den Erwartungen, von all dem Druck und der Angst, zu versagen. Selbst wenn ich Fehler mache und scheitere, auch angesichts meiner eigenen Ansprüche, steht doch Gottes Ja zu mir.

Die Reformatoren hatten eine großartige Gabe, das weiterzusagen. Das ist unsere Herausforderung heute, denke ich. So vom Glauben zu sprechen, dass es Menschen unmittelbar berührt, sie erleben: Das hat etwas mit mir und meinem Leben zu tun. Wir können feiern 2017, dass wir das als Evangelische gemeinsam tun, denn die reformierten, lutherischen und unierten Kirchen erkennen sich inzwischen gegenseitig an. Wir tun das in ökumenischer Gemeinsamkeit, die mit römischen Katholiken gewachsen ist. Und wir können feiern im Dialog mit Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens, aber auch mit Menschen ohne Glauben, denen Reformation etwas bedeutet.

Wir wollen das 2017 tun beginnend mit einem Stationenweg, der in den Städten Europas fragt: Was ist heute reformatorisch für Euch. Es wird einen Kirchentag in Berlin geben und Kirchentage auf dem Wege in Magdeburg, Leipzig und Erfurt, die Glauben lebendig erfahrbar machen in großer Gemeinschaft. Am 28. Mai 2017 wollen wir vor den Toren Wittenbergs einen großen Festgottesdienst in weltweiter ökumenischer Gemeinschaft feiern und zeigen: Uns verbindet mehr als uns trennt. Und vom 20. Mai bis 10. September wird es in und um Wittenberg eine Weltausstellung der Reformation geben, die neugierig macht: Was hat die Reformation bedeutet in so vielen Ländern der Erde, für die Kultur, die Religionen, die Politik. Parallel dazu gibt es ein Jugendcamp für 2000 Jugendliche, die immer ein paar Tage dort sein werden und Reformation erleben können. Reformationsjubiläum 2017 – wir sehen uns in Wittenberg!

 

Frau Dr. Käßmann                                                                                                 Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum 2017

Gemeinsam lernen, Leben teilen, Frieden stiften: Juden, Christen und Muslime im Gespräch - Abrahamische Teams an Schulen

Es ist nicht so wichtig, was wir über unsere Religion erzählen, sondern mehr wie wir als Menschen verschiedenen Glaubens miteinander umgehen. Das ist oft mein Resumée nach 2-3 Schulstunden und den vielen Fragen, die Schülerinnen und Schüler an uns als sog. „Abrahamisches Team“ richten.

Wir, das sind eine Jüdin, eine Muslima und ich als Christin, die an Frankfurter Schulen gehen und uns als Gesprächspartnerinnen für Schülerinnen und Schüler anbieten – benannt nach Abraham, der in Judentum, Christentum und Islam eine wichtige Rolle spielt. Was zählt sind, wie so oft im Leben, nicht in erster Linie die Worte, sondern das Verhalten: Können die wirklich miteinander, verstehen sie sich, obwohl sie doch verschiedenen Religionen angehören? Wie gehen sie mit den Unterschieden um? Was haben sie gemeinsam?

Für manche Jugendliche, die wenig religiöse Kenntnis oder Praxis mitbringen, sind wir oft so etwas wie Exoten in einer Welt, in der Glaube und Religion kaum noch eine Rolle zu spielen scheinen. Für andere, denen ihr Glaube wiederum sehr wichtig ist, sind wir eine Herausforderung, stellt doch der Glaube des jeweils anderen den eigenen irgendwie in Frage: Wieso gibt es diese Vielfalt und was bedeutet Wahrheit hier?

All dem stellen wir uns und versuchen so ehrlich und authentisch wie möglich zu antworten: Wie sind Sie denn Christin, Jüdin, Muslima geworden? Was heißt das für Ihren Alltag? Was würden Sie tun, wenn Ihre Kinder sich für einen anderen Weg entscheiden? Wie beurteilen Sie die Gewalt, die oft im Namen Gottes geschieht? Wie sieht es mit der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Ihren Religionen aus? Wie sehen Sie Menschen, die gar nicht glauben? In welchem Verhältnis stehen Schöpfungsglaube und Evolution? Als besonders emotional bewegend erinnere ich einmal die Frage nach dem Umgang mit Krankheit und Leid – als eine von uns im Team ganz persönlich davon berichtete, wie ihr Glaube ihr Halt und Trost in lebensbedrohlicher Situation war. Da haben alle plötzlich gespürt, was es bedeutet, Gott in Not zu vertrauen!

Keine Frage die nicht gestellt werden darf – aber wir achten darauf, dass der Ton die Musik macht! Immer wieder versuchen wir in den Diskussionen deutlich zu machen, dass der Dialog nur funktioniert, wenn man dem anderen zuhört und ihn respektiert, wie er oder sie ist. Wir versuchen Verallgemeinerungen zu vermeiden, weil es „die“ Jüdin, „den“ Christen, „die“ Muslima nicht gibt. Besonders eindrücklich wirkt es, wenn eine von uns angegriffen wird oder ihre Religion im besonders kritischen Fokus steht – das passiert schon mal im Eifer des Gefechts - dann verteidigen wir uns gegenseitig und stehen uns bei. Oder wenn wir berichten, dass wir uns dafür einsetzen, dass alle Religionen ihren gleichberechtigen Platz in dieser Gesellschaft haben sollen. Das wirkt eben oft mehr als alle Information, die wir weitergeben. Wir wollen zeigen: es funktioniert! Wir glauben verschieden und sind befreundet. Wir stehen zu unseren Traditionen und treten gleichzeitig für die Vielfalt der Religionen ein.

Als evangelische Pfarrerin, die in Frankfurt für den Interreligiösen Dialog zuständig ist, empfinde ich es als Privileg, mit dieser Arbeit einen kleinen Beitrag für den Frieden zu leisten. Ich würde mich freuen, wenn viele von Euch, die dies lesen, auch dabei mithelfen könnten, Friedensstifter zu sein. So wie Jesus selbst es uns vorgelebt hat!

Ilona Klemens, Pfarrerin für Interreligiösen Dialog in Frankfurt

Fürchte Dich nicht …

Fürchte Dich nicht, denn ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen. Du bist mein. Dieser Bibelvers aus dem Buch des Propheten Jesaja ist der Wochenspruch, der sozusagen als Motto über dieser Woche steht, in der ich diese Worte schreibe. Fürchte dich nicht! Nicht zum ersten Mal höre ich ein tröstendes biblisches Wort in einer Zeit, in der mich Bilder und Nachrichten bewegen, die jedem Zuspruch und jedem Trost widersprechen und ich merke, dass ich diese Spannung nicht einfach ignorieren kann. Die Bilder und Nachrichten, von denen ich spreche, sind einmal der - vermutlich - herbeigeführte Absturz des Fluges MH17 über der Ukraine mit fast 300 toten Menschen und zum anderen der wieder aufgeflammte Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern im Gazastreifen mit mittlerweile weit über 1000 Toten, nicht wenige davon Kinder. Schon die Bilder lehren einen das Fürchten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es für die betroffenen Menschen im Flugzeug oder im Gazastreifen (gewesen) ist.
Über die zahlreichen Medien kommen einem die menschlichen Schicksale bedrückend nahe. Ein junger Holländer z.B., der vor dem Abflug das Flugzeug fotografiert. Er postet das Bild mit der Bemerkung „Für den Fall, dass sie verschwindet, so sieht sie aus!“. Natürlich tut er das vor dem Hintergrund der im Frühjahr verschwundenen Maschine derselben Airline. Er besitzt einen Blumenladen in Amsterdam und war mit seiner Freundin unterwegs.
Oder die Familie des Deutsch-Palästinenser Ibrahim Kilani aus dem Gazastreifen, der dachte, er wäre mit seiner Frau und seinen 5 Kindern an einen sicheren Ort geflohen und war dann genau am falschen Ort. Nun sind alle tot.
Wenn so vieles, was wir sehen und erleben, in eine ganz andere Richtung weist als der Glaube, den wir teilen und die Versprechungen, die uns so mancher Bibelvers macht, dann müssen wir innehalten und die Irritation zulassen, die Nachrichten und Bilder auslösen. Ich zumindest kann mir keinen Glauben vorstellen, der sich die Welt schöner redet als sie ist.
Doch wie mit dieser Irritation umgehen, wenn sie nicht in die Hoffnungslosigkeit führen soll? Wie an der Hoffnung festhalten in einer Welt, in der Menschen so sehr an Hass und Gewalt festhalten?
In Folge des Flugzeugabsturzes war zu beobachten, dass zahlreiche Menschen öffentlich beten für die Opfer, für deren Angehörige, für die, die helfen. Über Twitter kann man quasi im Sekundentakt an Gebeten anderer Menschen Anteil haben. Journalisten knien an der Absturzstelle nieder und halten inne im Gebet. Der Papst stellt ein Gebet zum Nachsprechen bereit für alle, die keine eigenen Worte finden. Diese zahllosen öffentlichen und ganz privaten Gebete zeigen für mich in eine Richtung, in die wir uns vortasten können, wenn das, was wir sehen und erleben, dem so deutlich widerspricht, was wir glauben und erhoffen. Unsere Gebete formulieren keine Erklärungen und keine Lösungen. Oft sind sie nur Ausdruck unserer Verzweiflung, manchmal auch unserer Sehnsucht, die wir hoffentlich auch dann nicht aufgeben, wenn uns die Realität keinen Grund mehr gibt, an ihr festzuhalten. Niemals aber suchen sie nach Rache. Die Gebete sind wie ein friedlicher Strom, der sich besonders durch die letzten Tage und Wochen zieht und ihr Inhalt verbindet uns mit anderen Christinnen und Christen genauso wie mit Menschen anderen Glaubens. Und nicht zuletzt zeigt sich in den Gebeten, dass es noch eine andere Wahrheit gibt als die, die wir vor Augen haben, eine Wahrheit, die über den Hass und die Gewalt hinausweisen. Ich hoffe, dass die Furcht und die Trauer für alle ein bisschen kleiner werden, wenn sie sich im Gebet an Gott wenden. Ich hoffe und vertraue darauf, dass Gott auf aufrichtige Gebete wartet und antwortet, wie Bonhoeffer es einst geschrieben hat, um uns Mut zu machen an der Sehnsucht nach einer Welt festzuhalten, in der sich niemand mehr zu fürchten braucht.

 Holger Kamlah, Pfarrer in der Gemeinde Unterliederbach,        Kommissarische Leitung des Evangelischen Stadtjugendpfarramtes Frankfurt 

„Cacau – immer der Blick nach oben“

Foto: Patrick Horlacher

Interview mit dem Fußballer Cacau

Cacau, warum haben Sie ein Buch geschrieben?

Diese Idee ist bei mir so im Laufe der Jahre gereift. Es war mir

wichtig, mal meine komplette Lebensgeschichte aufzuschreiben – mit

allen Höhen und Tiefen. So was kann man nicht mit einem längeren

Interview erreichen. Die Autobiografie soll junge Menschen

ermutigen, wie sie schwierige Situationen meistern und große Ziele

erreichen können. Und es ist auch für meine Kinder gedacht, damit

sie meinen Lebensweg verstehen, wenn sie größer sind. In ihrem

Leben fehlt ihnen bisher nichts und sie wissen nichts davon, wie ich

früher gelitten habe. Ebenso wie meine Frau Tamara möchte ich,

dass es unsere Kinder später schätzen lernen, wie gut es ihnen geht.

Dass sie Dankbarkeit dafür empfinden und lernen, anderen

Menschen zu helfen.

Einige Nationalspieler und Bundesliga-Profis haben durch ihr Buch

kräftig Ärger und Schlagzeilen ausgelöst. Wie wird das bei Ihnen sein?

Ich hoffe, dass das bei mir nicht der Fall sein wird. Man findet ja

immer was, wenn man sucht. Wahrscheinlich wird aber bei mir alles

ruhig bleiben. Denn ich erzähle meine Lebensgeschichte offen und

ehrlich, will niemanden anklagen und nichts enthüllen.

Welche Aspekte ihrer interessanten und bewegten Lebensgeschichte

sind Ihnen denn besonders wichtig?

Es gibt mehrere Aspekte. Viele wissen, dass ich Christ bin und

deshalb erzähle ich in dieser Autobiografie unter anderem davon, wie

ich zum Glauben gefunden habe, und rede über mein Leben mit Gott.

Gleichzeitig berichte ich aus meinem Alltag, beispielsweise darüber,

dass mein Vater Alkoholiker war. Das belastet auch heute viele junge

Menschen. Ich will ihnen mit meinen Erfahrungen eine Hilfestellung

für den für alle schwierigen Umgang mit dieser Thematik und das

Zusammensein in der Familie unter diesen Vorzeichen geben.

Natürlich möchte ich außerdem aufzeigen, wie man ein erfolgreicher

Profifußballer werden kann und dabei nie auszuschließende

Rückschläge verkraftet.

Sie sind längst für ihr ausgeprägtes soziales Engagement bekannt und

nehmen zusätzlich ganz bewusst als Integrations-Botschafter des

Deutschen Fußball-Bundes praktisch eine gesellschaftspolitische

Aufgabe wahr…

Ja, sehr gerne. Es sollte das Ziel von allen sein, dass in einem Land wie

Deutschland die Integration von Menschen, die aus ganz

unterschiedlichen Ländern kommen, so problemlos und positiv wie

möglich gelingt. Dazu gehören immer zwei Seiten: Diejenigen, die in

Deutschland geboren sind, und diejenigen, die in Deutschland eine

neue Heimat suchen. Aus eigener Erfahrung halte ich es in diesem

Zusammenhang für entscheidend, dass man als zunächst Fremder so

schnell und gut wie möglich Deutsch lernt – dadurch wird vieles

sofort leichter und es entwickelt sich so, dass man in dem neuen

Land echt ankommt und sich wohlfühlt.

Nun ist es so, dass sie als Profi-Fußballer schon eine gesellschaftliche

Ausnahmestellung haben. Haben Sie davon profitiert in Deutschland?

Als ich aus Brasilien kam, war ich ja total unbekannt. Sicher war

Fußball von Anfang an mein Leben, doch ich musste erst mal um

meine Existenz kämpfen. Ich kann nur sagen: In Deutschland wurde

ich persönlich nie mit Rassismus konfrontiert, ich habe mich von

Anfang an willkommen gefühlt und nie Berührungsängste gespürt.

Und deshalb setze ich mich mit Überzeugung dafür ein, dass andere

Menschen das Gleiche erleben. Heute freue ich mich, dass ich mich

außerdem für unterschiedliche Aktionen und Initiativen einsetzen

kann. Besonders liegt mir das Projekt „Sport for life“ in meiner

Geburtsstadt Mogi das Cruzes in der Region Sao Paulo am Herzen –

hier entsteht in Zusammenarbeit mit dem christlichen

Kinderhilfswerk World Vision ein Sportzentrum für Kinder- und

Jugendliche in einem sozial sehr schwierigen Umfeld.

Zu Ihrer sportlichen Vita: Wie beurteilen Sie Ihre Zeit beim VfB

Stuttgart und in der Nationalmannschaft?

Ich hatte niemals gedacht, dass ich so weit komme. Ich habe beim

VfB Stuttgart eine großartige Zeit erlebt, selbst wenn ich nicht nur

Erfolge feiern konnte, und auch manchen Rückschlag wegstecken

musste. Auf meine Zeit in der Bundesliga bin ich stolz. Nun hat der

Verein entschieden, dass mein am Saisonende auslaufender Vertrag

nicht verlängert wird. . Das ist schade, aber ich muss es akzeptieren.

Ich will jedoch weiter Fußball spielen und weiß daher noch nicht, wo

und wie es für mich weitergeht. Nach zwei schweren Verletzungen im

Jahr 2013, einem Kreuzbandriss im linken Knie und einem

Muskelbündelriss in der rechten Wade, fühle ich mich wieder fit. Und

bei der Nationalmannschaft hatte ich nur positive Erlebnisse und eine

tolle Zeit. Mit der Teilnahme an der WM in Südafrika ist für mich ein

Traum in Erfüllung gegangen, das werde ich nie vergessen. Der liebe

Gott hat es mit mir und meinem Leben in den vergangenen Jahren

sehr gut gemeint.

Wir danken dem SCM Verlag für das zur Verfügung stellen des Interviews mit Cacau.

 

 

 

 

Jugendkirchentag 2014 – 4 Tage und 3 Nächte voller Spaß und Spannung, Fun und Action!

 

"Ich und Ich", "Ich und Andere", "Ich und Gott", "Ich und Welt" - was sich anhört wie Songtitel oder der Name einer Band, ist das Motto der vier Themenparks des 7. Jugendkirchentages, zu dem die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau vom 19. bis 22. Juni nach Darmstadt einlädt. Erwartet werden mehrere Tausend jugendliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die an insgesamt vier Tagen und drei Nächten miteinander feiern und Spaß haben. Jugendgottesdienste, Konzerte, Workshops, Seilgarten, Konfirallye, Aquaparty und vieles mehr - in Darmstadt präsentiert sich eine jugendfreundliche Kirche, die Kirche mit, von und für Kinder(n) und Jugendliche(n) sein will. 

Gemeinschaft erleben, Menschen kennenzulernen, Neues zu erfahren, auszuruhen und aufzutanken - das ist es, was die Besucher erwartet. Als Schulpfarrer und Schulseelsorger habe ich immer wieder erlebt, welchem Druck und welchen Anforderungen junge Menschen heute ausgesetzt sind. Die Freiräume, die die Welt der Erwachsenen ihnen lässt, werden immer kleiner. Der Jugendkirchentag ist ein Ort, an dem die Interessen und Lebenswelten der Jugendlichen im Mittelpunkt stehen. Für mich kommt in diesem großartigen Gemeinschaftserlebnis zum Ausdruck: Als Teil einer starken Gemeinschaft kann man über sich selbst hinauswachsen und die Grenzen überwinden, die mich im Alltag einengen. Es braucht im Leben solche Erfahrungen, in denen ich merke: Ich kann mehr, als ich eigentlich dachte. Ich bin anderen wichtig. Und die anderen meinen es gut mit mir. Sind genau wie ich auf dem Weg und helfen mir, damit wir gemeinsam an unser Ziel kommen. Und ich frage: Ist das mit der Kirche und dem Glauben an Gott nicht ganz genau so? Um an Gott zu glauben, brauche ich keine anderen Menschen. Aber in der Gemeinschaft mit anderen glaubt es sich viel besser. Denn dann bekommt mein Glaube Hand und Fuß. Wenn ich z.B. mit anderen gemeinsam einen Jugendgottesdienst feiere, mit ihnen singe und bete oder einfach nur chille. Und wenn ich Schönes und Trauriges mit anderen teilen will, gilt das auch. Auch dafür ist Platz auf dem Jugendkirchentag, auch dafür ist Zeit. 

Die Fragen der Jugendlichen fordern uns Erwachsene heraus. Auch mich persönlich. Sie zwingen mich, bestimmte Dinge zu überdenken und so zu formulieren, dass die Jugendlichen damit etwas anfangen können. Denn mit allgemeinen Wahrheiten und Sätzen aus dem Lehrbuch geben sie sich nicht zufrieden. Was der Glaube mit ihrem Leben zu tun hat, wollen sie wissen. Sonst interessiert sie das nicht, was ich ihnen sage. Mit Jugendlichen über ihr Leben, aber auch über Religion, Kirche und Glauben ins Gespräch zu kommen und zu diskutieren, ist eine spannende und wichtige Aufgabe für uns erwachsene Christen, ist eine Zukunftsaufgabe für die ganze Kirche, denn auch davon hängt es ab, ob unsere Kirche auch in Zukunft Menschen begeistert, ihnen Antworten auf ihre Lebensfragen gibt und eine gastfreundliche Kirche ist, die Menschen - Junge und Alte - einlädt, sich in ihr zu engagieren. 

Ich danke allen hauptberuflichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die seit Monaten daran arbeiten, dass der diesjährige Jugendkirchentag zu einem unvergesslichen Erlebnis wird, ein Ort, an dem Gastfreundschaft gelebt und erfahren wird! Karen Emmermann, Laura Gleichmann und Hans-Joachim Adolph von der Arbeitsstelle Jugendkirchentag danke ich für die hervorragende Koordination und Projektsteuerung, für ihr Engagement und Durchhaltevermögen trotz mancher Rückschläge, dafür, dass sie das gemeinsame Ziel nie aus den Augen verloren haben! 

Im Namen von Landesjugendpfarrer Pit Saaler, Simone Reinisch und allen Kolleginnen und Kollegen aus dem Fachbereich Kinder und Jugend grüße ich alle jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer und heiße sie in Darmstadt herzlich willkommen!

 

Stephan Da Re

Pfarrer und Theologischer Jugendbildungsreferent

Glauben des Gehorsams und des Ungehorsams

von Pfarrer Jürgen Mattis

Ich bin 1957 geboren und in Frankfurt-Bonames aufgewachsen. 1967 wurden zwei Ereignisse für meine Jugendzeit und mein weiteres Leben wichtig:

Ich wechselte auf das Wöhler-Gymnasium und lernte dort zur Zeit der Frankfurter Studentenbewegung bis zu meinem Abi im Jahr 1976 vielfältige Formen des Protestes und der politischen Demonstration gegen den Vietnamkrieg, gegen rückwärtsgewandten Nationalismus und undemokratische Ordnungen kennen.

Und ich ging zum ersten Mal in die Jungschar des EJW, wo ich 1972 selbst ehrenamtlicher Mitarbeiter wurde und in vielen Gruppen, bei Fahrten, Freizeiten und unzähligen Wochenenden in Haus Heliand Glaube, Begeisterung und Gemeinschaft (GBG=EJW) erlebte. Viele meiner Freunde und Freundinnen lernte ich über das EJW kennen und manche Freundschaften bestehen bis heute. Nach meinem Abi arbeitete ich als Praktikant, dann als Zivildienstleistender zwei Jahr mit voller Zeit für das EJW im damaligen Dekanat Nord-West. In dieser Zeit entschied ich mich für ein Studium der Theologie, das ich 1978 begann und das mich dann aus Frankfurt wegführte.

Die siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts, meine Schulzeit und Zeit im EJW waren eine Zeit politischer Auseinandersetzungen. Ideologien standen gegen Ideologien. Auch im EJW, auch in den Glaubensüberzeugungen: Während für die einen der Glaube an Jesus Christus zur Solidarität mit den Armen und Unterdrückten und zum Kampf für eine Befreiung aus Unterdrückung und Ausbeutung, zu Reformen oder gar Revolution der Verhältnisse verpflichtete, war für die anderen die Verteidigung der bestehenden Ordnungen und Traditionen im Staat, in den Formen gesellschaftlichen Zusammenlebens und auch in den bewährten Arbeitsweisen des EJWs ein Kampf um die guten göttlichen Ordnungen zum Zusammenleben der Menschen.

Gerade weil uns die Begeisterung und die Gemeinschaft im EJW so viel bedeutete, wollten wir es wirklich wissen, was der Glaube an Jesus Christus nun wirklich von uns fordert. So wurden wir Bibelleser und Theologen. Doch je mehr man studiert um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, desto breiter werden einem die Möglichkeiten die Welt, sich selbst und Gott zu verstehen.

Mit zunehmenden Lebenserfahrungen und Alter, auch in der Arbeit als Pfarrer und Seelsorger wurde mir immer deutlicher, dass wir uns auf unseren Glauben insbesondere in schweren Zeiten, bei wichtigen Entscheidungen, in Zeiten von Einsamkeit und in der Erfahrung von Trennung und Tod verlassen dürfen.

Abraham steht in unserer jüdisch christlichen Tradition als Vater und Vorbild des Glaubens. Sein Glaubensgehorsam führt ihn in die größte Prüfung seines Lebens: Gott (im hebräischen: elohim) spricht zu ihm und befiehlt, seinen Sohn Isaak auf dem Berg Moab als Menschenopfer zu töten. Abraham scheint zu gehorchen. Doch kurz vor der Tötung seines bereits auf dem Opferblock gefesselten Sohnes spricht ein Engel des Gottes Jahwe: „Tu es nicht“. Abraham gehorcht dann diesem Engel und lässt seinen Sohn am Leben. Warum, so fragen jüdische Theologen, hat Abraham nicht der Stimme Gottes gehorcht, sondern der Stimme eines Engels? Ist Gottes Offenbarung durch die Stimme eines Engels und Mittlers etwa höherwertig als die Stimme Gottes selbst, wie es der jüdische Theologe Maimonides im 12. Jhd. ausführte?

Da waren zwei Stimmen in Abraham: Die Stimme des göttlichen Befehls zum Menschenopfer und dann die Stimme des Engels zum Ungehorsam. Abraham gehorcht beiden und wird von der Bibel für seinen Glaubensgehorsam bis in den Moment der Entscheidung gelobt. Hier in der extremen Konfrontation mit Gott hört er den Engel Jahwes sprechen gegen den Befehl des Gottes Elohim und für das menschliche Leben.

Menschenopfer soll nicht mehr sein, auch nicht für die vermeintlich höhere Sache, auch nicht für Krieg, auch nicht zur Aufrechterhaltung bestehender Ordnungen, auch nicht das Opfer der Soldaten. Gerade heute, angesichts weltweiter Bedrohungen, ist unser Glaube als Vertrauen in das Leben und in Gottes Liebe gefragt.

 

Pfarrer Jürgen Mattis leitet den Fachbereich I: Beratung, Bildung, Jugend im Evangelischen Regionalverband Frankfurt am Main



 

 

 

 

 

Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde …

Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde …

Wenn ich in der Bibel lese, gibt es Dinge, die mich erfreuen, trösten, versöhnen. Es gibt Dinge, die mich ärgern, infrage stellen, zum Nachdenken bringen. Und es gibt Dinge, auf die ich an irgendeinem Tag einen neuen Blick bekomme … geschenkt bekomme?

Der neue Blick: So geht es mir mit einem Vers aus dem 1. Buch Mose – 1. Mose 1, 27 „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und er schuf sie als Mann und Weib.“

Nach einer klassischen volkskirchlichen Sozialisation – Kindergottesdienst, Konfirmation, aus die Maus – und mit einer volkskirchlichen Frömmigkeit entdeckte ich mit 16 Jahre die Kirche wieder: Gottesdienstbesuche, Jugendgruppe, Kirchenchor und ein inspirierender katholischer Religionsunterricht in der Oberstufe. Schließlich die Entscheidung, Theologie zu studieren, um Pfarrer zu werden.

Im Studium lernte ich den wissenschaftlichen Zugang zur Bibel kennen. Danke an alle meine Professorinnen und Professoren dafür. Gleichzeitig – es war Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts – lernte ich den Feminismus kennen. Las Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer und Luise Pusch. Und ich lernte die feministische Theologie kennen – hörte Vorlesungen und besuchte Seminare bei Dorothee Sölle und Luise Schottroff.

Der Vers aus dem ersten Mosebuch musste dem ersten kritischen Blick standhalten. Hier wird anders als im zweiten Schöpfungsbericht die gleichzeitige und gleichwertige Erschaffung von Mann und Frau beschrieben. Sehr gut! Vor den Menschen, vor der Welt gibt es Unterschiede. Vor Gott sind Mann und Frau gleich wertvoll, gleichermaßen geliebt.

Kritisch fiel mein Blick auf das Wort „Weib“. Als Luther dieses Wort für seine Übersetzung wählte, hatte es für die Menschen einen ganz anderen Klang als für uns heute. Und so müssen wir es heute auch folgerichtig übersetzen mit: „… und er schuf sie als Mann und Frau.“

Dieser Vers erlangte und erhielt Bedeutung für meine Sicht auf die Welt.

In der nächsten Phase der kritischen Auseinandersetzung mit mir selbst, der Bibel, der Kirche und der Welt kam die Frage auf, warum eigentlich das männliche Personalpronomen „er“ Gott angemessen bezeichnen kann.

Wenn doch Männliches und Weibliches als Schöpfung „nach dem Bilde Gottes“ ist, wie kann dann Gott nur „er“ und nicht auch „sie“ sein?

Und schon wieder hat eine neue Phase der Auseinandersetzung mit diesem Vers aus dem Mosebuch begonnen.

Ausgelöst wurde das Ganze durch eine Debatte in unserer Jugendvertretung im Dekanat Darmstadt-Stadt zum Thema „Gender-Gap“. Gemeint ist damit die Schreibweise „Mitarbeiter_innen“  mit dem Unterstrich, die besagen soll, dass es jenseits von männlich und weiblich weiteres gibt: intersexuelle Menschen, transidente … und viele weitere, für die wir noch nicht einmal eine Bezeichnung haben.

Und so muss und will ich mich mit der Frage auseinandersetzen: Was sagt mir 1. Mose 1,27 heute? Gott schuf Mann und Frau. Alles andere ist eine „Laune der Natur“, möglicherweise von Gott nicht gewollt und von uns Menschen zu bekämpfen?

So wie Luther damals nicht wusste, wie wir heute da Wort „Weib“ verstehen, so wussten die Menschen, die sich die Geschichte von der Schöpfung erzählt haben, noch nicht, dass es irgendwann einmal eine Zeit geben wird, in der mehr Geschlechter beschrieben werden als allein das männliche und das weibliche.

Gott ist gnädig und barmherzig. Gott liebt alle Menschen: weibliche, männliche, intersexuelle und transidente … selbst diejenigen, für die wir noch gar keine Bezeichnung oder Zuordnung haben … und natürlich auch lesbische und schwule.

Und jetzt sind wir dran! Wie gnädig und barmherzig sind wir?

Gernot Bach-Leucht

Stadtjugendpfarrer in Darmstadt

Gott erfahren in Australien und Tahiti

Hallo Ihr Lieben,

im Oktober flog ich nach Sydney - Australien, um die Jüngerschaftschule von "Jugend mit einer Mission" („YWAM - Youth with a Mission“) zu besuchen.       YWAM ist eine Schule mit dem Motto: "Know him and make him known".     Sozusagen eine Ausbildung zu einem Jünger Jesu.

Ich hatte eine 12-wöchige Lernphase, wo ich einiges über Gottes Wort hören und lernen konnte. Über seine Weltsicht, seinen guten Heiligen Geist und seine Fähigkeiten, auch über das Vaterherz Gottes und seine Herrschaft erhielten wir viele wertvolle Impulse. In diesen Wochen habe ich mich sehr als Person verändert.

Bevor ich nach Australien kam, war ich mit meinem Herzen weit weg von Gott. Ich hatte angefangen über den Tod meines Vaters nach zu denken und war sauer auf Gott, dass ich nicht die Möglichkeit gehabt hatte, ihn kennen zu lernen. Ich wollte Gott immer noch nachfolgen, aber ich fühlte mich stark verletzt.

Gott zeigte mir direkt am Anfang, wie er auf vielfältige Weise zu mir sprechen kann.  Er sprach zu mir durch andere Menschen, durch Gegenstände und ab und zu auch durch unerwartete Gedanken in meinen Kopf, die immer stärker wurden. Meine Beziehung zu Gott ging immer tiefer und tiefer und er gab mir nach und nach Antworten und heilte mein Herz von dem Schmerz, den ich in mir trug.

Auf manche Fragen bekommen wir leider keine Antworten, dennoch will Gott mit uns sein und uns aufmuntern weiter den Weg zu gehen, den er für uns vorbereitet hat. Dann werden wir feststellen, dass da einiges Großes auf uns wartet. Gott hat für jeden einzelnen von uns einen besonderen Lebensweg geplant. Man muss ihn nur fragen und im Vertrauen auf Gott Glaubensschritte wagen. Ich lernte wie ein Jünger Jesu zu denken und zu handeln.

Ab Januar war unsere Aufgabe in ein anderes Land zu gehen, die Kultur zu erfahren, mit den Leuten zu leben, ihnen zu helfen und schließlich auch von Gott zu erzählen.

Nebenbei haben wir in einer "Performing Arts - School" gelernt, unseren Glauben an Gott durch Tanz, Gesang und Schauspiel weiter zu geben.

Meine Reise ging in den Westen nach Tahiti, wo ich einiges von den Menschen lernen konnte. Die Leute dort haben so viel Freude und sind so gastfreundlich zu jedem Menschen. Sie wollen einem nur Gutes geben und sie geben viel. Und auch wenn sie arm sind, wollen sie einen beschenken.

Essen ist auf dieser Insel etwas sehr Wertvolles und ich bin als Vegetarier durch einige Fleischorgien gegangen. Um diese Kultur zu respektieren, sagte ich niemals das Wörtchen „Nein“, wenn man mir Essen mit Fleisch angeboten hat. Das war oft schwer für mich, weil ich mich seit neun Jahren vegetarisch ernähre.

Ein Leben als Missionar ist nicht immer leicht, aber es macht Riesen Freude den Menschen zu dienen und sie zu segnen durch Gesang, Tanz und Schauspiel oder einfach nur mit ihnen Zeit zu verbringen. Sie sind offen für jedes Gespräch und für ein Gebet, selbst wenn sie nicht viel Englisch sprechen können.

Gott gab mir einmal die Möglichkeit in ein Krankenhaus zu fahren, um dort einen Deutschen zu treffen, der einem Schlaganfall erlegen war. Jetzt ist seine linke Körperseite gelähmt. Er sprach kaum ein Wort, doch als ich ihn fragte, ob ich für ihn beten darf, sagte er „ja“, obwohl er nicht an Gott glaubte. Als ich für ihn betete, fing er an zu weinen und ich spürte, dass Gott sein Herz berührte.

Die zwei Monate Outreach auf Tahiti waren eine wertvolle Zeit und ich bin froh, dass ich etwas von dem Leben dieser Menschen mit nach Deutschland bringen darf.  

Es war zwar ein kleiner zeitlicher Abschnitt in meinem Leben, aber ein großer Schritt in meiner Beziehung zu Gott. Vieles hat Gott in dieser Zeit in Menschen und in mir vollbracht.

Sarah Hetzel

Sarah hat von Oktober bis März eine Jüngerschaftschule in Australien besucht und das Gelernte gleich auf Tahiti angewandt und gelebt. 

Sie wird Anfang März 20 Jahre jung.

 

 

Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen (Matthäus 25, 35)

Ich war fremd und ihr habt mich aufgenommen (Matthäus 25, 35)

Wer kennt nicht das kribbelnde Gefühl eines neu beginnenden Lebensabschnitts.

Mein neuer Lebensabschnitt sieht so aus:

Ungewohnte Umgebung, die Leute sprechen eine andere Sprache, das Klima ist anders und ich ging im September 2013 von einer Großstadt in ein kleines Dorf mit 1000 Einwohnern. Kurz gesagt von Frankfurt am Main in Deutschland  auf direktem Weg nach Elim in Südafrika; um ein Jahr  Freiwilligendienst auf einem anderen Kontinent in einer Schule für geistig beeinträchtigte Kinder zu absolvieren.

Nach 4 Monaten ist schon sowas wie  Alltag eingekehrt, der sich anfühlt, als sei man schon ewig da. Dennoch gibt es immer wieder neue Ansichten, Erfahrungen und Fettnäpfchen zu entdecken. Bei der Erfahrung solcher neuer Lebensumstände ist es hilfreich offene und freundliche Menschen um sich herum zu haben, die einen in den alltäglichen Lebenssituationen  unterstützen,  und einen freundschaftlich aufnehmen.

Genau solch eine Gastfreundschaft durfte ich in Elim und auch in anderen Teilen Südafrikas schon erleben. Der hiesige Pfarrer und sein Frau haben mich und meine zwei, auch aus Deutschland kommenden Mitfreiwilligen (sie arbeiten in Elim in einem  Projekt mit mehrfach behinderten Kindern) von Anfang an nach dem sonntäglichen Gottesdienst zum Essen eingeladen oder uns die nähere Umgebung gezeigt. Das Gleiche habe ich auch bei der Gastfamilie einer Freundin in Pietermaritzburg erlebt, die mich während der Weihnachtstage aufgenommen hat und mich  ein wunderbares Weihnachtsfest mitfeiern ließ. Es war jedoch etwas ungewöhnlich eine geschmückte Weihnachtspalme anstelle eines Tannenbaumes und Strand statt Schnee zu sehen.

Aber auch intensive Gespräche mit Lehrern und anderen Klassenassistenten an meiner Schule bestätigen die offene und zugewandte Art, die ich als Ausländer in Südafrika erfahren darf.

Dennoch spüre ich in manchen Momenten die Unterschiede zu der Lebensweise, die ich aus Deutschland gewohnt bin. Hierzu zählen nicht nur die Entfernung zu meiner Familie und meinen Freunden, sondern auch die Unterschiede in der Bewältigung bestimmter Situationen. Durch die aufgeklärte und  reflektierende Denkweise, die ich in Deutschland vermittelt bekommen habe, gibt es Zeiten, in denen ich wegen der konservativen Lebenseinstellung hier in Elim entsetzt bin und die Verhaltensweisen nicht nachvollziehen kann. Dann spüre ich die Distanz am deutlichsten, die zwischen hier und meiner Heimat liegt,

In diesen Momenten fällt mir immer die Geschichte „Spuren im Sand“ ein. In der Geschichte sichert Gott uns seine Nähe in allen Lebensabschnitten zu, insbesondere während schweren Zeiten, in denen er uns trägt.

Dabei erfahre ich die Tragfähigkeit des Glaubens in der Gemeinschaft mit anderen Menschen in einer ganz neuen Art und Weise. Denn ich kann mir sicher sein, den Rückhalt und aufmunternde bzw. erklärende Gespräche aus meiner Heimat zu bekommen, aber auch die Nähe und Hilfsbereitschaft der Gemeinschaft vor Ort in Anspruch nehmen zu können. Aus dieser Gewissheit kann ich neuen Mut schöpfen und meine Aufgaben wieder angehen.

Diesen Gedanken und diese Sicherheit versuche ich auch  den Kindern und Mitarbeitern in der  Arbeit an meiner Schule zu vermitteln, um ihnen so  Hoffnung, Kraft und Mut zu schenken. Den Kindern soll es  in einer Welt weiterhelfen, die teilweise sehr schwer für sie zu bewältigen ist. Für mich kann ich sagen, dass ich  an diesen Erfahrungen  mit meiner Persönlichkeit weiterkomme und spüre, dass ich  den Kindern auch etwas mitgeben kann.

Wenn Ihr mehr über meine Erlebnisse und Erfahrungen in meiner Schule und mit meinen Kindern erfahren möchtet, dann könnt ihr auch gerne  meinen Blog

 http://www.ems-online.org/programme/oekumenisches-freiwilligenprogramm/oefp-blogs-20132014/jonathan-suedafrika/

lesen und mir einen Kommentar schreiben. Ich würde mich darüber freuen.

Jonathan Sauer, Mitarbeiter aus der Wichern Gemeinde in Frankfurt - Praunheim      Jonathan ist zurzeit für 12 Monate in Südafrika

Spuren im Sand

Eines Nachts hatte ich einen Traum:
Ich ging am Meer entlang mit meinem Herrn.
Vor dem dunklen Nachthimmel erstrahlten,
Streiflichtern gleich, Bilder aus meinem Leben.
Und jedes Mal sah ich zwei Fußspuren im Sand,
meine eigene und die meines Herrn.
Als das letzte Bild an meinen Augen vorübergezogen
war, blickte ich zurück. Ich erschrak, als ich entdeckte,
dass an vielen Stellen meines Lebensweges nur eine Spur
zu sehen war. Und das waren gerade die schwersten
Zeiten meines Lebens.

Besorgt fragte ich den Herrn:
"Herr, als ich anfing, dir nachzufolgen, da hast du
mir versprochen, auf allen Wegen bei mir zu sein.
Aber jetzt entdecke ich, dass in den schwersten Zeiten
meines Lebens nur eine Spur im Sand zu sehen ist.
Warum hast du mich allein gelassen, als ich dich am
meisten brauchte?"

Da antwortete er:
"Mein liebes Kind, ich liebe dich und werde dich nie
allein lassen, erst recht nicht in Nöten und Schwierigkeiten.
Dort wo du nur eine Spur gesehen hast,
da habe ich dich getragen."

Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen – INKLUSION…

Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen – INKLUSION…

 

So ist es zu hören und zu sehen im Video „Inklusion“, was Ende des letzten Jahres in Frankfurt gedreht wurde, hier anzuhören und zu sehen!

 

http://www.youtube.com/watch?v=PWF37F2fbak&hd=1

 

Weshalb taucht dieses Video jetzt hier bei „angedacht“ auf, was hat das mit dem EJW oder Gott oder … zu tun?

Inklusion - das heißt in der Theorie und für mich persönlich alle Menschen anzunehmen, als Geschöpfe Gottes, sollte für Christen selbstverständlich sein. Und doch sind wir Teil unserer Gesellschaft, wo wir nicht so leben: Wir gehen in Schulen, die Menschen, die langsamer lernen, sich schlechter benehmen, eine Behinderung haben, nicht gut Deutsch können… weg sortieren auf andere Schulen. Nicht die Gaben und Fähigkeiten des einzelnen Menschen sehen und die entsprechende Unterstützung anbieten. So geht es weiter in vielen Teilen unseres Zusammenlebens, den Wohnvierteln, den Freundeskreisen, den Sportvereinen… Vieles ist aufgeteilt in arm/ reich, Familien und Alleinstehende, Migrationshintergrund, Alteingesessene…

Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen, alle – auch DU!- können dazu beitragen, dass sich etwas bewegt!

Ich war angerührt, als ich bei einer Veranstaltung des EJW einen jungen Mann traf, mit dessen Schwestern ich vor Jahren auf einigen Freizeiten war. Für ihn mit seiner Behinderung war es zu dieser Zeit im EJW nicht möglich mit auf eine Freizeit zu fahren. Es war einfach nicht üblich… Und 2013? Es wäre möglich! Im letzten Jahr waren Jugendliche mit den verschiedensten Behinderungen/ Beeinträchtigungen auf Freizeiten dabei. Es gab eine Fortbildung zum Thema Inklusion und immer wieder Veranstaltungen, wo sich sehr verschiedene Menschen treffen und sich gegenseitig mit ihren Stärken bereichern. Es wird immer selbstverständlicher… Da sollten wir alle am Ball bleiben!

Und weiter offen bleiben, auch wenn uns Themen herausfordern (was bei jedem ein anderes sein wird): Politische Haltung, Sexuelle Neigung, Lebensentwurf, Herkunft, ….. Denn Inklusion bedeutet nicht nur, wir nehmen Behinderte in unsere Gemeinschaft auf, sondern wir setzen uns auch mit Grenzen, die wir haben, auseinander und lassen uns herausfordern - Inklusion ist nicht immer leicht! Ich bin in meinem Alltag auch oft herausgefordert - genervt von Mitmenschen, kann mit ihren Schwächen und Besonderheiten schlecht umgehen, es fällt mir schwer die Unterschiede zu akzeptieren und die Stärken zu sehen. Dennoch nehme ich mir dies für das neue Jahr vor, alle Menschen, mit ihren Besonderheiten zu akzeptieren und wenn ich sie nicht gleich sehe die Stärken zu suchen, denn sind wir nicht alle ein bisschen… speziell?!

Das ist für mich auch die Brücke zum Christsein und zur Jahreslosung - Gott nahe zu sein ist mein Glück. (Psalm 73,28). Denn sind wir nicht jede/r für sich dann glücklich, wenn wir uns angenommen und unterstützt von Anderen fühlen. Unser Glück steht auch im Zusammenhang mit den Menschen, die uns umgeben und dem Umgang miteinander in unserem Umfeld. So können wir einen Beitrag leisten, dass es anderen Menschen gut geht und sie sich in der Gemeinschaft, die ihre Stärken sieht und Unterschiede akzeptiert, wohlfühlen.  Ich denke, solch ein Handeln sollte Ziel eines christlichen Lebens sein und die Herausforderung unser Leben zu gestalten. Deshalb möchte ich mit Worten aus der Bibel schließen, die darauf hinweisen, wie ein Leben in einer inklusiven Gesellschaft aussehen könnte.

So wie es Jesus in Matthäus 25, 35-41 beschreibt: Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. [36] Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen. [37] Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben, oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? [38] Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen, oder nackt und haben dich gekleidet? [39] Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? [40] Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.

 

Silke Henningsen

Lehrerin und ehrenamtliche Mitarbeiterin im EJW

Bibelarbeit von Dr. Eckart von Hirschhausen

gehalten auf dem Kirchentag in Hamburg 2013

Text: Johannes Evangelium 6, 1-15

Danach fuhr Jesus an das andere Ufer des Galiläischen Meeres, des Sees von Tiberias. Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen gesehen hatte, die Jesus an den Notleidenden tat. Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngerinnen und Jüngern. Pessach, das jüdische Fest, war nahe. Als Jesus aufblickte und eine so große Menschenmenge auf sich zukommen sah, sagte er zu Philippus: Wovon sollen wir Brot kaufen, damit sie alle zu essen haben? Das fragte er, um ihn herauszufordern, denn er wusste schon, was er tun würde. Philippus antwortete: Selbst Brot für 200 Dinare reicht nicht aus, damit alle auch nur ein kleines Stück bekommen. Andreas, ein Jünger Jesu, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: Hier ist ein Kind, das fünf Gerstenbrote und zwei Fische zu verkaufen hat, aber was ist das schon für so viele. Jesus sagte: Sorg dafür, dass die Menschen sich niederlassen. Dort war eine große Weidefläche. Sie setzten sich hin, etwa 5000. Jesus nahm die Brote, sprach das Dankgebet und verteilte sie an alle, die dort zusammen saßen, so viel sie wollten. Ebenso machte er es mit den Fischen. Als sie satt waren, sagte er zu seinen Jüngerinnen und Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke ein, damit nichts verloren geht. Sie sammelten. Mit den Stücken, die nach dem Essen von den fünf Gerstenbroten übrig geblieben waren, füllten sie zwölf Körbe. Da sahen die Menschen das Zeichen, das er getan hatte und sagten: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommt. Als Jesus erkannte, dass sie kommen und ihn mit Gewalt zum König machen wollten, zog er sich wieder auf den Berg zurück. Allein.

Was steckt da alles in diesem Text drin? Es geht um notleidende Menschen, die Jesus gefolgt sind, und Notleiden wird in der Übersetzung mit Kranksein gleichgesetzt. Also hat Jesus Kranke geheilt und vor allen Dingen auch Hungernden etwas zu essen gegeben. Und die Geschichte endet so ein bisschen wie bei „Life of Brian“, wo er zeigt: So, das war jetzt das Wunder, aber erwartet jetzt nicht, dass es so weitergeht. Und er bekommt ein bisschen Sorge, dass die 5000 ihm jetzt ständig auf der Pelle hocken. Er übernimmt am Anfang der Geschichte Verantwortung dafür, dass, wenn ihm Menschen folgen, er ihnen etwas zu geben hat. Und am Ende sagt er aber: Macht mich jetzt nicht zum König, macht euch nicht abhängig von mir, sondern versteht, dass genug da ist, wenn wir miteinander teilen. Das ist für mich der Bogen dieser Geschichte.

Im Einzelnen. Jesus fragt Philippus: Wovon sollen diese Menschen satt werden? Und der Bibeltext sagt: Er tut es, um ihn herauszufordern. Worin besteht die Herausforderung? Jesus weiß ja schon, was er gleich vorhat, aber Philippus wird noch kurz gebraten. Und was ist die Herausforderung an Philippus? Er fragt ihn: Hast Du schon genug Wunder in deinem Leben gesehen, in der Zeit, die du mit mir unterwegs bist? Um das für möglich zu halten, glaubst du selber stark genug, dass das möglich ist oder kommst du aus dem Mangel? Und was er antwortet, ist erst mal das, was alle Visionäre dieser Welt brauchen − einen Realitätscheck. Ist ja toll, wenn man behauptet: Ja, ja, die kriegen wir schon irgendwie satt. Aber dann braucht es auch einen, der sagt: Guck mal wie viel Geld wir haben, noch nicht mal mit 200 Dinar kriegen wir das hin. Und der andere Jünger, Andreas, sagt: Hier sind fünf Gerstenbrote und zwei Fische und das ist alles, was es im Moment gibt. Und dann sagt Jesus: Das reicht, das ist genug. Probieren wir’s doch wenigstens mal.

Ich glaube sein genialer psychologischer Schachzug ist, nicht den 5000 zu sagen: Passt auf, wir haben nur diese fünf Brote und zwei Fische. Rechnet euch mal aus: bei 5000 Leuten und fünf Broten kriegen tausend Leute ein Brot. Macht eine kleine Arbeitsgruppe, wie ihr das abwiegt und jeder nicht mehr bekommt als ihm zusteht. Was würde in diesem Moment passieren, wenn jeder das Gefühl kriegt: Shit, ich krieg nur einen Krümel. Jeder würde gucken, dass er sich zwei Krümel krallt. In dem Moment, wo Jesus aber sagt: Verteilt es, nehmt euch, so viel ihr wollt, unterläuft er unseren Egoismus, nämlich erst mal für uns zu sorgen. Indem er sagt „Es ist genug da für alle, wenn ihr das für möglich haltet“ reicht es tatsächlich.

Das erinnert mich ein bisschen an Paul Watzlawick, der viel über die self-fulfilling prophecy in der Psychologie geschrieben hat. Er sagte: Wenn alle Leute plötzlich, glauben, dass das Benzin knapp wird, gehen alle noch mal tanken. Und weil alle noch mal tanken gehen, wird das Benzin knapp. Und jeder fühlt sich bestätigt in seiner Annahme. So ein bisschen wie die Logik der Finanzkrise. Ich hab meine Oma einmal gefragt: Warum strickst du so hektisch? Da sagte sie: Ich muss fertig werden, bevor die Wolle alle ist. Und das zu unterlaufen und zu sagen: Nehmt euch so viel ihr braucht, so viel ihr wollt, war ein Zeichen, dass die Notleidenden und die Hungernden einmal das Leben eines reichen Menschen leben dürfen. Nämlich in diesem Moment im Überfluss zu leben und so viel zu essen, wie man will.

Wo stehen wir 2000 Jahre später? Wir stehen immer noch fassungslos vor der Kraft dieser Vision, dass es reichen könnte, und wir stehen auch alle hier so ein bisschen wie Philippus und Andreas, sagen: Guckt doch mal hin, es gibt doch sehr viel mehr Beweise in der realen Welt, dass es nicht geht, als dass es geht. Guckt doch hin, dass eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten zu wenig zu essen hat. Guckt doch hin, dass die Menschen in unserer Kultur auch nicht satt werden, weil sie alle denken, ich muss Diät halten. Wie pervers ist das, dass die eine Hälfte der Welt hungert und die andere Hälfte auf Diät ist?

Diese Wundergeschichte steht in einem großen Kontext von Wundern, die uns auch 2000 Jahre später immer noch rühren. Es ist das Wunder der Brotvermehrung, das so wichtig ist in der Bibel, dass es in allen Evangelien vorkommt, in manchen sogar zweimal. Diese Geschichte ist zentral, sie ist der Kern der christlichen und steht im Kontext zu der Geschichte von der Hochzeit in Kanaan, das Weinwunder. Das liebe ich auch am Christsein, dass wir die einzige Religion haben, in der Wasser zu Wein verwandelt wird. Wir haben eine Religion, die dem Rausch, dem miteinander Feiern auch den Alkohol zubilligt. Das ist doch mal was. Und als Mediziner denke ich sowieso, wir sind ein Wunder. Ich brauche da gar keine größeren Zeichen – wir sind ein verdammtes Wunder, jeder Einzelne von uns. Wir staunen, dass Jesus Wasser zu Wein verwandelt hat, aber wir staunen noch viel zu wenig, dass unser Körper in der Lage ist, aus dem ganzen Wein von gestern über Nacht wieder Wasser zu machen.

Es sind in der Geschichte Gerstenbrote, die verteilt werden, nicht Weizen. Gerste ist nicht besonders bekömmlich, egal, was man im Bioladen sagt. Aber historisch ist die Sesshaftwerdung der Menschen gekoppelt an den Anbau von Gerste. Nicht um Brot zu machen, sondern um Bier zu brauen. Das heißt, die Menschen wurden sesshaft, weil sie nicht mehr stehen konnten. Und was sagt Jesus zu den 5000? Setzt euch hin, macht‘s euch gemütlich. Da ist eine Wiese, Nahrung, Reichtum, Wasser, es ist alles da, was ihr braucht. Heute würde er sagen: Ey chillt. Setzt euch hin, relaxt, entspannt euch, es ist alles nicht so schlimm, es ist für euch gesorgt.

Und dass das Kind auftaucht in der Geschichte, um Brot und Fische zu verteilen, ist auch, nicht so wie man denken könnte, das romantische Bild, dass ein Kind einem die Hoffnung und das Heil bringt, sondern auch ein Zeichen dafür, dass Kinder zu dieser Zeit – wie heute auch noch in großen Teilen der Welt – mitarbeiten mussten. Dass das Kind Brot und Fische dabei hat, ist ein Zeichen dafür, dass es zum Leben für viele dieser Menschen damals nicht gereicht hat, was die Erwachsenen geschaffen haben. Es wurde in die Städte geschafft, es war Hunger – alltäglich.

Die Besonderheit, dass die Menschen so viel essen können, wie sie brauchen und wie sie wollen, ist die Haltung des Vermögenden, und ich finde, in dem Wort Vermögen steckt auch ein weiteres Körnchen. Es geht nämlich nicht darum, etwas anzuhäufen, sondern in „Vermögen“ steckt das Wort „Macht“, „etwas tun können“. D. h. ein Vermögender ist einer, der es vermag, etwas zu verändern. Reich ist, wer weiß, dass er genug hat.

Das bringt mich zu der Frage: Warum hungern wir auf dieser Seite des Globus? Wir Deutschen sind eine der übergewichtigsten Nationen der Welt. Nicht, weil es uns so dicke geht, sondern, weil wie wir heute wissen, Übergewicht maßgeblich aus Stress kommt. Wer nichts Besseres gelernt oder gezeigt bekommen hat als: Wenn ich Stress habe, betäube ich meine innere Leere mit hochkalorischen Dingen − mit Schokolade, mit Süßigkeiten, mit Chips, mit Pommes − der wird übergewichtig. In dieser Geschichte, die sagt „Du darfst so viel essen, wie du willst, es wird dir nicht mangeln“ ist wirklich auch heute ein Schlüssel zur Heilung unserer Gesellschaft. Wir müssen nicht mehr wissen über Kohlehydrate, Proteine und Nahrungsergänzungsmittel. Wer den Menschen ständig suggeriert „Du brauchst nur ständig das und das und das“, erzeugt weiter dieses Gefühl von Mangel.

Wir brauchen mehr Achtsamkeit in dem, was wir essen. Es gibt eine einfache Übung, die alle Diäten dieser Welt überflüssig machen kann, wenn man sie konsequent durchhält. Bevor man sich etwas in den Mund schiebt, muss man sich nur eine klitzekleine Frage stellen: Möchte ich daraus bestehen? Das, was ich esse, rutscht nicht unbesehen durch mich durch, sondern ist Bausubstanz, ist Energie, ist Lebenskraft für mich. Und wenn man sich fragt, möchte ich diesen Bissen als Teil von mir, dann ist einem ziemlich schnell klar, ob man sich das in den Mund schieben will oder nicht. Wir brauchen keine Waage, wir brauchen Reflexion. Wir brauchen eine Haltung, die es uns ermöglicht, uns hinzusetzen und kurz zu überlegen, wie es mir geht. Wir brauchen jemand, der uns sagt: Setz dich auf die Wiese, entspann dich. Es ist alles da, was du wirklich brauchst, überleg mal, bevor du dir das rein schiebst.

Wir wissen heute, dass positive Gefühle ansteckend sind und wenn wir jetzt von der materiellen Ebene wegkommen zur spirituellen Ebene dieses Textes, kann man sagen, wenn man Brot miteinander teilt, wird es weniger, aber wir wissen auch, dass es ganz viele Dinge gibt, die man miteinander teilen kann und die mehr werden. Viren, zum Beispiel. Und wir wissen auch aus der positiven Psychologie, dass Menschen, die gut drauf sind, wenn sie jemand anniest, weniger krank werden. Man kann sich anstecken mit Viren, aber man kann sich eben auch mit guter Laune anstecken, mit Hoffnung, mit Humor, mit Herzenswärme.

Wonach hungern wir wirklich? Wo ist unser Mangel und wo versuchen wir ihn mit etwas anderem zu betäuben? Das steckt für mich in diesem Text. Was ist der Unterschied zwischen einem Mann mit sieben Kindern und einem Mann mit sieben Millionen? Der mit den Millionen will weitere … Geld kann uns Brot kaufen. Ja, Geld kann glücklich machen, wenn wir sehr wenig davon haben und wenn wir die Existenzgrundlage damit sichern können. Wenn wir uns um bestimmte Dinge nicht mehr jeden Tag sorgen müssen. Aber dann macht es uns nicht satt und dann macht es uns glücklicher, wenn wir es teilen.

Teilen müssen wir lernen, am besten mit vielen anderen, am besten in der Familie. Ich habe drei Geschwister und musste das lernen. Meine Mutter war sehr pädagogisch und hat immer gesagt: Einer teilt, einer wählt. Und dann habe ich geteilt – nicht ganz in der Mitte – und mein Bruder hat ein Stück genommen, natürlich das größere. Da war ich sehr sauer und er fragte mich: Na, welches hättest du denn genommen? Da habe ich gesagt: Das kleinere. Und da hat er gesagt: Aber das hast du doch jetzt!

Ich hab in Heidelberg Medizin studiert und da erlebte ich einmal eine alte Dame, die wunderbare Gedichte geschrieben hat. Das schönste Gedicht, das ich über Wunder kenne, ist von Hilde Domin und hat nur drei Zeilen.

Nicht müde werden, sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten.

Wir können das Wunder nicht zwingen wie den Vogel, auf unserer Hand Platz zu nehmen. Wir können aber dafür sorgen, dass unsere Hand offen ist. Dass wir im Geben sind, dass wir nicht im Mangel sind, dass wir dankbar sind, dass wir merken, was alles da ist und dann die Hoffnung verbreiten, dass es reicht für alle.

Dr. Eckart von Hirschhausen

Wir bedanken uns sehr herzlich für die Abdruckerlaubnis ...

 

 

 


Ein Leib, viele Glieder

Angedacht November 2013

Ein Leib, viele Glieder

1. Korinther 12,12-31 (sehr frei nach der unrevidierten Elberfelder Bibel)

Denn gleichwie das EJW eins ist und viele Glieder hat, alle Glieder des EJW aber, obgleich viele, ein EJW sind: also auch der Christus. Denn auch in einem Geiste sind wir alle zu einem EJW geworden, es seien Pfadfinderinnen oder Mitarbeiterinnen, es seien Mitarbeiter oder Pfadfinder, und sind alle mit einem Geiste getränkt worden. Denn auch das EJW ist nicht ein Glied, sondern viele. Wenn die Heliand Pfadfinderinnenschaft spräche: Weil ich nicht Heliand Mitarbeiterschaft bin, so bin ich nicht im EJW; ist sie deswegen nicht im EJW? Und wenn die Stiftungen sprächen: Weil wir nicht Heliand Pfadfinderschaft sind, so sind wir nicht im EJW; sind sie deswegen nicht im EJW? Wenn das ganze EJW Heliand Pfadfinderschaft wäre, wo wäre der FEJ? Wenn ganz FEJ, wo die Heliand Bruderschaft? Nun aber hat Gott die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen ins EJW, wie es ihm gefallen hat. Wenn aber alle ein Glied wären, wo wäre das EJW? Nun aber sind der Glieder zwar viele, das EJW aber ist eins. Die Heliand Pfadfinderschaft kann nicht zu der Heliand Mitarbeiterschaft sagen: Ich bedarf deiner nicht; oder wiederum die Ortswerke zu der Heliand Pfadfinderinnenschaft: Ich bedarf euer nicht; sondern vielmehr die Glieder des EJW, die schwächer zu sein scheinen, sind notwendig; und die uns die unehrbareren des EJW zu sein dünken, diese umgeben wir mit reichlicherer Ehre; und unsere nichtanständigen haben desto reichlichere Wohlanständigkeit; unsere wohlanständigen aber bedürfen es nicht. Aber Gott hat das EJW zusammengefügt, indem er dem Mangelhafteren reichlichere Ehre gegeben hat, auf dass keine Spaltung im EJW sei, sondern die Glieder dieselbe Sorge für einander haben möchten. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; oder wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid das EJW Christi, und Glieder insonderheit. Und Gott hat etliche in das EJW Hessen gesetzt: erstens das EJW Bad Homburg, zweitens das EJW Bad Vilbel/Karben, drittens das EJW Butzbach, sodann das EJW Darmstadt, sodann das EJW Frankfurt, EJW Gießen, EJW Hanau, EJW Wiesbaden. Sind etwa alle vom EJW Bad Homburg? Alle vom EJW Bad Vilbel/Karben? Alle vom EJW Butzbach? Kommen alle aus dem EJW Darmstadt? Kommen alle aus dem EJW Frankfurt? EJW Hanau? EJW Wiesbaden? Eifert aber um die größeren Gnadengaben; und einen noch weit vortrefflicheren Weg zeige ich euch.

Im November finden die Jahrestreffen der drei Fachgruppen statt. Neue Ehrenamtliche werden berufen, andere geehrt, oder auch verabschiedet. Diese Treffen sind so unterschiedlich wie das EJW selbst und spiegeln die einzelnen Fachgruppen wider.

Die Heliand Pfadfinderinnenschaft (HMP) gestaltet den Gottesdienst bei ihrer Jahreswende sehr stimmungsvoll. Dabei sitzen sie im Kreis auf dem Boden, in der Mitte liegen Tücher und brennen Teelichter. Es ist eine familiäre Atmosphäre.

Beim männlichen Pendant, der Heliand Pfadfinderschaft (HP) geht es dagegen sehr formal und eher militärisch zu. Sie treten im Karree in der Reihenfolge der Stämme an und lassen Fanfaren erklingen.

In einem ganz normalen Jugendgottesdienst werden die neuen Mitarbeiter der Heliand Mitarbeiterschaft (HM) berufen. Dieser Gottesdienst fällt so vielfältig aus wie die einzelnen Mitarbeitergruppen sind, die ihn vorbereiten.

Alles zusammen ist „das EJW“. Wir alle sind ein Leib und was uns zusammenhält ist der gemeinsame Glaube an den lebendigen Christus. Es ist uns ein Anliegen, die Botschaft der Befreiung, wie sie im Angedacht des Vormonats von Fabian Vogt beschrieben wurde, weiterzugeben. Und ich bin froh, dass wir keine Ablassscheine verkaufen, sondern Kindern und Jugendlichen auch den vortrefflichen Weg aus der sehr frei übersetzten Bibelstelle am Anfang dieses Beitrages näher bringen dürfen. Übrigens ist der vortreffliche Weg in 1. Korinther 13,1-13 nachzulesen.

Stefan Birkner (ehrenamtlicher Vorsitzender des EJW Hessen)

 

 

Fabian Vogt

Endlich frei!

Von der Kraft der Erneuerung

 

                  Ich hätte Martin Luther gerne mal kennen gelernt. Diesen großen Angsthasen. Diesen Zweifler. Diesen Grübler. Diesen verzweifelt Glaubenden, der so lange das Gefühl hatte, dass sein Lebenswandel nicht perfekt genug sei: „Was ist, wenn mein Dasein den Ansprüchen Gottes nicht genügt und ich in die Hölle komme?“

Aus Angst ist er als junger Mann ins Kloster gegangen. Aus Angst hat er Theologie studiert. Ja, sein ganzes Denken war geprägt von seiner Furcht vor Gott. Bis er eines Nachts beim Bibelstudium auf diesen kleinen Satz aus dem Römerbrief stieß. „Allein aus Glauben seid ihr gerecht.“ Was? Kann das sein? „Allein aus Glauben“? Augenblick mal. Hat das Heil möglicherweise gar nichts mit meinen Fehlern und Macken zu tun? Könnte es sein, dass Gott es gar nicht schlimm findet, wenn ich wieder mal versagt habe?“

            Ich stelle mir vor, dass Luther damals in seinem Kämmerlein angefangen hat zu tanzen. Befreit. Überschwänglich. Im besten Sinne des Wortes: erlöst. „Wenn Gottes Zuwendung nicht mehr braucht, als dass ich sie annehme, dann ist jetzt Schluss mit der Angst. Dann ist ja zwischen Gott und mir alles im Lot. Denn Glauben habe ich. Unendlich viel.“

            Diese Erfahrung fühlte sich für Luther an wie eine Bekehrung, eine existentielle Erneuerung. Und das lateinische Wort für „Erneuerung“ heißt: Reformation. Sprich: Für den rundum erneuerten Bruder Martin gab es von nun an nichts Schöneres mehr, als auch allen anderen Christinnen und Christen von dieser fantastischen Erfahrung zu berichten: „Werft eure Ängste über Bord. Hört ihr: Glaube macht frei. Gott will euer Leben nicht eng, sondern weit machen. Was für ein Geschenk des Himmels. Lasst euch reformieren!“

            Na ja, und wenn man allein durch den Glauben gerecht wird, dann gibt es natürlich auch keinen Grund mehr, sich als Glaubender vor der Hölle zu fürchten. Und noch weniger Grund gibt es, sich mit so genannten „Ablassbriefen“ von den Qualen der Vorhölle frei zu kaufen. Denn das war damals der große Trend: „Bezahl für deine Sünden! Und: Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.“ Wirklich.

„So ein Quatsch“, sagte Luther, „ich bin doch schon frei.“ Deshalb schlug er fröhlich 95 kritische Thesen gegen den Ablass an die Wittenberger Schlosskirche. Am 31. Oktober 1517 soll das gewesen sein. Die Forscher streiten noch, ob es wirklich so vor sich ging. Das ist aber für die weitere Entwicklung ziemlich egal. Entscheidend ist: Zum ersten Mal wagte es ein einzelner Mensch, die Kirche grundsätzlich in Frage zu stellen. Ja, da behauptete einer ernsthaft, die Institution in ihrer momentanen Gestalt sei verlogen. Holla!

            Die damaligen Kirchenoberen, die mit den Ablässen nicht nur ihre spektakulären Bauprojekte finanzierten, wollten natürlich ungern auf die bequemen Einnahmen aus dem Ablass verzichten. Und so kam es zu einem Riesenstreit, Luther wurde exkommuniziert und … na, war am Ende quasi gezwungen, eine eigene Kirche zu gründen, weil die katholische Kirche seine große reformatorische Entdeckung von der „Gnade“ nicht akzeptieren wollte.

            2017 feiern wir den 500. Jahrestag des Thesenanschlags. Quasi die offizielle Geburtsstunde der Reformation. Das Jubiläum einer einzigartigen Erkenntnis: Das Heil eines Menschen hängt nicht von seinem Verhalten ab. Gott ist kein Erbsenzähler. Ihn interessiert nur eines: Ob ein Mensch ihn liebt. Und im Gegenzug lautet die Kernfrage an uns: Macht uns unser Glaube wirklich frei? Überwindet er unsere Ängste? Erleben wir bei Gott eine Geborgenheit, in der wir uns mit dieser Welt und dem Dasein versöhnen können?

Und das, nebenbei gesagt, kann in einem Leben ruhig mehrfach passieren. Weil Erneuerung – Gott sei Dank – nie abgeschlossen ist …

Fabian Vogt, Pfarrer in Oberstedten

  

Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir (Psalm 139,5)

Liebe Leser,

als Leitungsmitglied in der Heliand-Bruderschaft bin ich angefragt worden, ob ich nicht einmal eine Andacht für die EJW  Homepage schreiben könnte. Ich habe sofort zugestimmt und komme dem Anliegen heute nach.

Zuvor will ich doch erst einmal das Geheimnis lüften, wer sich hinter dem  Namen Heliand-Bruderschaft verbirgt: Die Heliand-Bruderschaft ist eine Gemeinschaft von Christen, die meist als junge Menschen im evangelischen Jugendwerk Hessen (EJW) entscheidende Wegweisung für Glaube und Leben erfahren und hier Verantwortung übernommen haben.

Sie gestalten ihr Leben als Christen nach verbindlichen Regeln, loben bei Gottesdiensten gemeinsam Gott, pflegen geistliche Gemeinschaft und tauschen sich aus über Themen aus Kirche und Gesellschaft.

Sie begleiten einander in Glaubens-  und Lebensfragen und stellen sich mit ihren Gaben und Fähigkeiten in den Dienst ihres Herrn Jesus Christus.

Das besondere Anliegen der Heliand Bruderschaft ist: die Jugendarbeit im EJW Hessen zu begleiten und zu fördern.

Die Heliand-Bruderschaft wurde bereits 1938 von Paul Both, dem langjährigen Oberleiter des damaligen Jungen- und Jungmännerwerks ( später EJW ) ins Leben gerufen.

Mit einem festlichen Gottesdienst, um 10 Uhr, in der Ev. Kirche von Oberstedten und einer sich anschließenden Festveranstaltung im Haus Heliand feiert die Heliand Bruderschaft, am Samstag, dem 02. November 2013, ihr 75-jähriges Bestehen.

Klaus Mosel

Mitglied der Leitung der Heliand Bruderschaft

Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir (Psalm 139,5)

Wenn ich in meinem Leben mit einem Bibelwort tiefe Glaubenserfahrungen machen durfte, dann mit diesem:

 Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir.“

 

Ich weiß, dass gerade junge Menschen häufig nicht davon erbaut sind, dass es ihrer Entwicklung gut tut, wenn da immer jemand ist, der einen ständig beobachtet und eventuell dann noch regulierend eingreift.

Und das ist doch ebenso wahr, dass es auch solche Stimmen gibt, die das Gegenteil  von sich behaupten: „Von allen Seiten stürmt es auf mich ein. Ich weiß keinen Ausweg. Ich finde mich nicht zurecht, bin einsam, kann mich nicht begreifen. Wo soll ich hin? Wo kann ich bleiben?“ Was ist dann, wenn darauf die Antworten ausbleiben und ich nur bei mir hängen bleibe?

Ganz anders der Psalmbeter. Er hat die Erfahrung gemacht: Es gibt eine Gegenwart, die mich in meinem Leben stützt, die für mich da ist, nicht zur Kontrolle. Er spricht vor allem vom Du, also einem Gegenüber, genau gesagt von Gott, als dem Du, dem ich wichtig bin:Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir.“

Der Psalmist hat andere Erfahrungen  in seinem Leben gemacht,  er hat  die Gegenwart Gottes gespürt, sich Ihm anvertraut und bei Ihm seinen Halt gefunden. Welch eine Gewissheit  geht von seinen Worten aus!

Ich wage zu behaupten, dass viele Einsamkeiten, auch in ihren gesellschaftlichen Ausformungen, damit zusammenhängen, dass vielen  Menschen heute das Bewusstsein der Gegenwart Gottes überhaupt abhanden gekommen ist.

Ich selbst habe in guten wie in schweren Tagen immer wieder die Gewissheit des Psalmisten facettenreich erfahren  dürfen. So erinnere ich  mich an frühe Kindheitstage mit ersten Glaubenserfahrungen, an die Bombennacht des 13. Februar 1945 über Dresden, in der die Stadt in Schutt und Asche gelegt wurde.

Ich höre noch heute meinen älteren Bruder seine ersten Gebete sprechen.  Es ist mein erstes Erleben von wundersamer Bewahrung, denn unsere Familie  überlebte unversehrt im Luftschutzkeller dieses Inferno.  Auch in weiteren Lebensjahren durfte ich die Gegenwart Gottes immer wieder spüren und Bewahrung erfahren. Ich denke  dabei auch an Wegweisungen, an den Jugendleiter, der mich als Jugendlicher  zu begeistern wusste und meine ersten eigenen Schritte zu einem mündigen Glauben begleitete.

Und dann an  Menschen bis heute,: Menschen, die einem hilfreiche Anstöße gegeben haben; Menschen, die dem eigenen Glauben vielleicht ein Stück voraus waren, die aber auch die eigenen Fragen ernst genommen haben und so zu glaubwürdigen „Gehilfen der Freude“ geworden sind, um einen biblischen Ausdruck dafür zu gebrauchen. Und diese Menschen habe ich vor allem in unserem Jugendwerk und in unserer Bruderschaft gefunden. Dafür bin ich sehr dankbar.

Andere Menschen haben ähnliche Erfahrungen  mit unserm Psalmvers gemacht. Tief beeindruckt hat mich der Wunsch einer meiner Nichten, doch als Leitwort über ihren  Traugottesdienst eben dieses Psalmwort zu stellen. Es würde sie seit Ihrer Konfirmation spürbar begleiten. Dahinter stand ein Brief ihres Großvaters, mit dem sie besonders innig verbunden war, der ihr zu ihrer Konfirmation u. a. schrieb: „Ich habe Dir zu Deiner Konfirmation dies Psalmwort vorgeschlagen Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir.“ …

Gibt es etwas Schöneres und Beglückenderes als von allen Seiten von Gott umgeben zu sein?

Da steckt doch das ganze Geborgensein drin und das Vertrauen darauf, dass fromme Menschen immer in Gottes Hände fallen und sie uns schützend decken. Da wird unser Schöpfer zur festen Burg, in der wir alles überstehen. “ Und der Großvater wusste, wovon er sprach, vertraute er doch seiner Enkelin in eben diesem Schreiben an, dass er als junger Soldat dem „Führer“ Adolf Hitler ganz verfallen war und damit vielen Anfechtungen ausgesetzt war.

„Erst die letzten Kriegsjahre,“ so schrieb er, „öffneten mir nach und nach die Augen und in einem schweren Artilleriefeuer der Russen liegend gedachte ich meines Konfirmationsspruches.“ Der Großvater überlebte,  kehrte zu seinem Glauben zurück und wurde ein tief gläubiger Mensch.

Dem gemeinsamen Lebensweg der Brautleute sollte nun auch unser Psalmwort vorangestellt werden,  was denn auch so geschah.

So kann ich heute dankbar rückblickend Lebenssituationen wie Mosaiksteinchen an Mosaiksteinchen legen. Sie alle fügen sich zusammen zu einem  Bild:  Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir.“ 

Der Weg des Glaubens ist nicht immer leicht und „soft“ und der Weg Gottes mit einem Menschen oft voller Geheimnisse und rätselhaft.       Oft bleibt uns noch etwas verborgen.

Und doch ist Gott da! Das durfte ich immer wieder erfahren. „Wir  sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“,  so benennt es der Apostel Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth (1. Kor. 13,12)

Ich glaube: das ist wahr. Das ist jetzt meine Situation und möglicherweise die Situation von uns allen auf unserem je eigenen Weg mit dem Glauben und zum Glauben.

Angefangen hat es damit, dass andere uns geleitet und überhaupt erst mit dem Glauben in Berührung gebracht haben. Dann gab es Momente, wo wir selbst zu sehen begonnen haben. Ich bin schon erkannt. Wir alle sind schon erkannt – in der tiefen Bedeutung, die dies Wort in der Bibel hat,

nämlich: Geliebt. Geliebt von Gott. Erkannt – das heißt angesehen und wahrgenommen als die, die wir sind – und dennoch und eben darin geliebt. So hören wir es und erfahren es.

Gottes Gegenwart glauben, für sie offen zu sein ist die Botschaft dieser Tage.

Klaus Mosel

Leitungsmitglied der Heliand-Bruderschaft

Prädikant

Direktor einer Gesamtschule i. R.

 

 

Geh mit Gottes Segen, ... auch in die Pfadfinderlager und Freizeiten am Ende der Sommerferien

Anspiel im Aussendungsgottesdienst 2013 in  Haus Heliand.    Thema: "Mit Jesus unterwegs..."

Der Aussendungs-Gottesdienst stimmt die Teamer der Pfadfinderlager und Freizeiten auf den Sommer ein. Hier werden die jungen Menschen für ihre wichtige Aufgabe in den Sommerferien ermutigt und gesegnet

Autor: Joachim Schlüter - Leitender Stammesführer der Heliand Pfadfinderschaft im Evangelischen Jugendwerk Hessen

Szene: Blick auf die Front eines Reisebusses. Mit insgesamt 6 Stühlen werden der Fahrerplatz, direkt daneben der Platz des Reiseleiters und mit 4 Stühlen dahinter die erste Sitzreihe dargestellt.

Ein zunächst unbekannter Gast  sitzt regungslos auf dem Platz des Reiseleiters. Er trägt eine blaue Jeans und ein schwarzes T-Shirt. Die Freizeitenleitung geht im Bus von hinten nach vorn und zählt die Anwesenden. Dann spricht sie in ein Mikrofon oder Megafon.

Freizeitenleitung : Ja, hallo, erst einmal und nun auch offiziell: Herzlich willkommen zu unserer Erlebnisreise für junge Leute ab 16 Jahren.  Ich bin übrigens der Günter, die Leitung dieser Freizeit. Klasse, dass ihr dabei seid! Ich und das gesamte Freizeitenteam freuen uns auf zwei großartige Wochen mit euch. Unterwegs mit dem EJW, dem Evangelischen Jugendwerk – das macht Spaß! Das wird eine tolle Zeit! Wir werden baden, wandern, Sport treiben, in der Sonne relaxen und über Gott und die Welt reden. Einfach alles, was zu einer spannenden Freizeit mit dem EJW dazugehört!

Leider sind wir noch nicht ganz vollzählig. Außerdem weiß ich im Moment gerade nicht, wo der Busfahrer ist. Ich habe ihn eben nur kurz gesehen. Anscheinend ist das Gepäck noch nicht verstaut.

Also, einen Moment müssen wir uns noch gedulden.

(Legt das Mikro/Megafon beiseite, zu dem unbekannten Gast gewandt):

So, und du könntest dich auch schon einmal auf deinen Platz setzen, bitte.

Der Unbekannte: Aber das hier ist mein Platz!

Freizeitenleitung: Nein, sorry, oh, das geht nicht! Hier vorne ist ein einzelner Extrasitz für die Reiseleitung! ICH bin der Reiseleiter! Dieser Platz ist für mich reserviert.

Wenn dir irgendwie leicht übel wird während der Fahrt, können wir mit den Leuten auf der nächsten Bank reden, ob sie bereit sind, sich weiter nach hinten zu setzen, dort ist noch genug Platz. Soll ich auch vorsichtshalber eine Tüte besorgen?

Der Unbekannte: Danke, mir wird nicht übel. Aber dieses ist mein Platz.

Freizeitenleitung:  Ach so, sorry: Sie sind der zweite Busfahrer! Das ist mir jetzt aber wirklich peinlich! Entschuldigen sie! Also ich bin Günter und leite diese Freizeit des Evangelischen Jugendwerkes. Wo ist denn der andere Fahrer?

Der Unbekannte: Der Busfahrer ist draußen. Und es gibt nur diesen Busfahrer. Ich bin KEIN Busfahrer. Ich habe nicht einmal einen Führerschein. Bislang habe ich mich überwiegend zu Fuß fortbewegt.

Freizeitenleitung: O.k., dann muss ich dich jetzt aber wirklich bitten, dir hinten einen Platz zu suchen. Wir sind sowieso schon ein klein wenig zu spät. Bist du denn schon angemeldet? (blättert in einer Anmeldeliste) Wie heißt du denn?

Der Unbekannte: Jesus

Freizeitenleitung: Wie bitte?

Der Unbekannte:  J-E-S-U-S : Jesus von Nazareth, der Auferstandene, der Christus.

Freizeitenleitung: Also, wir sind zwar das Evangelische Jugendwerk, und Jesus soll vorkommen bei uns, aber im Moment finde ich das nur begrenzt witzig.

Der Unbekannte: Aber ich bin es wirklich. Du glaubst doch an mich?!

Freizeitenleitung: (Seufzt.) Ok, wir gehen mal davon aus: Du bist es tatsächlich. Dann würde ich dich am liebsten bitten, nun den Bus zu fahren, und uns im Interesse eines reibungslosen Ablaufs zu unterstützen, so dass wir hier endlich mal losfahren können. Da du aber maximal auf einem Esel geritten bist, möchte ich dich ersatzweise bitten, dir weiter hinten nun einen Platz zu suchen.

Der Unbekannte: Das geht aber nicht. Hier vorn sitzt die Reiseleitung.

Freizeitenleitung:  Ja, und das bin ich!

Der Unbekannte: Hast du nicht beim Vorbereitungstreffen gebetet: "Herr Jesus, führe und leite uns"?

Freizeitenleitung: Ok, weil das so gut zu dem Psalm passte, den ich vorgelesen habe.

Der Unbekannte: Was ist mit den "Gesprächen über Gott und die Welt", die du vorhin angekündigt hast?

Freizeitenleitung:  Im EJW sagen wir: "Jesus muss vorkommen." - Aber das ist doch keine Einladung, dass du hier gleich alles an dich reißt. Wir haben ein super Programm vorbereitet.  Wir haben alles im Griff. Du musst dich nicht einmischen. Wir kommen zurecht.

Der Unbekannte: Und wie sieht dann MEINE Aufgabe aus, bei euren EVANGELISCHEN Kinder- und Jugendfreizeiten?

Freizeitenleitung:  Naja, ich denke da irgendwie an so einen allgemeinen Segen, das alles gut klappt und das die Jugendlichen Spaß haben, eine tolle Gemeinschaft und so.

Ja, und dann haben wir da noch die Gesprächsgruppen. Das ist manchmal etwas zäh, zugegeben, die Jugendlichen sind manchmal unruhig oder machen nicht mit und alle sind froh, wenn es vorbei  ist. Also: Dabei kannst du gerne mitmachen.

Der Unbekannte: Du meinst: Wenn nichts mehr läuft, dann darf ich helfen?

Freizeitenleitung: Ja...nein, die Abendandachten sind cool und laufen meistens. Aber es gefällt mir nicht, dass du dich überall einmischt. Du bist doch auch sonst nie dabei.

Der Unbekannte: Doch, ich bin dabei. Du weißt doch: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen". Nur, DU hast mich nicht gesehen.

Freizeitenleitung: Und warum sehe ich dich jetzt auf einmal?

Der Unbekannte: Weil du warten musst. Du hetzt gerade nicht von Aufgabe zu Aufgabe. Du bist sonst immer so beschäftigt, dass du überhaupt keine Zeit zum Sehen hast. Ich dachte, es wäre nun ein guter Zeitpunkt, um mit dir einiges zu besprechen.

Freizeitenleitung:  Aber warum? Es läuft doch alles.

Der Unbekannte: Und was ist mit den Liederbüchern?

Freizeitenleitung: Liegen dort hinten in der Postkiste.

Der Unbekannte: Du hättest sie vergessen, wenn ich dir nicht im letzten Moment ins Ohr geflüstert hätte (beugt sich vor): Denk an die Liederbücher!

Freizeitenleitung: Was, das warst du? Naja, das kann man im Nachhinein immer gut sagen.

Der Unbekannte: Aber was ist mit dem Jungen, der letztes Jahr so ein furchtbares Heimweh hatte?

Freizeitenleitung: Das hast du mitbekommen? Die Situation habe ich super gelöst. Da bin ich wirklich stolz auf mich!

Der Unbekannte: So? Ursprünglich wolltest sagen: "Mann, sei keine Memme! Reiß dich zusammen und hör auf zu heulen! Alle anderen lachen über dich!" Nach einem kleinen Gedankeninput von einer dir nahestehenden Person, hast du dir zwei Stunden Zeit genommen und erfahren, dass seine Eltern gerade richtig Stress miteinander haben und konntest ihn trösten.

Freizeitenleitung: Daran kann ich mich gar nicht erinnern.

Der Unbekannte: Ich könnte noch viel mehr tun, aber meistens lässt du mich erst gar nicht zu Wort kommen.

Freizeitenleitung: Naja: Frühstück, Strandprogramm, Workshops… Ich denke du hast wichtigeres zu tun.

Der Unbekannte: Aber wie willst du Menschen von mir weitererzählen und sie zu mir einladen, wenn ich nicht in allem bin und alles durchdringe? Wie passen deine Unbeherrschtheit, deine schlechten Witze, dein Lästern und deine kleinen Lügen mit deinen Andachten überein?

Freizeitenleitung: Du weißt gar nicht, was so eine Freizeit für einen Stress bedeutet! Mach du mal so eine Reiseleitung!

Der Unbekannte: Würde ich ja gern, aber du lässt mich ja nicht!

Ich möchte mit euch diese Freizeit gestalten und ich möchte euch segnen. Aber das klappt nur, wenn ihr mich auch Reiseleitung sein lasst, oder, wie es in meinem Wort steht, "Herr" sein lasst.

Ich möchte euch meine Weisheit, meine Liebe und meinen Rückenwind schenken… Aber nun muss ich erst einmal wieder verschwinden.

(Der Unbekannte flüstert Günter ins Ohr): Denk darüber nach, was ich dir jetzt gesagt habe!

(Dann wieder laut:) Der Busfahrer kommt gleich. Er hat den letzten Bissen seines Brötchens verspeist und seinen Kaffee ausgetrunken. Der Arme war völlig unterzuckert.

(Der Unbekannte geht zur Seite weg und verschwindet.)

Freizeitenleitung (hinter dem Unbekannten her): Woher weißt du das?

Der Unbekannte (dreht sich noch einmal um und zuckt überlegen, souverän, geheimnisvoll mit den Schultern.)

Thorsten (betritt etwas abgehetzt den Bus): Puh, hallo, ich bin Thorsten.

Freizeitenleitung: Mensch, Thorsten, wir warten schon die ganze Zeitz auf dich! Wo bist du denn gewesen? Wie gut, dass der Busfahrer auch noch nicht da ist.

Thorsten: T'schuldigung, ich habe überall den Christopher gesucht, der fährt auch mit. Oder hast du ihn schon gesehen?

Freizeitenleitung: Nee, angemeldet hat er sich noch nicht.

Thorsten: Er ist so Mitte zwanzig und hat  – glaube ich – ein schwarzes T-Shirt und eine blaue Jeans an.

Freizeitenleitung: WAS??? Ich glaube, er WAR bereits kurz im Bus!!!

(von Thorsten abgewandt in Richtung Publikum) Ich fasse es nicht! Ich bin so dämlich! Der hat mich so verarscht! Zu guter Letzt habe ich tatsächlich geglaubt, dass es Jesus ist! Mann, ich bin so ein Idiot!

Christopher (betritt (ebenfalls) in blauer Jeans und schwarzem T-Shirt den Bus.)

Thorsten: Mann Christopher, da bist du ja endlich! Ich habe schon überall nach dir gesucht!

Freizeitenleitung: Was, DU bist Christopher?

Christopher: Tut mir leid, ich musste noch einmal zurück zum Auto, weil ich mein Handy vergessen hatte.

Busfahrer (betritt den Bus): Entschuldigen sie, ich musste schnell noch einen Happen essen, ich fühlte mich schon richtig unterzuckert!

Freizeitenleitung: Ach wirklich?

Busfahrer: Aber jetzt kann es losgehen. Sind alle da?

Freizeitenleitung: Äh, ja, jetzt sind wir vollzählig – zumindest soweit man sehen kann.

Ähem.. ich glaube ich würde heute gern noch ein Gebet sprechen, bevor wir losfahren…

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Geh mit Gottes Segen.
Er halte schützend seine Hand über dir,

        bewahre deine Gesundheit und dein Leben
        und öffne dir Augen und Ohren für die Wunder der Welt.
Er schenke dir Zeit, zu verweilen, wo es deiner Seele bekommt.
Er schenke dir Muße, zu schauen, was deinen Augen wohl tut.
Er schenke dir Brücken, wo der Weg zu enden scheint
         und Menschen, die dir in Frieden Herberge gewähren.
Der Herr segne, die dich begleiten und dir begegnen.
Er halte Streit und Übles fern von dir.
Er mache dein Herz froh, deinen Blick weit und deine Füße stark.
Der Herr bewahre dich und uns. Amen.

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Finnen und Pfadfinderführer, so sende ich euch nun aus eure gute Arbeit zu tun auf allen Lagern und Freizeiten und beauftrage euch mit der Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben, verantwortlich vor Gott und den Menschen.

Und viel Spaß und gute Erfahrungen auf allen Pfadfinderlagern und Freizeiten in diesem Sommer ...

 

 

 

 

 

 

Angedacht Juli 2013 - Im Aufbruch liegt Segen!

Im Aufbruch liegt Segen!

Abraham kommt aus seinem Zelt. Er schaut sich um: Die Felder und Weiden, weites Land, von der Sonne verwöhnt. Hier kennt er jeden Stein. Von klein auf ist er hier rumgeturnt. Hat sein ganzes Leben hier verbacht und die Herden seines Vaters Terrach gehütet. Er reckt sich. „Ein schöner Morgen!“ denkt er und genießt die Sonne, die ihm ins Gesicht scheint. Da hört er plötzlich eine Stimme und weiß, dass es Gottes Stimme sein muss. (1. Mose 12,1-4a): „Geh aus deinem Land und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ Unter weiter erzählt die Bibel: Abram zog aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, und Lot, sein Neffe, zog mit ihm. Einfach so, mir nichts, dir nichts, als wäre es das normalste der Welt…

Einfach so? – Halt Abram! Denk nach! Du kannst doch nicht einfach loslaufen, alle Zelte abbrechen. Hier geht es dir doch gut! Deine ganze Sippe ist da, deine Freunde und Verwandte. Warum willst Du weg? Jetzt alles abbrechen, das ist doch Wahnsinn! Und das Ganze völlig ohne Sicherheiten? – Doch Abram zog aus, wie der HERR zu ihm gesagt hatte, und Lot, sein Neffe, zog mit ihm.

Abram aber geht nicht einfach so. Er hört. Er hört hin und hört die Stimme Gottes. „Geh aus deinem Land. Brich auf aus deinen Routinen. Trau dich zu neuen Ufern. Trau dir was zu. – Ich trau dir was zu. Geh! – Und ich will dich segnen. Und du, du wirst ein Segen sein!“

Und Abram spürt: Aus der Zusage Gottes, aus seinem Segen, fließt für ihn so viel neue Lebenskraft, Energie. Plötzlich ist da ist kein Zweifel mehr. Gott ruft und er kann gehen. Auf seinem Aufbruch liegt Segen.

Ein solcher Aufbruch ist für mich beeindruckend. Wenn das doch immer so laufen würde: Peng – Geistesblitz – Vom Segen Gottes getroffen! Und ich weiß, wo es hingeht mit mir und los geht’s. Bei mir ist das eher so, dass ich meist sehr lange überlege, wie meine nächsten Schritte aussehe. Oftmals kann ich mich nicht entscheiden oder drücke mich um eine Entscheidung herum. Ist das richtig, was ich vorhabe? Verbaue ich mir mit einem solchen Schritt etwas? Was verliere ich, wenn ich das mache? Ist es das wert? Solche Fragen und Entscheidungen sind dann oftmals sehr quälend für mich und für andere. Denn auch sie wissen nicht, wo sie bei mir dran sind, was ich plane und so. Deshalb beeindruckt mich die Klarheit und das Vertrauen Abrahams. Er geht aufgrund der Verheißung Gottes. „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein!“ Er geht, weil er glaubt, dass auf seinem Aufbruch Segen liegt. Damit ist für ihn nicht klar, was kommt. Und wer seine Geschichte (1. Mose 12-25) kennt, weiß, dass das Leben noch so manche Überraschung für ihn bereit hält. Er geht aber im Vertrauen auf Gottes Segen und darauf, dass Gott ihm ein Land zeigen wird und ihn in ein Leben führt, das jenseits des jetzigen ist. Ein solches Vertrauen wünsche ich mir und allen, die vor Veränderungen in ihrem Leben stehen und ich hoffe auf die Verheißung, dass in einem solchen Aufbruch Segen liegt.

Pfarrer Tim Bürger, Landesjugendpfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau - bis Sommer 2013

ANGEDACHT: „… und wie viel brauchst Du?“

„Soviel du brauchst“ - Eine merkwürdige, komische Losung für einen deutschen Kirchentag. So war mein erster Gedanke, als ich die Einladung nach Hamburg las. Was soll das, hier in unserem Wohlstandsland? Wo doch die meisten offensichtlich genug haben -  ja, oft mehr als sie wirklich brauchen. Die unvorstellbar hohe Menge täglich weggeworfener Lebensmittel kam mir spontan in den Sinn.

Mit einer kleinen Gruppe von Freunden im Umfeld von EJW und Heliand-Bruderschaft habe ich einen sehr  intensiven Kirchentag erlebt. Klar ist mir schnell, dass es um „soviel du brauchst“ geht – nicht um „soviel du willst“:  Das ist nicht selten maßlos – und dann auch zerstörerisch für andere und für mich selbst. Mit der Losung „Soviel du brauchst“ habe ich  in Hamburg mit jedem Tag  neue Entdeckungen gemacht und Anfragen erlebt - an mich persönlich und mein Leben in dieser Welt. Besonders die Bibelarbeiten haben für mich die Vielschichtigkeit dieses alten Bibelwortes in seinen aktuellen Aspekten näher gebracht. Ich werde noch eine Weile daran zu kauen haben um klarer zu kriegen, was daraus für mich, meinen Glauben und meine Lebenspraxis folgert …

„Soviel du brauchst“, vor 3000 Jahren: Nach langer Wanderung durch die Wüste sind die Israeliten ausgelaugt und ausgehungert. Vom "gelobten Land“, das Gott  ihnen versprochen hat, ist weit und breit nichts zu sehen. Die Situation scheint aussichtslos. Sie sehnen sich nach den Fleischtöpfen Ägyptens zurück. Dahin, wo es bei aller erlittenen Unfreiheit und Rechtlosigkeit wenigstens genug zu essen gab. Laut und heftig schwillt ihr Murren gegen Mose und Gott an. Da verheißt ihnen Gott „Fleisch am Abend und Brot am Morgen“. Kaum zu glauben! Und er gibt die Anweisung „Sammelt ein soviel ihr braucht“. Tatsächlich geschieht sie, diese wunderbare Speisung, mit Wachteln und Manna. Alle werden satt - und zwar Tag um Tag, 40 Jahre lang!  Nur horten sollen sie das „Brot“ nicht und nicht mehr sammeln als sie an einem Tag brauchen – denn das „zu viel“ verdirbt, stinkt. (Es lohnt sich, die spannende Geschichte um 2.Mose 16,16 herum zu lesen).

Gott sagt zu, dass alle satt werden: „Sammelt ein SOVIEL ihr braucht – mehr nicht!“
Das ist seine klare Anweisung, damit Menschen leben können.

„Soviel du brauchst“: Könnte das die entscheidende Voraussetzung sein für die (endlich) erfolgreiche Strategie Gottes und seiner Menschen gegen den Hunger in der Welt? (Übrigens: Ernährungswissenschaftler sind sich sicher, dass die Erde eigentlich genug für alle hat!).
Und gegen die schreiende Ungerechtigkeit ungleicher Verteilung von Reichtum und Lebenschancen auf der ganzen Erde, aber auch in unserem Land? Gegen das heutige Verschleudern der natürlichen Lebensgrundlagen, gedacht und nötig für künftige Generationen?

„Soviel du brauchst“: Stellen wir uns der Zumutung, stellen wir uns der Gretchen-Frage:
„Wie viel“ ist soviel? (Und wie viel ist  zu viel?)
Wie viel brauchst du, brauche ich …  zum Sattwerden, glücklich, zufrieden sein??
Statistiker haben herausgefunden, dass jeder von uns hier in Deutschland 10.000 Gegenstände besitzt – im Durchschnitt natürlich. Die Zahl hat mich erschreckt. Denn jedes dieser 10.000 Dinge bindet meine (Lebens-) Zeit, meine Kräfte (abgesehen davon, dass es   einen materiellen Wert darstellt, den andere damit nicht zur Verfügung haben.) Was und wie viel davon brauche ich wirklich?

Wagen wir doch einmal ein „Test yourself“ am Beispiel von drei Grundbedürfnissen unseres Lebens hier und heute: 
> Was und wie viel brauche ich zum Essen, zum Sattwerden?
–  Jeder weiß aus Erfahrung: Satter als satt geht nicht. Und: „Zuviel“ macht nicht nur träge und Bauchweh, es macht oft auch dick und richtig krank. Im Detail: Wie viel Fleisch brauche ich?
- Ein „Zuviel“ ist nicht nur ungesund für mich (auch wegen der Produktion in Massentierhaltung), sondern verschwendet wertvolle Nahrungsmittel als Tierfutter, produziert Hunger und schädigt die natürlichen Lebensgrundlagen anderswo, um nur einige Aspekte zu nennen.
> Wie viel an Handy, Smartphone, Computer, Facebook…, Fernsehen… brauche ich?
- Ein „Zuviel“ an elektronischer Kommunikation heißt keine Zeit besitzen für anderes! Für direkte Begegnung mit anderen Menschen, für Gemeinschaft … und für mich selbst. Es macht unruhig, unsensibel, unzufrieden, oft abhängig und krank. Und natürliche Ressourcen (wertvolle Erden, Energie…) werden unwiederbringlich verschwendet.
> Wie viel Arbeit, wie viel Geld brauche ich?
- „Zu viel“ Arbeit – überfordert, macht mich kaputt und krank (abgesehen davon, dass anderen der Lebenserwerb dann vielleicht fehlt). Jeder von uns weiß das. Und das Geld, das ich mit der Arbeit verdiene? Die Sorge vor Diebstahl, um die richtige Anlage und vor Wertverlust lässt nicht schlafen, lähmt. Glücklich und zufrieden macht ein „Zuviel“ auch hier nicht.
Bei materiellen Bedürfnissen lassen die Beispiele sich vermutlich unbegrenzt erweitern – und die „Zuviel“-Folgen werden sich ziemlich ähneln. Immer, so scheint es, wird ein „Mehr als du brauchst“ früher oder später lebensfeindliche, ja zerstörerische Konsequenzen haben. Für uns selbst bzw. Menschen irgendwo sonst auf der Welt.

„Soviel du brauchst“: Eine Verheißung Gottes für mich und alle Menschen - und zugleich eine herausfordernde ethische Handlungsmaxime für die Entscheidungen in meinem Alltag und weit darüber hinaus. Nicht nur bis zum Bundestagswahl, zur Frage nach dem neuen Auto und der Altersabsicherung. Eine echte „Zumutung“! Daran habe ich noch zu kauen, immer wieder neu. Ich glaube fast, das könnte eine Lebensaufgabe werden …

Übrigens geht es dabei keinesfalls um das Propagieren eines radikal asketisch-kargen Lebens. Das hat Gott nie gefordert, immer wieder hat er „Leben in Fülle“ verhießen. Aber eben mit einer anderen Qualität als der Fülle der Konsumtempel. Nicht nur Pfadfinder wissen, mit wie wenig man zum Beispiel auf einer Fahrt auskommen kann, wirklich nicht mehr braucht und dabei tief zufrieden und glücklich ist.

 „Soviel du brauchst“: Und wie ist das mit dem, was ich an Anerkennung, Liebe, Wohlfühlen, Freude, Lebenslust, Mut … -  ja an Gottes-Glauben brauche? Ich möchte darauf vertrauen, dass auch da  Gottes Verheißung gilt und er „soviel du brauchst“ schenkt.  Damals wie heute. Wenn ich hier weiterdenke: Sollte auch da gelten: „Sammelt ein soviel ihr braucht – mehr nicht“?  Weil ein Zuviel an Anerkennung… vielleicht nicht gut tut, überheblich machen kann, andere beschädigt, ihnen unter Umständen das Ihre wegnimmt?
Und was das gesamte Leben von uns Menschen angeht: Satter als „lebenssatt“ (der biblische Ausdruck höchster Lebenserfüllung) geht ja auch nicht!

Trotzdem – eine Dimension unseres Lebens scheint bei all dem ausgespart: Immer wieder erfahren Menschen ganz persönliche Dunkelheiten, erfahren Bedrohung, Unterdrückung, Angst, Unrecht, Enttäuschung und Schmerz. Wenn ich leise frage, wie viel ist dafür die Verheißung „Soviel du brauchst“ wert?
Christian Führer, der frühere Pfarrer der Nikolaikirche in Leipzig, der Geburtsstätte der kirchlichen Friedens- und Freiheitsbewegung in der DDR, konnte  dazu bei einer Abendveranstaltung ein beeindruckendes Zeugnis ablegen. Bei allen Widrigkeiten politischer Repression hat Gott ihm und anderen immer soviel Kraft und Glauben, soviel Geduld, Zuversicht, Mut und Kreativität geschenkt wie nötig.  Er konnte die Wahrheit der Verheißung „Soviel du brauchst“ in dieser Zeit erfahren.

Erinnert hat  mich der starke Bericht Christian Führers an das große Hoffnungswort Dietrich Bonhoeffers: "Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir sie brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen" – eben: „Soviel du brauchst“. Mehr ist nicht nötig.

Peter Kosmehl

Ehemaliger Vorsitzender des EJW  Wiesbaden; Berufsschullehrer und Lehrerausbilder in der Freistellungsphase

 

 

 

 


„Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“

„Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“

Dieser Vers aus Psalm 98 ist der Wochenspruch des Sonntags Kantate, der in diesem Jahr am letzten Aprilsonntag gefeiert wurde. Wenn ich ihn höre, summe ich innerlich gleich die Melodie von Rolf Schweizer von 1963 mit. Als Grundschülerin lernte ich dieses Lied im Kinderchor meiner Gemeinde Ende der sechziger Jahre kennen. Seitdem singen diese Psalmworte in mirSinget dem Herrn ein neues Lied, den er tut Wunder“ Für mich ist dieses strahlende Lied auf das engste mit der Erinnerung an unseren langjährigen Organisten verbunden. Unser Organist war ein begeisterter Anhänger des sogenannten „neuen geistlichen Liedgutes“, das in der damaligen Zeit entstand. Mit seinen Chören brachte er einen ungewohnten Schwung in die recht steifen Gemeindegottesdienste. Aus der sonntäglichen Liturgie stieg er gerne aus. Dann erklangen einige Jazztöne von der Orgel – überschäumend vor Lebenslust und Leidenschaft. 

 

Unser Organist war blind. Für seine Chorproben benutzte er Partituren in Blindschrift – aber eigentlich kannte er alle Lieder auswendig. Die Musik lebte einfach in ihm. Vor seinem „inneren“ Auge sah er alles, was seinen Augen äußerlich verborgen blieb. Vielleicht, so schien es mir, sah er die Welt, wie sie von Gott gedacht war und in den Lobpsalmen der Bibel besungen wird – nicht von Zerstörung und Tod gezeichnet, sondern von Schönheit und Leben durchdrungen. Ein Blinder hat mich durch das Singen für mein Leben sehend gemacht.

 

Glauben ohne Singen kann ich mir nicht vorstellen. Wenn ich singe, werden meine Lungen und meine Seele weit. Lebensatem kann in mich einströmen. Worte und Töne gewinnen Raum in mir. Das lateinische Wort für „Loben“ heißt „magni-ficare“ Man könnte es mit „groß machen“ oder „groß werden lassen“ übersetzen. Bei Singen lassen wir Gott in uns groß werden, geben seiner Schöpferkraft Raum und spüren seiner Botschaft nach. Durch das Singen wird das in uns Wirklichkeit, was wir über den Verstand nur schwer fassen können: Nämlich als Getragene durch’s Leben gehen zu können. Von Gott, dem Vater, gesehen zu werden, von Jesu Worten und Taten geleitet und Gottes Geist gestärkt zu sein.             

Ursula Schoen

 

…da kannst du dich drauf verlassen!“

Liebe Leserin, lieber Leser,

Ich kann mir gut vorstellen, dass auch Sie diesen Satz in der einen oder anderen Situation selbst schon einmal gebraucht haben.  Und je nach dem, hatte er vielleicht diesen oder jenen  Klang:

-          …da kannst du dich drauf verlassen: Das kann eine Drohung sein, wenn es um eine Forderung geht oder um einen Streit.

-          …da kannst du dich drauf verlassen: Verlass dich drauf, ich komme zurück und hole mir, was mir gehört...

-          …da kannst du dich drauf verlassen: Du kannst wirklich auf mich zählen! Ich bin immer für dich da.

-          …da kannst du dich drauf verlassen:

Wenn du dich auf jemanden und irgendetwas verlässt, bist du verlassen!

Demnach: vielfältige und die unterschiedlichsten Erfahrungen können in diesem Satz versteckt sein, der einerseits irgendwie ein Versprechen ausdrückt, und andererseits einen hilflos zurücklassen kann  oder einen Menschen in eine Ecke stellt, wie ein (altes) Möbelstück.

Ich erinnere, wem ursprünglich – im Alten Testament – und zuallererst dieser Satz gesagt wurde: Josua. Die hebräische Bibel erzählt, dass er der Diener und der engste Vertraute von Mose war. In dieser Rolle hatte er schon so manche schwierige Aufgabe gelöst, aber bisher irgendwie immer aus der zweiten oder dritten Reihe.

Jetzt steht das Volk Israel kurz vor der Überschreitung der Jordan – und nun hört Josua seinen Auftrag: Mach dich auf und zieh mit dem ganzen Volk ins gelobte und verheißene Land. Ich kann mir gut vorstellen, dass Josua an diesem kritischen Punkt seines Lebens und  in einer umfassenden Situation der Krise sich überhaupt nicht gut gefühlt hat, und höchst verunsichert war – deshalb heißt es sehr eindrücklich und wird  mehrmals wiederholt: „Es soll dir niemand widerstehen können, wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich mit dir sein. Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht.“

Wer dreimal etwas gesagt bekommt, hat es wohl mindestens zweimal nicht geglaubt – oder hat es mindestens zweimal nicht so verstanden, wie es eigentlich gemeint war.

Wenn das mit Josua so wäre, wäre das für uns ja überhaupt nichts Neues.

In der Bibel, ob nun im Alten oder wie auch später im Neuen Testament bekommen wir es immer mit Typen zu tun, die oft nicht gleich beim ersten Mal voll verstanden haben, worauf sie ihr Vertrauen stützen könnten.

Denken wir an die besondere Situation Karfreitag: Lähmendes Entsetzen hatte sich über die Freunde Jesu gelegt, alles und alle schienen wie erstarrt, von allem und vor allem von dem verlassen, auf den bisher Verlass war.

Oder denken wir an Petrus, der bisher, egal in welcher Situation, Jesus gesagt hatte: Auf mich kannst du dich verlassen. Der ihm Verlässlichkeit in jeder Krise versprochen hatte, sogar bis in den Tod. Und nun lügt er, dass sich die Balken biegen und kann sich dann nur noch die Ohren zuhalten, als der Hahn drei Mal krähte.

Oder sehen wir auf Judas: Auf ihn ist zweifelsfrei Verlass im Spiel der Mächtigen – dabei versinkt er in Verzweiflung darüber: Wie leicht der Mensch missbraucht werden kann und Mördern zum Handlanger wird.

Oder sehen wir auch die weiteren Freunde von Jesus: Sie sind alle wie vom Erdboden verschwunden. Bräuchte jetzt jemand ihre Hilfe und Unterstützung oder ihren guten Rat, darauf konnte nun niemand mehr zählen.

Trotz alledem: Dass am Karfreitag, und erst recht an Ostern, ganz und gar  auf niemanden und nichts  mehr Verlass gewesen wäre, stimmt nicht – Gott sei Dank:  

Denn da gibt es noch Maria aus Magdala und die andere Maria: Diese Frauen allein sind im Schock der tiefen Trauer noch fähig, die Gleichzeitigkeit extremer Gefühle zu ertragen. Auch in einer Situation der Verlassenheit, nichts und niemanden fallen zu lassen. Da, bei ihm wollen sie sein, wo ihre Liebe ist.Da gehören sie nach ihrem Gefühl hin.

Warum sollte dieses Grab sich nicht auch öffnen und ihnen die Botschaft anvertrauen: Auf Gott ist Verlass;  Gott will, dass er lebt. Und noch mehr: Nichts und niemand soll euch klein machen, euch die Freundschaft und die Liebe zu zerstören, euch nicht die Wahrheit verraten lassen, oder den Glauben, oder die Hoffnung. Und mit dieser Nachricht kommen die Frauen zurück, zu denen, die sich versteckt halten und die es überhaupt nicht glauben können.

Und es braucht seine Zeit, bis sie dem großen Versprechen glauben können:

Die Fessel des Todes und der Ängste sind gesprengt. Kaum fassbar und doch wahr: Seit Ostern sitzen auf allen Grabsteinen Engel, darauf ist Verlass.

Seit Ostern sitzen die Engel schon drauf, ehe die Steine aufgerichtet wurden.

Seit Ostern gibt es genug Mut und Trost und Unverzagtheit, gegen alles und gegen alle aufzustehen, die Menschen mit dem Tod regieren.

Und hörbar wird auf jedem Grabstein die Stimme des Lebens: Fürchtet euch nicht, blickt nicht zurück, seht nach vorne, weg von den Gräbern, dem Christus nach, der unterwegs ist in Richtung Leben. Ihr seid ihm wichtig, du bist ihm wichtig, und jetzt bist du dran. Auch wenn es dir gar nicht so leicht fällt, dem Glauben zu schenken, auch wenn so viel dagegen spricht, auch wenn so wenig Gutes zu erwarten sein sollte und die Zukunft so weit weg ist: Du bist ihm wichtig.

Klar, die Situation der Freundinnen und Freunde Jesu ist nicht unsere Situation.

Klar, die Situation des Josua ist auch nicht unsere Situation heute. Und wir sind nicht die Menschen von damals im Neuen oder Alten Testament.

Und dennoch könnten wir in unserer Lebenssituation angesprochen werden:

Jetzt bist du dran. Oder sagt mir jemand: Ich bin bei dir. Ich stehe zu dir. Du bist mir wichtig und ich brauche dich, weil du zu etwas gut bist.

Klar ist mir auch, dass die Sprache der aktuellen Lebenssituation und Wirklichkeit für viele heute sich ganz anders anhört. Was „nutzt“ es mir, wenn mir jemand sagt: „Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht“,… wenn ihr wir uns in unseren heutigen Alltagen fragen müssen

-          werde ich den Schulabschluss schaffen

-          wird mich meine Firma als Auszubildende einstellen

-          werde ich einen Ausbildungsplatz finden, der irgendwie noch zu mir passt

-          bin ich nicht eigentlich tatsächlich überflüssig, und werde nicht gebraucht?

-          interessiert sich wirklich jemand für mich?

-          oder gibt es für mich etwas, worauf ich mich verlassen kann...

HEUTE klingt die Anrede Gottes an dich vielleicht so:

Jetzt bist du dran: Soll ich es wirklich noch einmal versuchen in der anderen Schule, das wird nicht leicht. Ich kenne da niemanden. Neue Freunde werde ich finden müssen, sich gegen Rivalen durchzusetzen, kein leichter Weg. Aber es kann ein guter Weg für dich sein, eine neue Herausforderung, neues Lernen, Horizonterweiterung. Du lebst zwischen Hoffen und Bangen, aber du kannst es schaffen.

Jetzt bist du dran: Du kannst und du musst über diese oder andere Schwellen gehen. Du hast natürlich auch keine Wahl, und es gibt kein Zurück. Aber meine Zusage hast du: Ich werde dich nicht fallenlassen und verlasse dich nicht. Da kannst du dich drauf verlassen!

Jetzt bist du dran: Soll ich mich auf ihn einlassen, ist er der Typ, mit dem ich wirklich ein ganzes Leben verbringen will, ist er es wert und wie viel verliere ich von meiner Freiheit? Ist ja ganz schön mit ihm zusammenzuleben, aber eine lebenslange Partnerschaft ist doch etwas anderes.

Die Worte, die Josua dreimal gehört hat, hören wir HEUTE auch noch ganz anders:

Als Worte, die von einem Menschen zu mir gesagt werden, der oder die wirklich meint, was er oder sie sagt. Dieser Mensch sitzt  vielleicht neben dir, dieser Mensch schreibt dir oder legt seine oder ihre Hand in deine Hand, ohne Worte.

In der Nähe füreinander wächst etwas, was wir so einfach gar nicht machen können:

Wo Menschen sich vertrauen, wo Menschen sich aufeinander verlassen  und sich nicht fallenlassen, da gewinnt das Leben an Tiefe. Da können Worte gefunden und Unsicherheiten begrenzt werden. Da gewinnt  Glauben, Liebe und Hoffnung: Da kannst du dich drauf verlassen!

Eberhard Klein
Geschäftsführung

jugend-kultur-kirche sankt peter

 

Das Leben nach der Geburt … - Angedacht von Gabriele Scherle

Das Leben nach der Geburt …

Mich beschäftigt sehr, dass es viele Menschen gibt, die nichts mit der Auferstehung anfangen können. Auch unter uns, die sich nahe zur Kirche halten scheint der Gedanke der Re-Inkarnation näher zu sein als der Glaube an unsere Auferstehung. Vielleicht hängt es ja damit zusammen, dass wir in der Kirche erst wieder seit einigen Jahren offensiver darauf zu sprechen kommen.

Für mich ist der Glaube an die Auferstehung Dreh- und Angelpunkt meines Lebens.

Aber wie kann ich diesen Glauben zugänglich machen, wie plausibel? Wie überhaupt Gott zur Sprache zu bringen bei Menschen, die Gott nicht kennen?

Mich begleitet schon seit vielen Jahren eine Geschichte, die mir hilft davon zu erzählen. "Leben danach" – so ist sie überschrieben. Ich weiß nicht woher sie stammt und wer sie mir geschenkt hat.

„Es geschah, dass in einer Gebärmutter, Zwillinge empfangen wurden. Die Wochen vergingen, und die Kinder, ein Mädchen und ein Junge wuchsen heran. In dem Maß, in dem ihr Bewusstsein wuchs, stieg ihre Freude. „Sag, ist es nicht großartig, dass wir empfangen wurden? Ist es nicht wunderbar, dass wir leben?!”

Die Zwillinge begannen die Welt zu entdecken. Als sie aber die Schnur fanden, die sie mit ihrer Mutter verband und die ihnen die Nahrung gab, da sangen sie vor Freude: „Wie groß ist die Liebe unserer Mutter, dass sie ihr eigenes Leben mit uns teilt!” Als aber die Wochen vergingen und schließlich zu Monaten wurden, merkten sie plötzlich, wie sehr sie sich verändert hatten. „Was soll das heißen?” fragte der Junge. „Das heißt”, antwortete das Mädchen, „dass unser Aufenthalt in dieser Welt bald seinem Ende zugeht”. „Aber ich will gar nicht gehen”, erwiderte der Junge, „ich möchte für immer hier bleiben”.

„Wir haben keine andere Wahl”, entgegnete das Mädchen, „aber vielleicht gibt es ein Leben nach der Geburt!” „Wie könnte das sein?” fragte zweifelnd der Junge, „wir werden unsere Lebensschnur verlieren, und wie sollten wir ohne sie leben können?

Und außerdem haben andere vor uns diesen Schoß verlassen, und niemand von ihnen ist zurückgekommen und hat uns gesagt, dass es ein Leben nach der Geburt gibt. Nein, die Geburt ist das Ende!”

Da fiel der Junge in tiefen Kummer und sagte: „Wenn die Empfängnis mit der Geburt endet, welchen Sinn hat denn das Leben im Mutterschoß? Es ist alles sinnlos.

Womöglich gibt es gar keine Mutter hinter allem”. „Aber sie muss doch existieren”, protestierte das Mädchen, „wie sollten wir sonst hierher gekommen sein. Und wie könnten wir am Leben bleiben?” „Hast du je unsere Mutter gesehen?” fragte der Junge. „Womöglich lebt sie nur in unserer Vorstellung. Wir haben sie uns erdacht, weil wir dadurch unser Leben besser verstehen können”. Und so waren die letzten Tage im Schoß der Mutter gefüllt mit vielen Fragen und großer Angst. Schließlich kam der Moment der Geburt. Als die Zwillinge ihre Welt verlassen hatten, öffneten sie ihre Augen. Sie schrien. Was sie sahen, übertraf ihre kühnsten Träume.“

Vielleicht hilft diese Geschichte sich auf den Weg zu machen, um neu über Auferstehung nachzudenken.

Gabriele Scherle

Die Pröpstin für Rhein-Main

EVANGELISCHE KIRCHE IN HESSEN UND NASSAU


Tante Martha zu Besuch in der Jungschar

Tante Martha zu Besuch in der Jungschar

Hallo, mein Name ist Jörg Neff. Ich bin der neue hauptamtliche Mitarbeiter aus Wiesbaden. Dort hatten wir diese Wochen einen ganz besonderen Gast bei uns in der Jungschar: Tante Martha. 

Tante Martha ist so, wie man sich eine typische Tante vorstellt. Sie hat ein großes Herz für Kinder und ist vor allem wegen ihrer Gastfreundschaft bekannt. Ich dachte mir, es wäre schön, Tante Martha in die Jungschar nach Wiesbaden-Erbenheim einzuladen, damit die Kinder die Qualitäten der Gastfreundschaft kennen lernen. Und so war es auch: Tante Martha kam hocherfreut mit Kopftuch und Kittelschürze in die Jungschar und erzählte den Kindern über die Wichtigkeit von Gastfreundschaft. Jedoch muss ich nun zugeben, dass die Situation mit etwas entglitt. Für Tante Martha zählt zu Gastfreundschaft vor allem Sauberkeit. Als sie den nicht ganz so sauberen Jugendkeller erblickte, griff sie voller Tatendrang zum nächsten Besen und Putzlappen und raste wie ein Wirbelwind durch unseren Jugendkeller. Die Jungscharkinder mussten immer schnell die Beine einziehen, wenn Tante Martha sich ihnen mit ihren Besen näherte. Voller Hektik vergaß sie immer mehr, dass unsere Gäste, die Jungscharkinder, bereits anwesend waren. Auf einmal war das Putzen für Tante Martha wichtiger, als die Gäste selbst.

Ach so, das sollte ich vielleicht noch erwähnen: Ich war Tante Martha. Nachdem wir die Jungscharstunde begonnen hatten, ging ich in die Küche, wo ich mich als Tante Martha verkleidete. Das Thema der Jungscharstunde war Jesus zu Gast bei Maria und Martha. In Lukas 10, 38 - 42 gibt es auch eine “Tante” Martha, die sich mehr um die Organisation des Besuches kümmerte, als um den Gast selbst. Schließlich beklagt sie bei Jesus, dass sie die ganze Arbeit allein machen muss, während ihre Schwester Maria gar nicht mithilft und Jesus nur zuhört.

Ich kenne das auch nur zu gut. Man engagiert sich irgendwo und bildet ein Team, um etwas zu organisieren oder durchzuführen und am Ende bleibt die Ganze Arbeit bei mir hängen. Das nervt! Team funktioniert nach dem Prinzip “Toll ein anderer macht’s”. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Tante Martha irgendwann die Nase voll hatte und sich beschweren wollte. Und selbstverständlich wird Jesus Maria ermahnen und sie bitten ihrer fleißigen Schwester zu helfen. Aber dann geschieht doch etwas ganz anderes. Jesus antwortet:

 

“Martha, Martha. Du bist wegen so vielem in Sorge und Unruhe, aber notwendig ist nur eines. Maria hat das Bessere gewählt, und das soll ihr nicht genommen werden” (Lukas 10, 41 - 42 - Neue Genfer Übersetzung)

 

Will uns Jesus damit sagen, dass unser Dienst, den wir im EJW tun nicht wichtig ist. Sollten wir uns besser auf die faule Haut setzen und gar nichts mehr tun? Nein, das meint Jesus nicht. Vielmehr zeigt er uns die Prioritäten. Oftmals vergessen wir vor lauter Arbeit für Gott, Zeit mit Gott zu verbringen. Jesus sagt nicht, dass es schlecht ist für ihn zu arbeiten, aber wenn wir vor lauter Arbeit vergessen, für wen wir das tun und unsere Beziehung zu Gott dadurch leidet, dann ist es besser, innezuhalten und Zeit mit Gott zu verbringen.

Nach den Weihnachtsferien hatte ich sehr viel nachzuarbeiten und teilweise war ich von früh morgens bis spät abends beschäftigt. Mit der Zeit fühlte ich mich ausgeschöpft und merkte, dass ich neue Kraft brauchte. Es kann sehr schnell passieren, dass wir vor lauter Arbeit Gott vergessen. Ich möchte dazu ermutigen, immer mal wieder eine Pause einzulegen und eine gute Zeit im Gebet oder mit Musik mit Gott zu verbringen. Dies sind die Zeiten, die mich persönlich aufbauen und in denen ich neue Kraft erhalte. Gott will nicht, dass wir uns für ihn voller Arbeit aufopfern. Vielmehr will er Teil unserer Arbeit sein, sodass wir es mit seiner Stärke tun können.

 

Dies erkannten auch die Jungscharkinder, die sich durch das geschäftige Treiben von Tante Martha immer mehr an den Rand gedrängt fühlten. Ich denke, wenn Tante Martha das nächste Mal die Jungschar in Wiesbaden-Erbenheim besucht, wird sie sich mehr Zeit für die Kinder nehmen; sich zu ihnen setzen und ihnen zuhören.

 

Jörg Neff

Jugendreferent

EJW Wiesbaden

 

 

 


An(ge)dacht zur neuen Jahreslosung:

Angedacht zur Jahreslosung 2013 aus dem Hebräerbrief 13,14

Denn hier auf der Erde gibt es keinen Ort, der wirklich unsere Heimat wäre und wo wir für immer bleiben könnten. Unsere ganze Sehnsucht gilt jener zukünftigen Stadt, zu der wir unterwegs sind.  (Neue Genfer Übersetzung)

Eine große Schale mit Äpfeln stand auf der Theke in der Cafeteria einer katholischen Schule. Eine Nonne hatte ein Schild angebracht: „Bitte nimm nur einen Apfel und denk daran: Gott schaut zu.“ Auf der anderen Seite der Theke stand ein Teller mit frisch gebackenen Muffins. Auch hier fand sich bald ein Schild. Allerdings nicht von einer Nonne geschrieben, sondern eindeutig von einem Kind. „ Nimm so viele, wie du willst, Gott passt gerade auf die Äpfel auf.“ Diese Anekdote beschreibt was wir heute oft empfinden und was auch die Christen empfunden haben könnten, die unsere Jahreslosung zum ersten Mal gehört haben. Gott ist anderweitig beschäftigt, für uns hat er gerade keine Zeit. Der Druck der damals auf der Gemeinde lastete, weil sie sich in einer abweisenden und oft feindseligen Umgebung vorfand war groß. Das führte dazu, dass Christen im Glauben müde, und für die Gute Nachricht des Evangeliums geradezu schwerhörig geworden waren.

Auch unsere Jugend- und Gemeindearbeit steht vieler Orts vor großen Herausforderungen. Wir spüren, dass wir Antworten brauchen auf die sich rasch ändernden Rahmenbedingungen. Manchmal scheint es so, dass wir unsere Jugendarbeit unter Feiertagsverhältnissen betrachten. Da läuft alles ganz gut. Im Alltag dagegen ist es oft so, dass wir darunter leiden, dass vieles nicht so gelingt, wie wir uns das vorgestellt haben. Die Jahreslosung verdeutlicht uns, dass Christinnen und Christen in eine Bewegung hineingenommen sind. Die Geschichte Gottes mit den Menschen ist eine Bewegung. Gott selbst ist in Bewegung. Er hört nicht auf, seine Menschen zu suchen. Die Bibel ist voller Geschichten die berichten wie sehr Jesus die Menschen sucht. Selbst als er gekreuzigt wird hört er nicht auf Menschen einzuladen. Als der Auferstandene sucht er die Jünger auf und löst dadurch neue Bewegung aus.

In den Herausforderungen der Zeit sollen wir uns als Jugendarbeit nicht in einem Zustand „das-war-schon-immer-so“ einrichten, sondern in Bewegung bleiben. Glaube ist keine statische Angelegenheit auf dem Weg ergeben sich viele Fragen. Glaube verändert sich beim unterwegs sein. Da werden Gottesbilder in Frage gestellt. Da gibt es Zeiten, da wird Gott in Frage gestellt. Wir erleben auf diesem Weg, dass wir Gott nicht einfach haben, sondern ihn immer auch suchen. Die Bewegung zu der die Jahreslosung auffordert, gleicht eher einer Pilgerreise, hier ist der Weg mindestens so wichtig wie das Ankommen. Dennoch gilt es, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren: Es geht um eine Ursehnsucht nach Heimat. Der Himmel ist offen! Wir können nicht heimatlos werden! Wir haben einen Wohnberechtigungsschein für unser zu Hause bei Gott.

Unser unterwegs sein dient dem einen Ziel: das Evangelium zu teilen, es anderen mitzuteilen, die gute Nachricht von Jesus Christus und dem offenen Himmel mit den Menschen zu teilen. Jugendarbeit ist kein Selbstzweck. „Der vornehmste und wichtigste Auftrag der Kirche ist es, das Evangelium zur Welt zu bringen, zu den Menschen in der Nähe und in der Ferne, und das auf einladende Weise.“

Als Jugendarbeit in Bewegung bleiben heißt: Energie aus dem Glauben beziehen. Die notwendigen Veränderungen dürfen eine Angelegenheit des Gebetes werden. Es kann hilfreich sein gemeinsam Gebete zu formulieren. So bleibt unser beten konkret. Beten öffnet Augen und Ohren für Ideen und Möglichkeiten die umgesetzt werden können. Im beten entsteht die Unterwegs-Gemeinschaft die Jesus in ihrer Mitte hat und sich daher immer wieder neu öffnet für Menschen und ihre Fragen.

Herr Jesus Christus gib uns den Mut immer wieder aufzubrechen und uns auf den Weg zu machen. Schenke uns die Gewissheit, dass du mit uns gehst und wir nicht allein sind. Gib uns das Vertrauen, dass dort wo unsere Wege enden, dein Weg weiterführt.

Jürgen Kehrberger

Evangelisches Jugendwerk in Württemberg

Fachlicher Leiter

Haeberlinstraße 1-3, 70563 Stuttgart

juergen.kehrberger@ejwue.de


Mehr Licht ...

Brigitte Babbe - HR 4 – Übrigens…: Montag, 1. 12. 2008  -  17.45 Uhr

Mehr Licht

Es ist dunkel geworden. Die Sonne kann nur noch selten den Winterhimmel hell machen. Das fehlende Licht versuchen wir auszugleichen: mit Kerzen in den Wohnungen, mit weihnachtlicher Beleuchtung auf den Straßen, auf den Weihnachtsmärkten, in den Schaufenstern.

Das war einmal anders, ganz anders. Dass es während des Krieges keine Straßenbeleuchtung gab – nun, das kann sich wahrscheinlich jeder vorstellen. Aber auch hinterher blieb es dunkel. Trümmer beleuchtet man nicht. Es hat lange gedauert, bis die ersten Weihnachtsmärkte wieder funkelten.Und damals war es, als in den Städten die ersten Lichter wieder zu Weihnachten eine neue, nie gesehene Pracht beleuchteten. Damals machte sich eine Kriegerwitwe mit ihrer Tochter auf, um in einer fernen Großstadt mit ihrem Kind das Licht anzusehen. Flüchtlinge waren sie in Schleswig-Holstein, aus Breslau hatte es sie aufs Land verschlagen.

Bis zur nächsten Stadt, der, die nun wieder Licht hatte, waren es 120 Kilometer. Die ersten sechs Kilometer führten über einen unbefestigten, matschigen Feldweg – unbeleuchtet natürlich. Dann ging es im Bummelzug bis nach Lübeck – zwei Stunden dauerte das und man hatte 50 Kilometer geschafft.  Dort hieß es umsteigen in den viel schnelleren Zug nach Hamburg,  und der schaffte die restlichen 70 Kilometer in einer Stunde.

Sie haben mitgezählt? Ja, so etwa vier Stunden waren die beiden unterwegs – hin zum Licht, zur beleuchteten Stadt. Als die Witwe gefragt wurde: „Und warum machen Sie das? Das ist doch alles entsetzlich anstrengend – für Sie und für Ihre Tochter …?!“ Da war die Antwort: „Ich will, dass mein Kind sieht, dass es Licht gibt, dass es wieder Hoffnung gibt.“

Erinnerung an glücklichere Zeiten verbunden mit dem Weihnachtslicht, das endlich wieder leuchtete und das Trost und Zuversicht bedeutete. Hunderte von Weihnachtsmärkten gibt es inzwischen. Von allen wird  ihre Geschichte erzählt - vom Mittelalter bis heute. Doch an das erste Mal nach dem großen Krieg erinnert offiziell keiner. Und dabei war es für viele Menschen eines der größten Wunder nach dem Grauen und Schrecken des Krieges.

Brigitte Babbe...      

ist seit sehr vielen Jahren ehrenamtlich in der Frankfurter Kirche tätig, weshalb sie auch 2011 mit der Spener-Medaille ausgezeichnet wurde.

Darüber hinaus macht sie Verkündigungssendungen im Rundfunk im Auftrag der EKHN. Nachmittags um 17.50 Uhr heißen diese Gedankensplitter in HR 4 „Übrigens“ und künden in aller Kürze von der Liebe Gottes – im Alltag  und am Sonntag.

 

Das andere Jahresende

Zum Ende des Kalenderjahres, wenn der Weihnachtsstress vorbei ist, flimmern alljährlich die Jahresrückblicke über die Bildschirme. Viele Menschen ziehen bei dieser Gelegenheit auch ein eigenes Resümee über das vergangene Jahr. Warum lässt man sich aber bei solchem Tun vom „weltlichen“ Kalender beeinflussen? Warum besinnen wir uns nicht wieder auf das Kirchenjahr? Die Zusammenhänge des Kirchenjahres, welche sich uns heute leider nicht mehr auf den ersten Blick erschließen, sind spiritueller Natur. Es richtet sich nicht nach Äußerlichkeiten, sondern will unserer Seele als Stütze dienen.

Gegen Ende des Kirchenjahres geht es, der Jahreszeit angemessen, um das Vergehen. Das Laub fällt welk von den Bäumen, das Wetter ist nass, grau, kalt und trüb. Genauso wird auch unsere Stimmung. Die Natur führt uns unsere eigene Vergänglichkeit vor Augen. Daher verwundert es nicht, dass hier einige Gedenktage liegen. Den Anfang macht der Volkstrauertag. Es ist eigentlich kein christlicher Gedenktag, wurde aber bewusst auf den vorletzten Sonntag im Kirchenjahr, eine Woche vor den Ewigkeitssonntag gelegt. Am Volkstrauertag gedenken wir der Verstorbenen der Weltkriege und der Opfer von Gewaltherrschaft. Wir erinnern uns des systematischen Mordens auf den Schlachtfeldern und der Sinnlosigkeit von Hass und Gewalt.

Der Buß- und Bettag ist ein Tag des Nachdenkens über das eigene Leben: An welchen Stellen habe ich nicht so gehandelt, wie Gott es wollte? Was sind die Dinge, die mich von meinem Gott trennen, und was bringt mich ihm näher? Es ist ein Tag der inneren Einkehr, ein Hinterfragen meiner Beziehung zu Gott. Nicht nur ein Tag der Beichte meiner eigenen alltäglichen Unzulänglichkeiten, sondern auch ein Nachdenken über das gesamte letzte Jahr, eine Generalinventur des vergangenen Jahres. Im intensiven Gebet kann ich mit Gott ins Reine kommen, kann Reue zeigen und das neue Jahr ohne eine belastete Gottesbeziehung beginnen.

Der Abschluss des Kirchenjahres ist dann der Ewigkeitssonntag, der häufig leider als Totensonntag bezeichnet wird. Mit den unterschiedlichen Namen drücken sich auch verschiedene Sichtweisen aus. Wir gedenken der im letzten Jahr Verstorbenen, erinnern uns an die, die in hohem Alter heimgegangen, oder viel zu früh von uns gegangen sind. Es wird uns dabei bewusst, dass der Tod etwas Endgültiges hat. Dabei ist der Tod nur für uns Hinterbliebene endgültig. Den Großen Trost finden wir in der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, in der Ewigkeit. So ist für mich der Totensonntag etwas trostlos Trauriges. Der Ewigkeitssonntag dagegen birgt, trotz aller Trauer, die Hoffnung auf einen Neubeginn. Mit der Bezeichnung für den letzten Sonntag im Kirchenjahr können wir unserem Christusverständnis Ausdruck verleihen.

Dieses Nachdenken über das Leben, den Tod und meine Beziehung zu meinem Schöpfer ist wie ein Jahresrückblick. Nur, dass er für mich privat ist. Und dann beginnt das neue Jahr nicht mit Silvesterböllern und aufgesetzter Fröhlichkeit, sondern mit dem Anzünden der ersten Adventskerze und Besinnlichkeit. Man kann auf den 1. Advent genauso hinarbeiten wie auf Neujahr. Zum Beispiel, dass man bis zum Ende des Jahres noch das eine oder andere erledigt haben will? Die Steuererklärung zum Finanzamt, das Wohnzimmer streichen usw. Alles soll noch im alten Jahr fertig werden, damit man unbesorgt ins neue Jahr gehen kann. Aber muss es wirklich der 31.12. sein? Wer hindert Sie eigentlich daran die Dinge schon bis zum Ende des Kirchenjahres zu erledigen? Sie können die Liste mit den noch anstehenden Aufgaben genauso gut im November wie im Dezember abarbeiten. Mit dem Unterschied, dass im November keine Weihnachtsfeiern den Terminkalender zum überquellen bringen. Wenn auf dieser Liste dann auch schon die Weihnachtsgeschenke stehen, können Sie dem Weihnachtsstress der Anderen gelassen entgegentreten.

Wenn wir uns wieder mehr auf die Kirche besinnen, den Mut haben, den Medien und der Werbung unsere christliche Sicht der Dinge entgegenzustellen und das Kirchenjahr wieder als Gesamtheit verstehen lernen, dann können wir entspannt in die Adventszeit gehen und diese auch als das erleben, was sie ist: Die Vorfreude auf die Geburt unseres Heilands Jesus Christus.

Stefan Birkner, Vorstand des EJW Hessen und Steuerberater


Echtheit – einfühlsames Verstehen - Akzeptieren

Anfang des Jahres habe ich meine Ausbildung zur personzentrierte Gesprächsberaterin  abgeschlossen. Als ich die Ausbildung vor 4 Jahren anfing, wusste ich nicht viel von Carl Rogers und seinem personenzentrierten Ansatz, doch ich merkte ziemlich schnell, dass mir diese Methode sehr gefiel. Eigentlich ist es auch gar keine Theorie, sondern eher eine Lebenseinstellung. Einer der wichtigsten Punkte ist der, wie man den Menschen sieht bzw. mit ihm umgeht. Nach Rogers ist  die Natur des Menschen im Wesentlichen positiv. So strebt der Mensch danach, zu wachsen und sich zu einer gesunden und selbstbestimmten Persönlichkeit zu entwickeln. Wenn er nicht zu sehr in seinen Selbstverwirklichungsstreben eingeschränkt wird und seinem Wesen gemäß handeln kann, ist er ein positives und soziales Wesen, dem man vertrauen kann. Rogers Menschenbild ist geprägt von einem tiefen Respekt gegenüber dem Menschen und er nimmt den Menschen an, so wie er ist. Gerade in der Beratung ist neben der Echtheit und des einfühlsamen Verstehens des Beraters, das Akzeptieren des Klienten sehr wichtig.

„Die zweite Voraussetzung für ein Klima, das Veränderung fördert, ist das Akzeptieren, die Anteilnahme oder Wertschätzung – das, was als „bedingungslose positive Zuwendung“ von mir bezeichnet wurde. Wenn der Berater eine positive, akzeptierende Einstellung gegenüber dem erlebt, was der andere in diesem Augenblick ist, dann wird es mit größter Wahrscheinlichkeit zu einer Veränderung kommen. Der Berater ist gewillt, den Klienten sein jeweiliges momentanes Gefühl ausleben zu lassen – Verwirrung, Groll, Zorn, Mut, Liebe und Stolz. Solche Zuwendung seitens des Beraters ist nicht besitzergreifend. Der Berater bringt dem anderen eine totale, nicht an Bedingungen geknüpfte Wertschätzung entgegen.“

Für mich hat das Menschenbild von Rogers und die Wörter Wertschätzung, bedingungslose positive Zuwendung und Anteilnahme,  viel mit meinem Glauben an Gott zu tun. Ich glaube nämlich, dass Gott genaue diese Einstellung mir gegenüber hat. Ich darf so sein wie ich bin, mit allen meinen Fehlern, meinen negativen Gefühlen und meinen tollen Eigenschaften. Nicht umsonst heißt es in der Schöpfungsgeschichte auch am Ende des 6. Tages: „Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut.“ Gott will, dass wir uns weiterentwickeln, dass wir uns ausprobieren und schenkt uns dafür seine Beziehung zu uns. Er gibt uns die Kraft und das notwendige Selbstvertrauen, dies zu tun.

Und genauso möchte ich gerne mit Menschen umgehen, so wie ich es mit Gott erlebe. Den anderen Menschen sein lassen können, wie er ist. Rogers sagt:“ Menschen sind genauso wundervoll wie ein Sonnenuntergang, wenn ich sie sein lassen kann. Ja, vielleicht bewundern wir einen Sonnenuntergang gerade deshalb, weil wir ihn nicht kontrollieren können.“ Und das stimmt. Wenn ich dieses tolle Naturspektakel betrachte, höre ich mich nicht sagen:“ Bitte das Orange etwas gedämpfter in der rechten Ecke und etwas mehr Violett am Horizont und ein bisschen mehr Rosa in den Wolken.“

Ich finde das Bild sehr passend. Beim Sonnenuntergang können wir uns gut zurückhalten, doch ehrlich gesagt, bei einem anderen Menschen ist das oft sehr schwierig. Wie oft steck ich Menschen in eine Schublade, obwohl ich ihn erst ein paar Minuten kenne. Wie oft denk ich bei jemand anderem, muss du das wirklich anziehen oder wenn du nicht immer gleich eingeschnappt bist, hättest du viel mehr Freunde. Vielleicht geht es euch ja genauso. Menschen wirklich ohne Vorurteile zu begegnen und sie so sein zu lassen, wie sie sind, finde ich nicht so einfach. Aber das Tolle ist, wenn wir dies schaffen, blüht das Gegenüber richtig auf und das ist eine schöne Erfahrung. Dies habe ich besonders bei der Arbeit mit Kindern erleben dürfen.

„Jemanden zu schätzen oder zu lieben und geschätzt oder geliebt zu werden, wird somit als sehr wachstumsfördernd erlebt. Ein Mensch, der auf nicht besitzgreifende Weise geschätzt und geliebt wird, blüht auf und entwickelt sein eigenes einzigartiges Selbst. Und der Mensch, der nicht besitzergreifend liebt, wird selbst bereichert. Dies ist zu mindestens meine Erfahrung“, sagt Rogers, und dies ist meine Erfahrung mit Gott, sage ich.

Amen.

Frauke Schindler

Nähe und Distanz

Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist ? Jer. 23,23

Das ist der Monatsspruch des Septembers 2012 und spricht das Nähe und Distanzverhältnis zwischen Gott und den Menschen an. Wie viel Nähe und Distanz lassen wir bei uns Menschen zu? In Beziehungen? Bei fremden Menschen? Wir Menschen brauchen andere Menschen, die uns in den Arm nehmen, trösten, wenn es uns nicht gut geht, für uns da sind, mit denen wir lachen und Spaß haben können, die uns ehrliche Rückmeldungen auf Fragen geben und uns auffangen, wenn wir Mist gebaut haben, die uns verzeihen. Menschen, die uns nahe sind. Wünschen wir uns nicht auch solch einen Gott? Aber wie ist das mit der Distanz? Wenn uns Menschen zu nahe kommen, vor allem wenn es fremde Menschen sind. Menschen, die unseren persönlichen Schutzraum überschreiten? Dann fangen wir in der Regel an uns unwohl zu fühlen. Wie ist das mit Gott? Kann Gott uns zu nahe sein? Ich bin ehrlich und muss sagen, dass ich mir diese Frage zuvor noch nicht gestellt habe und auch noch nicht von anderen gehört habe. Viel häufiger gehen die Fragen in Richtung, wie weit ist Gott weg – wie ferne ist Gott. Wir fangen an uns zu fragen, wo Gott ist, wenn wir in schwierigen Situationen sind. Fragen uns, ob es Gott wirklich gibt, distanzieren uns von ihm, wenn wir uns von ihm alleine gelassen fühlen. Während Gott gerade in schwierigen Situationen näher bei uns sein kann, als wir es uns vorstellen können. Aber in belastenden Situationen passt unser Bild vom liebenden, schützenden Vater, den wir in Gott sehen nicht mehr.

Aber Gott ist immer für uns da, ob wir ihn uns weit weg vorstellen und manchmal vielleicht auch wünschen oder ob wir ihn nahe bei uns spüren. Er ist bei uns, auch wenn wir die größte Krise erleben, uns alleine fühlen oder ob wir dankbar für jede Sekunde sind, weil wir glücklich sind und uns Gott ganz nahe fühlen. Wir müssen nur begreifen lernen, dass es gute und schlechte Zeiten gibt, dass die Menschheit aus Fehlern lernen muss. Das ist schwer und verlangt vieles von uns Menschen, aber wir können Gott nicht für alles verantwortlich machen. Er hat uns zu eigenständigen, selbstdenkenden Lebewesen erschaffen – das könnten wir ihm anlasten, aber wollen wir das?

Er ist immer bei uns, auch wenn er uns ferne scheint, das müssen wir uns bewusst machen. Vielleicht ist er ja morgen auch mal ganz bewusst bei Dir? Vielleicht durch eine stärkende Hand eines Freundes auf der Schulter, durch aufmunternde Worte einer Kollegin, wenn mal wieder etwas schiefgegangen ist oder durch das Lächeln eines Kindes. 

Gaby Keller

 


Angedacht

Urlaub. Ein spannender, etwas grausamer Krimi. Und dann ein zarter Satz, der mich nachdenklich macht: Er fühlte sich wie Noah, als er die Taube losgeschickt hatte und auf ihre Rückkehr wartete. Er fühlte sich wie Noah. Der wartete, dass die Taube ihm ein Zeichen brachte, dass die Sintflut vorbei war und er wieder festen Boden unter die Füße bekommen würde. Wie der junge Mann, der ein Liebesgeständnis schreibt und auf die ersehnte Antwort wartet. Wie die junge Frau, die die Bewerbung für ihren Traumjob losschickt und jeden Tag aufgeregt zum Briefkasten läuft. Wie einer, der ein Manuskript losschickt und der Antwort entgegenfiebert: „Angenommen“.    

Wie einer, der ein Gebet flüstert und hofft, eine Antwort zu bekommen. Das Losschicken ist das Wichtigste. Beim Lieben, beim Bewerben, beim Warten auf Erfolg. Und beim Beten. Wer nie etwas losschickt, wird selten Antwort bekommen.

Das Zweitwichtigste: Die Hoffnung auf Erfüllung. Beim Lieben, beim Bewerben beim Warten auf Erfolg. Und beim Beten.

Das Drittwichtigste: Nicht locker lassen. Noah musste drei Versuche machen, bis er das erhoffte Zeichen bekam. Die Taube kommt zurück und bringt ein Lorbeerblatt mit. Zeichen einer guten Zukunft. Picasso hat das wunderbar gezeichnet. Sein Bild ist zum Friedenssymbol geworden. Gott antwortet. Beim Lieben, beim Leben, beim Beten. Du musst nur losschicken, an den Erfolg glauben und nicht locker lassen

Horst Peter Pohl
Pfarrer und Dekan

 

„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel...“

Nun ist die EM vorbei und doch muss es an dieser Stelle noch einmal eine „Fußballandacht“ sein. Es gibt so viele herrliche Fußballerzitate, die immer wieder Freude machen.

So hat einst Lothar Matthäus gesagt, als er nach seiner Verletzung gefragt wurde: „Ich habe gleich gemerkt, das ist ein Druckschmerz, wenn man draufdrückt.“ Mario Basler sagte einmal: „Das habe ich ihm dann auch verbal gesagt.“ Olaf Thon der Philosoph unter den Fußballern ließ verlauten: „Wir lassen uns nicht verrückt machen, und das geben wir auch nicht zu.“Andreas Möller hatte … „vom Feeling her ein gutes Gefühl.“ Jürgen Wegmann behauptete: „Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu!“ Bruno Labbadia sagte in einem Interview … „das wird wieder alles viel zu hoch sterilisiert!“

Der König der Fußball-Sprichwörter ist für mich allerdings Sepp Herberger!  Unter anderem mit seiner Fußballweisheit: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel...“

Sepp Herberger, Trainer der Fußball Weltmeister Elf von 1954,  hatte viele solche klugen Sätze parat. Er sprach damit mehr aus, als nur Fußballweisheiten. Es waren Lebensweisheiten.

Sie werden noch heute oft zitiert und treffen wie schon vor 58 Jahren schnell den Kern einer Situation. Der Vergleich des Lebens mit einem Fußballspiel ist witzig, originell und oft erhellend. „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“ 

Mein erster Gedanke: Ein Tag ist nur ein kleiner Ausschnitt auf dem langen Weg durchs Leben. Was ich heute erreicht habe, gilt erst einmal nur für heute. Morgen ist wieder ein neuer Tag mit neuen Herausforderungen.

Oliver Kahn hat das in seiner unnachahmlichen Art so ausgedrückt: „Weiter, immer weiter!“

Mein zweiter Gedanke: Jeder neue Tag ist der erste Tag vom Rest meines Lebens. Sicher fange ich nicht jeden Tag bei Null an. Aber ich habe jeden Tag die Chance auf Veränderungen oder darauf, die Dinge wieder genau so zu machen.

Ich kann jeden Morgen aufwachen und sagen, heute mache ich eine bestimmte Sache ein klein wenig anders. Oder ich sage mir, so wie ich das die letzten Tage gemacht habe, mache ich dies weiter. Das war gut so! 

Diese Gedanken klingen wie geschaffen für eine protestantische Ethik, die zwar die Selbsterlösung ablehnt, aber die Eigenverantwortung hervorhebt.

Ja, ich bin verantwortlich für mein Leben. Ich habe es zu großen Teilen selbst in der Hand. Dieses ist meine Lebenseinstellung und ein Bestandteil meines Glaubens.

Weiterhin prägt meinen Glauben, dass Gott mit mir unterwegs ist. Er hat die Menschen schon immer begleitet. Im Alten Testament, wie auch im Neuen Testament, gibt es viele Geschichten darüber, wie sich Gott uns Menschen nähert.

Ob ganz unmittelbar, wie bei Mose und dem brennenden Dornbusch, oder in den Träumen von Josef. Gott setzt seine Zeichen in dieser Welt. Gott setzt seine Zeichen auch bei Dir und mir! Er bietet jedem einzelnen von uns seine Nähe an!

Er kommt vor! Er ist da! Auch hier bei mir und dir!

Und wir können und dürfen seine Zeichen erkennen. Seine Nähe spüren. Dies ist für meinen Glauben wichtig!

Ich bin verantwortlich, aber ich bin nicht alleine. Da ist mit Gott jemand, der mit mir den Weg des Lebens gehen will. 

Gott lädt uns alle ein: „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Kommt mit und folgt mir. Das nächste Spiel werden wir gemeinsam spielen, zusammen im Team spielen ist doch besser als alleine! 

Also, trainiert noch schön weiter und vor allem, bleibt fair!

Euer Frank Langner


Spannend wie das Leben selbst

Fußball kann so grausam sein. Zuletzt haben das die Bayern erfahren. Welch eine verpasste Chance! Das Finale der Champions-League "dahoam" im eigenen Stadion. Drei Matchbälle - und doch gewinnen die anderen. Fußball kann grausam sein.

Altbundestrainer Sepp Herberger wird der Weisheitssatz zugeschrieben: "Ein Spiel dauert 90 Minuten". Ob die Spieler des FC Bayern diesen Satz kannten? Bei drückender Überlegenheit waren sie in der 83. Minute in Führung gegangen. Ein wunderbarer Augenblick. Alles schien gelaufen. Das Blatt hatte sich zum Guten gewendet. Und dann dieser Moment fehlender Konzentration und der absolut unnötige Ausgleich in der 88. Minute. Verlängerung, Elfmeterschießen, Abpfiff -  und eine ganz bittere Niederlage. "Ein Spiel dauert 90 Minuten". Wer das nicht vor Augen hat, kann  bis zur letzten Minute verlieren.

Auch die Bibel kennt ein Lied über die begrenzte "Spielzeit", die uns zur Verfügung steht. In Psalm 90 heißt es: "Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre". Der Psalm wurde vor knapp 3.000 Jahren geschrieben. Unsere Erfahrung heute ist, dass zunehmend mehr Menschen 90 Lebensjahre zur Gestaltung zur Verfügung stehen.

"Ein Spiel dauert 90 Minuten" -  irgendwann wird es an- und irgendwann abgepfiffen, so wie unser irdisches Leben mit der Geburt beginnt und mit dem Tod endet. Begrenzt ist die Zeit, die wir haben - das gilt für ein Fußballspiel genauso, wie für unser Leben. Wer sich das klar macht, weiß auch, dass jeder Zeitabschnitt von Bedeutung ist. Habe ich ausreichend trainiert? Habe ich den Atem - vom Anfang bis zum Ende? Mit welcher Taktik trete ich an? Beherrsche ich das Zusammenspiel mit anderen, kenne deren Laufwege? Bringe ich genügend Teamgeist ein? Welcher Spirit herrscht in unserer Mannschaft? Wie gehe ich mit schmerzlichen Momenten um, die mir niemand ersparen kann? Was richtet mich wieder auf? Und wie kann ich Abheben verhindern, wenn ich mich schon auf der Siegerstraße wähne?

"Ein Spiel dauert 90 Minuten - unser Leben währet, heute vielleicht neunzig Jahre". Am Ende folgt der Abpfiff - und das Ergebnis steht. Bis dahin ist der Ausgang ist offen - oft kann sich bis zur letzten Minute alles zum Guten wenden. Das macht den Fußball so spannend wie unser Leben.  Ich selbst bin übrigens fest davon überzeugt, dass auch Niederlagen zu verschmerzen sind, wenn man mit der richtigen Einstellung ins Spiel gegangen ist und alles getan hat, was man tun konnte.

Die eigene Einstellung zu überprüfen aber ist eine andauernde und niemals bequeme Herausforderung. Auch jetzt vor der Europameisterschaft 2012. Da geht es längst nicht nur um die Einstellung zum Spiel, sondern auch um die Haltung gegenüber  einem politischen Unrechtssystem. Und auch hier geht es um Sieg oder Niederlage.

Der Ausgang ist offen. Das macht das Leben spannend wie den Fußball. Und, seien wir ehrlich: nicht selten stellt sich ein Glücksgefühl besonders dort ein, wo die Sensation gelingt und ein David den Goliath in die Knie zwingt.

In mancherlei Sinn liegt eine spannende Europameisterschaft vor uns - spannend, wie das Leben selbst. 

 

Eugen Eckert
Pfarrer in der Evangelischen Studierendengemeinde an der Goethe-Universität und in der Commerzbank-Arena, Frankfurt a.M.
Musiker in der Band HABAKUK, www.habakuk-musik.de


Vergeben – nichts leichter als das!?

Ein König beauftragt seinen Hofbediensteten für Finanzen herauszufinden, wer denn der schlimmste Schuldner in seinem Reich sei. Als die Prüfung abgeschlossen war, lies der König diesen Mann zu sich bringen. Und ob du es glaubst oder nicht, dieser hatte 54 Millionen Euro Schulden. Der König forderte das Geld zurück, aber der Schuldner kann es nicht zahlen. Dann soll zum begleichen der Rechnungen die Ehefrau und die Kinder verkauft werden – so war es Sitte um die Schulden des Mannes zu begleichen. Der Mann wimmerte und bat zutiefst um Vergebung. Der König hatte Mitleid mit dem Mann und erließ ihm seine Schulden.

Vergebung – nichts leichter als das! Aber jetzt kommt’s.

Kaum hat der Mann Vergebung erfahren und seine Schulden erlassen bekommen, trifft er einen seiner Angestellten – und erinnert sich sofort daran, dass dieser bei ihm noch 54 € Schulden hat. Er nötigt ihn zum sofortigen Bezahlen. Als dieser die Summe nicht begleichen kann lässt er ihn in den Kerker werfen!

Vergebung – nichts leichter als das?

Das haben Hofbedienstete des Königs gesehen und melden es ihm. Darauf hin lässt dieser sofort den Mann zu sich kommen. Er zieht sein Angebot auf Vergebung zurück und lässt den Mann in den Kerker werfen bis seine Schuld getilgt ist (nach Matthäus 18, 21-35).

Eine krasse Story! So ähnlich hat sie Jesus seinen Jüngern erzählt, als die Frage unter ihnen auftauchte wie oft man seinem Mitmenschen vergeben solle.

Vergebung – nichts leichter als das!?

Vor wenigen Wochen war Ostern – das höchste Fest der Christenheit. Jesus stirbt für unsere Schuld am Kreuz und ersteht auf von den Toten, damit uns Gottes Vergebung zuteil wird. Wir dürfen dadurch mit unserer Schuld vor Gott treten und ihm um Vergebung bitten. Er wird uns vergeben.

In jedem Vater Unser beten wir „Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!“  Ist es da nicht konsequent – wie der König in der eben erzählten Story reagiert?

Sind wir nicht auch ab und zu wie der Mann in der Geschichte, der von Gott all seine Schuld vergeben bekommt. Und kaum hat er die Vergebung erfahren gerät diese in Vergessenheit.

Wie schnell verurteilen wir unsere Mitmenschen und meinen über sie richten zu können und maßen uns an, zu glauben, dass deren Schuld höher ist als die eigene. Vor Gott sind wir alle gleich!

Wir erfahren durch unseren Herrn Jesus Christus große Vergebung für unser Leben. Das sind wir uns oft nicht bewusst.

Jetzt liegt's an dir!

Mache dir heute einmal bewusst, was die Vergebung durch Jesu Tod und Auferstehung für dich ganz persönlich bedeutet. Überlege wen du vielleicht zu schnell verurteilt hast und lasse ihm die Vergebung zu Teil werden, die Gott dir jeden Tag aufs Neue schenkt – und dein Leben wird sich verändern. Probiere es aus, auch wenn du feststellen wirst, Vergebung ist nicht leicht, aber sie befreit dich von einer Last. Das führt bei uns Menschen auch nicht immer gleich zum Vergessen. Aber das muss sie auch nicht.

Hendrik Lohse                                                                                  


Adler und Hühner

Kennen Sie Geschichte von dem Bauern, der beim Wandern ein Adlerküken entdeckt, das aus dem Nest gefallen ist, und es mit nach Hause nimmt? Ich liebe diese Geschichte. Der Bauer findet also einen jungen Adler und zieht ihn mit seinen Hühnern groß. Der Adler lernt, wie man pickt und gackert und auf einer Stange sitzt. Nur mit dem Eierlegen klappt es nicht so richtig.

Eines Tages kommt dann ein Fremder auf den Hof, sieht den Adler und fragt den Bauer: „Wieso benimmt der sich wie ein Huhn?“ „ Ach“, sagt der Bauer, „das ist eigentlich ein Huhn. Lassen Sie mir das Viech bloß in Ruh!“ Doch der Fremde beugt sich zu dem Vogel und sagt: „Hey, du bist ein Adler. Du kannst fliegen. Du gehörst in den Himmel, nicht auf den Boden.“

Das Schlimme ist: Der Adler hat sich an das Hühnerdasein gewöhnt und wagt nicht, seine Flügel zu benutzen. Auch dann nicht, als der Fremde ihn hoch in die Luft hält: „Du bist ein Adler. Du kannst fliegen. Du gehörst in den Himmel.“ Nichts. Erst als der Mann mit dem Adler ins Gebirge steigt und der die Hühner nicht mehr sieht, wagt er es, seine Schwingen auszubreiten. Und dann fliegt er davon. „Du bist ein Adler. Du kannst fliegen. Du gehörst in den Himmel.“

Ich liebe diese Geschichte, weil sie einige Kernaussagen der Bibel wiedergibt: Jeder Mensch ist wie dieser Adler. Und leider gibt es zu viele Bauern, die ihm einreden wollen, sei ein Huhn. Ein Adler gehört aber nicht in den Hühnerhof, er braucht die Dimension des Himmels, um sich entfalten zu können. Es ist falsch, wenn Adler die Möglichkeiten, für die sie geschaffen sind, nicht ausnutzen und niemals fliegen. Und es ist traurig, wen  Menschen die Weite des Himmels in ihrem Leben nicht finden. 

Fabian Vogt

 „Moment mal! 365 Radio-aktive Andachten“ aus dem Brendow Verlag; 
Seite 77 –  7. März (mit Erlaubnis des Autoren)

„Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“

Hallo ihr Lieben,

auch wenn das neue Jahr schon ein paar Wochen alt ist: Wo immer ich Bekannte und Freunde treffe, wünsche ich ihnen ein gesegnetes neues Jahr. Schon seit mehreren Jahrzehnten ist es unter Christen ein guter Brauch über das neue Jahr eine Losung aus der Bibel zu stellen. Die Losung für 2012 ist es ein Wort, das Paulus in einem Brief an die Christinnen und Christen in Korinth aufgeschrieben hat. Ein Wort, das er selbst im Gebet als Antwort von Christus wahrgenommen hat: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ (2.Korinther 12,9) Diese Jahreslosung ist einer der Sätze des Glaubens, der für viele Menschen widersprüchlich oder anstößig ist. Weil er dem widerspricht, was sonst gilt. Weil er dem zu widersprechen scheint, was wir im Leben erfahren. Die Kraft, die in den Schwachen mächtig ist, scheint die Welt auf den Kopf zu stellen und stellt sie in Wirklichkeit auf die Füße, damit wir zuversichtlich und mutig in dieses neue Jahr gehen können. 
 Nicht an unserer Kraft liegt es, wie dieses Jahr werden wird. Selbst wenn in den nächsten Wochen und Monaten alle unsere guten Vorsätze und persönlichen Planungen scheitern mögen, brauchen wir wegen unserer Schwäche nicht zu verzagen. Gott kann gerade dann in uns mächtig sein. 
 „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“. Zugegeben - dieser Satz irritiert mich. Denn wir sind gerne Macher, „unseres Glückes eigener Schmied“ und nicht gern von der Hilfe anderer abhängig. Doch die Abhängigkeit von Gottes Kraft und von Gottes Segen ist in Wahrheit Geborgenheit. 
 Die Jahreslosung ist mehr als ein frommer Kalenderspruch für mich. Dafür steht Christus selbst ein. In der größten Schwäche seines Lebens, am Kreuz den Folterknechten und dem Tod ausgeliefert, ist Gottes Kraft in ihm mächtig. Gott selbst überwindet den Tod, um für seinen Sohn und für uns neues ewiges Leben zu erringen. Schwachheit und Ohnmacht werden weder verdrängt noch verherrlicht. Wo wir uns selbst schwach und ohnmächtig erleben, erfahren wir am deutlichsten die Kraft, die uns von Gott geschenkt wird und die uns leben lässt. 
 Das Wichtigste, was wir zum Leben brauchen, wird uns geschenkt! Diese Erfahrung wünsche ich euch, nicht nur am Anfang des neuen Jahres, sondern das ganze Jahr 2012 hindurch. 

Dr. James Karanja


Weitere Angedacht-Beiträge

Die Furcht in der Liebe 

Am 14. Februar ist es wieder soweit: Valentinstag! In meinen Augen das „Kitsch – Event“ des Jahres. Alle Liebenden werden an diesem Tag aufgerufen sich gegenseitig, mit einem kleinen Geschenk, ihre Liebe zu zeigen. 
Für mich ist dieser Tag wieder ein Zeichen dafür, dass das Wort „Liebe“ für den Konsum und die Medienwelt regelrecht „benutzt“ wird. Alles wird gleich mit dem Wort „Liebe“ bezeichnet und dabei wissen die meisten Menschen überhaupt nicht welche kostbare Bedeutung sich hinter diesem besonderen Wort versteckt. 
Für mich ist die Liebe, die stärkste Zuneigung die ein Mensch für einen anderen Mensch empfindet. Liebe ist ein Gefühl von inniger und tiefer Verbundenheit zu einer Person!
Manchmal frage ich mich tatsächlich, ob wir Menschen überhaupt in der Lage sind richtig zu lieben, denn im 1. Johannes 4 in den Versen 18 – 19 heißt es:
 „Die vollkommene Liebe vertreibt alle Angst. Wer noch Angst hat rechnet mit Strafe, und das zeigt, dass seine Liebe in uns noch nicht vollkommen ist. Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.“ Neues Leben – die Bibel
Ist es nicht so, dass wenn wir an die Liebe denken, dort auch immer ein Rest an Furcht, an Angst bleibt. Die Furcht davor, dass diese starke Zuneigung zu einem anderen Menschen plötzlich ein Ende haben kann. Es gäbe doch 1000 Gründe, warum man sich in der Liebe fürchten könnte: Fremdgehen, Eifersucht, Streit, plötzlicher Tod …
Jesus Christus, der aus der Liebe zu uns Menschen am Kreuz gestorben ist, hatte bestimmt sehr viel Furcht, aber er hat diese Angst überwunden. 
Ich bin der Meinung, dass wir diese vollkommene Liebe von Gott nur dann erfahren können, wenn wir auch unsere eigene Angst in der Liebe überwinden. Denn wir sind beschenkt worden von der Liebe Gottes, also lasst uns das auch so weitertragen. 
Oder ist es nur Gott, der wahrhaftig „lieben“ kann? 

Conny Habermehl


„Loser“ besonders gefragt 

Loser (engl. Verlierer) sind eigentlich nicht gefragt. Sie haben es nicht geschafft, sind gescheitert, erleben ihre Grenzen, sie haben nicht die Energie und das Ansehen. Loser  will niemand sein. Denn wer will schon schwach sein? Stark sei ist angesagt. „ Nur keine Schwäche zeigen, sonst hast du verloren“ heißt es in der Politik, im Sport, in der Clique.

Nicht ohne Grund leiden immer mehr Menschen, auch schon in jungen Jahren, am Burnout-Syndrom. 

Die Jahreslosung hebt unser gängiges Denk- und Verhaltensmuster komplett aus den Angeln. Die Hackordnung wird auf den Kopf gestellt: Jesus Christus spricht: "Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig."(2. Korinther 12,9)

Paulus, der diese Worte an die Christen in Korinth schreibt, kennt die ganze Skala von menschlichen Gefühlen aus eigener Erfahrung: das Bewusstsein eigener Stärke und die ohnmächtige Wut völliger Schwäche. Die Erfahrungen der Schwachheit, die Paulus am eigenen Leib durchgemacht hat. In dieser widersprüchlichen Lebenslage, in diesem Gedränge von „himmelhoch jauchzend zu Tode betrübt“ hört er das Wort Jesu, da man auch übersetzen kann mit: "Du hast genug an meiner Gnade, denn die Kraft findet ihre Vollendung am Ort der Schwachheit." 

Eine ganz neue Sicht ist gefragt: Schwachheit ist kein Makel, sondern Voraussetzung dafür, dass Gottes Kraft zur Entfaltung kommen kann. Paulus bringt es auf den Punkt: "Wenn ich schwach bin, bin ich stark." 

Ich kenne das aus eigenem Erleben schwach sein können ist die Voraussetzung für echte Freundschaften und Beziehung. Da wo jemand sich traut seine schwachen Seiten zu zeigen, kann echte menschliche Begegnung  passieren. Wer schwach ist, kann den anderen nicht dominieren. In der Schwachheit haben Absolutheitsansprüche wie Wahrheit keine Relevanz mehr. Da geht es um Dialog und Verständigung jenseits von Richtigkeiten. Da kann sich die liebende Kraft Gottes Bahn brechen. 

Entdecken wir die Möglichkeiten, die in den Schwächen und Zerbrechlichkeiten stecken für unsere Beziehungen in Gruppen, Familien und unsere Gesellschaft. 

Könnte es sein, dass „Loser“ den Weg frei machen für Gottes Kraft?

Regina Flömer - Sting

 


Verboten für Kinder unter 18 Jahren

Achtung! Der folgende Beitrag ist für Kinder unter 18 Jahren nicht geeignet! Denn hier kommt die schonungslose Wahrheit, die aus naiven Kindern leider viel zu schnell ganz realistische Erwachsene macht. 

Achtung! Jetzt: Es gibt keinen Nikolaus. Dieser Kerl im Coca-Cola-Bademantel, der immer wissen wollte, ob man artig war – weil man sonst angeblich nichts geschenkt bekam – das war gar nicht der echte Nikolaus, das war Onkel Rainer. Verkleidet! Schade! Damit wussten wir zwar, warum Mister Hoh-Hoh-Hoh nie mit seinem Rentier- Cabrio kam, zugleich war es aber äußerst frustrierend: Wir wurden hintergangen. Für manche reichte das sogar, um gleich ihren ganzen Glauben über Bord zu werfen. Wenn unsere Eltern beim Nikolaus gelogen hatten, dann ja vielleicht auch bei allem anderen. Das Vertrauen war weg und leider auch das wundervolle Glitzern, das Kinder in den Augen haben, wenn sie sich beschenkt wissen. 

Der Ur-Nikolaus von Myra, der zum Vorbild unseres Schokoladen-Kultes wurde, hätte angesichts erwartungsvoller Stiefel vor der Tür ohnehin  nur geschmunzelt. Dem Bischof ging es im 4. Jahr­hundert  ganz konkret darum, Leben zu retten. In dem er Menschen in Not mit Geschenken half. Und das war für ihn vor allem ein Ausdruck seines Glaubens: Wer sich beschenkt fühlt, der kann und wird auch andere beschenken. Und dieser frühe Bischof fühlte sich von Gott tatsächlich reich beschenkt. Insofern gilt: An den Nikolaus zu glauben mag kindlich sein, naiv ist das nicht. Denn seine Ideale können einem heute ein Glitzern in die Augen zaubern.  

Fabian Vogt

„Moment mal! 365 Radio-aktive Andachten“ aus dem Brendow Verlag; 
Seite 355 – 5. Dezember (mit Erlaubnis des Autoren)


Wie Josef den Pharao lehrt clever zu konsumieren

  • Die Gewässer der Menge Erde sind überfischt, es werden mehr Fische gefangen, als durch natürliche Vermehrung nachwachsen. Wenn es so weitergeht, könnten bis Mitte des Jahrhunderts die Gewässer leer gefischt und die Ökosysteme dort zusammengebrochen sein.
  • 16.300 der bekannten Tier und Pflanzenarten sind weltweit offiziell vom Aussterben bedroht und standen 2007 auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Und das obwohl erst etwa 1,5 Millionen Arten von geschätzten 15 Millionen Arten bekannt sind.
  • Die meist verwendete Naturfaser ist Baumwolle, bei deren Anbau in Monokulturen werden mehr Pestizide verwendet als bei jeder anderen landwirtschaftlichen Produktion, darunter sind starke Nervengifte, die häufig zu tödlichen Unfällen bei den Landarbeitern führen. Wird die Baumwolle mit Maschinen gepflückt, müssen die Sträucher vorher mit Chemikalien entlaubt werden.

Als der Pharao von sieben fetten Kühen und sieben prächtigen Ähren und danach von sieben mageren Kühen und sieben kümmerlichen Ähren träumt, weiß er keinen Rat und findet schließlich Josef, der ihm seine Träume deutet. Josef wird zum Verwalter über Ägypten bestellt und sorgt dafür, dass die Menschen nicht mehr konsumieren, als sie brauchen und den übrigen Teil für schlechte Zeiten sparen.

Ich möchte mir fast wünschen, dass wir einen ähnlichen Traum haben, der so eindrücklich ist, dass wir fest davon überzeugt sind, dass wir etwas ändern müssen und nicht mehr konsumieren als wir brauchen. Nur leider haben wir keinen Josef, der von oben her dafür sorgt, dass wir nicht maßlos sind.

Auch ich selbst bin immer wieder betroffen von Maßlosigkeit. Beim Autofahren, beim Einkauf, beim Fernsehen und auch wenn es oft Kleinigkeiten sind, weiß ich doch, dass Gott mir die Verantwortung für mein Handeln gegeben hat - und ärgere mich oft genug über mich selbst. Obwohl Maßlosigkeit in unserer Gesellschaft hochgradig toleriert ist!

Aber eins steht fest: Josef war insbesondere so clever, weil er auf Gott vertraute. Gott hat die richtigen und wichtigen Hinweise gegeben. Und diese Hinweise können helfen, jeden Tag daran zu denken, dass wir Anderen, der Natur und im Endeffekt auch uns selbst und unseren Kindern Gutes tun, wenn wir Maß halten und verantwortungsvoll konsumieren. Josef der clevere Berater und Verwalter war einer der Ersten der damit angefangen hat, weil er erkannte hatte, dass es sich sonst in der Zukunft bitter rächt.

Piet Henningsen